Düsseldorf Viele Kinder sind schon chronisch krank

Düsseldorf · Krankenkasse legt Report für NRW vor: Mehr Kinder mit ADHS und Depressionen als im Bundesschnitt, in der Stadt sind mehr Kinder fettleibig.

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Die Krankenkasse DAK hat erhoben, wie es um die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in NRW bestellt ist. Für den „Kinder- und Jugendreport 2018“ wurden anonymisiert die Abrechnungsdaten von mehr als 108 000 Null- bis 17-Jährigen aus dem Jahr 2016 ausgewertet. Dabei fanden die Forscher heraus, dass es deutliche Unterschiede zwischen Landes- und Bundesschnitt gibt, aber auch innerhalb Nordrhein-Westfalens zwischen Stadt und Land.

Generell waren 90 Prozent aller Kinder und Jugendlichen innerhalb des untersuchten Jahres mindestens einmal beim Arzt oder im Krankenhaus. Am häufigsten waren dabei Atemwegserkrankungen (fast 60 Prozent), gefolgt von Infektionskrankheiten (38,9 Prozent) und Augenkrankheiten (31,1 Prozent), dann folgten mit 25,9 Prozent schon psychische Erkrankungen. Jedes dritte Kind bekam wenigstens einmal ein Antibiotikum verschrieben.

„Besonders die Zahl der chronischen Erkrankungen ist aus Forschersicht hervorzuheben“, sagt der Autor der Studie, Julian Witte von der Uni Bielefeld.   Knapp 29 Prozent der jungen Nordrhein-Westfalen – und somit deutlich mehr als in der gesamten Republik – litten unter einer potenziell chronisch-somatischen Erkrankung wie Asthma oder Heuschnupfen, neun Prozent unter chronisch verlaufenden psychischen Erkankungen, in NRW wurden im Vergleich zum Bundesschnitt für elf Prozent mehr Kinder Antipsychotika verschrieben. Kinder in NRW leiden deutlich häufiger an ADHS (plus zehn Prozent), Depressionen (plus 24 Prozent) und Zwangsstörungen (plus 17 Prozent) als im gesamtdeutschen Durchschnitt. Zudem liegt der Anteil der ADHS-Kinder, die auch mit Medikamenten behandelt werden 27 Prozent höher als im Bund, in der Gruppe der Fünf- bis Neunjährigen sogar 42 Prozent höher.

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DAK will Prävention zum Thema der Gesundheitspolitik machen

Als „alarmierend“ bezeichnet Klaus Overdiek, Leiter der DAK in NRW, dass jedes sechste Kind bereits wegen Muskel-Skelett-Erkrankungen behandelt wird. So litten 2016 etwa sechs Prozent aller Kinder ab zwölf Jahren unter Rückenschmerzen. Theodor Windhorst, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, sieht eine Gefahr, dass junge Menschen „schon chronisch krank sind, bevor sie in der Erwerbstätigkeit an den Start gehen“.

Auch beim krankhaften Übergewicht liegt NRW über dem Bundesschnitt: 3,6 Prozent der Kinder hierzulande sind betroffen, neun Prozent mehr als in Gesamtdeutschland. Auffallend ist laut den Forschern, dass in der Stadt 88 Prozent mehr Kinder fettleibig sind als auf dem Land. Auch Karies (plus 33 Prozent) und Atemwegserkrankungen (plus 32 Prozent) treten dort häufiger auf. Die DAK gab 2016 im Schnitt für jedes Landkind 155 Euro aus, für jedes Stadtkind hingegen 197 Euro.

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Ärztekammer-Präsident Windhorst sieht die Gründe für die Lücke maßgeblich darin begründet, dass in der Stadt mehr Familien mit niedrigem Einkommen leben. Er stellt fest: „Armut macht krank.“ Die Häufigkeit von Karies etwa liegt bei Kindern von Eltern ohne Bildungsabschluss bei bis zu 278 Prozent gegenüber Kindern von Eltern mit hohem Bildungsgrad, bei Adipositas sind es bis zu 247 Prozent. Und Windhorst verdeutlicht: In NRW sind 800 000 von drei Millionen Kindern armutsgefährdet.

„Wir müssen etwas tun“, fordert der Arzt. „Mit diesen Daten dürfen wir nicht schlafen gehen.“ Das hat DAK-Chef Overdiek auch nicht vor: „Ich möchte ausdrücklich, dass es ein gesundheitspolitisches Thema in NRW wird.“ Die Krankenkasse werde sowohl auf das Ministerium als auch auf Politiker zugehen, um eine bessere Förderung für die Kinder im Land zu entwerfen. Die DAK selbst plane eine Ausweitung ihrer Präventionsangebote in Kitas und Schulen sowie flächendeckend eine Kostenübernahme für eine orthopädische Grunduntersuchung bei Schulkindern.