Jugendkriminalität „Die Schreibtische zusammenschieben“
DÜSSELDORF · Haus des Jugendrechts: Düsseldorfs langer Weg zur Umsetzung einer schon sehr alten Idee.
Wenn zwei Landesminister und ein Oberbürgermeister zur gemeinsamen Pressekonferenz einladen, dann wird da schon was Besonderes verkündet. Denkt man. Ins neue „Haus des Jugendrechts“ sollen die Medien kommen. Doch wer etwas dem Namen entsprechend Beeindruckendes erwartet hat, sieht sich getäuscht. Durch einen Nebeneingang geht es hoch in den ersten Stock der Polizeiwache Stadtmitte, Düsseldorfer Altstadt.
Und da stehen sie an ihren Stehpulten in einem schmucklosen Behördenraum: NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU), Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) und Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU). Verkünden etwas, das es schon seit 2005 in Stuttgart und seit 2009 in Köln gibt. Eine Innovation, die mit dem an diesem Tag vielfach verwendeten Satz beschrieben wird: „Die Schreibtische unter einem Dach zusammenschieben“.
Die gewiss nicht falsche Idee: Mitarbeiter von Polizei, Staatsanwaltschaft und städtischer Jugendgerichtshilfe sitzen zusammen in einem Bürokomplex, können sich schnell über die einzelnen Fälle von Jugendkriminalität austauschen. Um zu besprechen, welche erzieherischen, helfenden und auch sanktionierenden Wege sie mit der kriminellen „Kundschaft“ gehen wollen. Und die Jugendkriminalität ist ja tatsächlich ein Problem: Innenminister Reul zitiert aus der Kriminalstatistik: Jeder fünfte Tatverdächtige ist unter 21 Jahre alt. Hier zeitig gegenzusteuern und kriminelle Karrieren zu unterbrechen, ist ein wichtiges gesellschaftliches Anliegen.
Aber ist es nicht eine Selbstverständlichkeit, dass die involvierten Behörden da kooperieren? OB Keller beeilt sich zu erklären, dass es entsprechende Fallkonferenzen von Stadt, Polizei und Justiz seit vielen Jahren gebe. Ein „virtuelles Haus des Jugendrechts“ nennt er das. Der Fortschritt nun ist, dass vier Mitarbeiter der Stadt, zwei Staatsanwälte und die Polizei in einem Haus Dienst tun. Kurze Wege und so.
Ob es denn messbare Erfolge dieses bereits an sechs NRW-Standorten praktizierten Modells gebe, werden die Minister und der Oberbürgermeister gefragt. Eine offenbar überraschende Frage, auf die keiner eine Antwort weiß, außer die: die Tatsache, dass es in anderen Städten gemacht wird, zeige doch den Erfolg. Fazit: Eine Uralt-Idee wird nun auch in Düsseldorf umgesetzt. Und das große Tamtam, mit dem das Zusammenschieben der Schreibtische in einer Altstadt-Polizeiwache verkündet wird, soll offenbar die große Verspätung bemänteln, mit der das gewiss gute Projekt umgesetzt wird.