Entwurf für neues Buchstabier-Alphabet – sieben NRW-Städte drin K wie Köln, U wie Unna, W wie Wuppertal
UNNA/XANTEN/KÖLN · . „Essen“ statt „Emil“ und „Xanten“ statt „Xanthippe“? Geht es nach einem Vorschlag des Deutschen Instituts für Normung, könnte das Buchstabieren mit Städtenamen in Wirtschaft und Verwaltung bald neuer Standard in Deutschland werden.
Das DIN-Institut hat seinen Entwurf einer Überarbeitung der in Norm DIN 5009 festgeschriebenen Buchstabiertafel neulich veröffentlicht und um Kommentare gebeten. Die fallen bei den Stadtverwaltungen positiv aus: „Vom damit verbundenen Bekanntheitsgrad würden wir als vergleichsweise kleine Stadt besonders profitieren“, sagte etwa ein Sprecher der Stadt Tübingen, die künftig für T stehen könnte.
Der Entwurf sieht vor, dass die meisten der 32 Buchstaben und Buchstabengruppen künftig nach Städten benannt werden. Allein sieben Städte liegen dabei in Nordrhein-Westfalen: D wie Düsseldorf (bislang: Dora), E wie Essen (bislang: Emil), I wie Iserlohn (bislang: Ida), K wie Köln (bislang: Kaufmann), W wie Wuppertal (bislang: Wilhelm) und X wie Xanten (bislang: Xanthippe).
Auch die Stadt Wuppertal
findet die Idee gut
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) begrüßt den Vorschlag, künftig Städte- statt wie bislang überwiegend Vornamen zu verwenden. „Dann wäre Köln in aller Munde. Zudem fällt auf, dass auf der aktuellen Buchstabiertafel Frauennamen deutlich seltener vertreten sind als männliche Vornamen. Es gibt hier also durchaus Änderungsbedarf“, sagte sie.
Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) ist ebenfalls angetan von dem Vorschlag. „So wäre Essen im wahrsten Sinne des Wortes in aller Munde und würde landauf landab noch mehr Bekanntheit gewinnen“, sagte er. „Essen würde dabei behilflich sein, Kommunikation zu vereinfachen. Das ist eine schöne Aufgabe, bei der wir mit unserem Namen gerne behilflich sind“, sagte Kufen weiter.
Positive Rückmeldungen gibt es auch aus anderen Städten in Nordrhein-Westfalen, etwa in Unna: „Wir sind überrascht, aber es ist doch schön, dass man an Unna gedacht hat“, sagte Stadtsprecher Oliver Böer der dpa. Die Wahl Unnas dürfte dem Umstand geschuldet sein, „dass es nicht so viele Städte mit U gibt“. Nach seiner Einschätzung wird in der Verwaltung aber nicht mehr so viel buchstabiert wie früher.
Auch die Stadtverwaltung Wuppertal findet die Idee gut: „Das W wie Wuppertal würde uns natürlich sehr freuen, sorgt es doch dafür, dass Wuppertal in Deutschland noch öfter genannt würde“, erklärte ein Stadtsprecher.
„Sehr erfreut“ ist auch Xantens Bürgermeister Thomas Görtz (CDU), „dass es künftig „X wie Xanten“ heißen soll“. „Wenn es in den Sprachgebrauch übergeht, ist Xanten in aller Munde“, sagte er auf Anfrage. Das amtliche Buchstabieren regelt die Norm DIN 5009 „Ansagen und Diktieren von Texten und Schriftzeichen“. Der Entwurf richte sich vor allem an professionelle Anwender in Wirtschaft und Verwaltung und nicht an andere Anwendergruppen, wie etwa Rettungsdienste, Polizei oder die Luftfahrt, hieß es. Verpflichtend ist die Nutzung nicht, sie kommt aber in Ausbildung und Lehrbüchern vor.
Bislang werden vor allem Vornamen („C wie Cäsar“, „E wie Emil“) genutzt – und zwar 16 Männer- und nur sechs Frauennamen. „Das entspricht nicht der heutigen Lebensrealität“, teilte das Institut mit. Es sei nicht möglich, alle relevanten ethnischen und religiösen Gruppen und dann auch noch geschlechtergerecht ausgewogen darzustellen. Städtenamen seien ein guter Kompromiss.
Dabei setzt man vor allem auf Städte, die ein Autokennzeichen mit einem Buchstaben haben. Es sei versucht worden, alte und neue Bundesländer ausgleichend auszuwählen. Chemnitz, Görlitz, Jena und fünf weitere der 26 Städte liegen in den neuen Bundesländern. Dazu kommt mit „Vogtland“ die einzige Region unter den Bezeichnungen. Spitzenreiter mit sieben Städten ist Nordrhein-Westfalen, dahinter folgt Bayern mit vier. Saarland, Rheinland-Pfalz, Bremen, Hamburg und Sachsen-Anhalt gehen nach derzeitigem Stand leer aus. Bei „Eszett“ und „Ypsilon“ bleibt es bei der einfachen Bezeichnung der Buchstaben. Die Umlaute heißen nicht mehr „Ärger“, „Ökonom“ und „Übermut“, sondern Umlaut-A, Umlaut-O und Umlaut-U.
Ausgelöst hat die Reform Michael Blume, Baden-Württembergs Antisemitismusbeauftragter. Ihn stört, dass in der aktuellen Tafel noch immer Relikte aus der Zeit der Nationalsozialisten stecken. Die hatten 1934 alle jüdischen Namen entfernt: Aus David wurde Dora, aus Nathan Nordpol, aus Samuel Siegfried. Zwar wurde die Tafel nach 1945 einige Male überarbeitet. Doch Nathan blieb draußen, Nordpol drin. Die Ende Juli vorgestellte Fassung mit den Ortsnamen ist ein Entwurf, Interessierte können sich noch mit Ideen und Kommentaren an das Deutsche Institut für Normung wenden. Die endgültige Fassung wird Mitte 2022 erwartet.