Kempen Kirchen finden in der Krise neue Wege
Kempen · Gottesdienste können zurzeit nicht stattfinden. Daher gibt es neue Angebote zur Seelsorge – auch per Telefon und Internet.
. Jeden Abend um 19.30 Uhr läuten die Glocken der katholischen Kirchen in Kempen, St. Hubert, St. Tönis und Vorst sowie der evangelischen Kirchen in Kempen.
Die Gemeinden beteiligen sich damit an der Initiative aller Bistümer in Nordrhein-Westfalen. Die Glocken laden zum Gebet ein. Gemeinsam, wenn auch räumlich getrennt, möchte man beten – das Vaterunser, Gegrüßet seist du, Maria oder auch das Gebet „Von guten Mächten treu und still umgeben“, das der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer in bedrängter Zeit 1944 formulierte. Als äußeres Zeichen dieses Gebets kann eine Kerze ins Fenster gestellt werden.
Abstand halten und trotzdem für die Menschen da sein – das ist ein Spagat, den die Kirchen angesichts der Corona-Krise zurzeit bewältigen müssen. Und dafür suchen sie neue Wege.
In der vergangenen Woche beschloss die Gemeinschaft der Gemeinden (GdG) Kempen-Tönisvorst, dass mit Blick auf die Ansteckungsgefahr keine Gottesdienste in den Kirchen stattfinden. Am Wochenende blieben die Gotteshäuser nun weitgehend leer.
Gesprächsangebote in den Kirchen und am Sorgentelefon
Doch die Seelsorger wollen weiter Möglichkeiten zum Kontakt schaffen. Solange es möglich ist, sind täglich zwischen 15 und 17 Uhr die Kirchen St. Marien in Kempen, St. Hubertus in St. Hubert, St. Godehard in Vorst und St. Cornelius in St. Tönis geöffnet. Dann steht ein Seelsorger, Pfarrer oder Gemeindereferent, für ein Gespräch zur Verfügung.
Knapp zehn Gläubige würden
die offene Kirche nutzen
„Es kommen nur wenige, weil zurzeit einfach wenige unterwegs sind“, hat Pfarrer Thomas Eicker festgestellt. Die Aufrufe zu Hause zu bleiben, zeigen Wirkung. Aber zwischen fünf und zehn Gläubige sind es doch, die die geöffnete Kirche nutzen. Viele entzünden Kerzen, sprechen ein Gebet. In den Gesprächen ist die gesamte Palette der Gefühle vertreten. Viele sind gelassen, vereinzelt vernimmt Eicker dann aber auch Anzeichen von Panik. Menschen sorgen sich um Angehörige, die allein zu Hause sind.
Gerade die Älteren, die er treffe, seien meist entspannt, stellt Eicker fest. „Aber oft sind sie traurig, weil sie ihre Familien nicht sehen können.“ Aber untätig bleiben die wenigsten. So haben viel Bild-Kommunikationsmittel wie Skype oder WhatsApp für sich entdeckt.
Die Situation aktuell ist für viele Menschen bedrückend. Die Stille um einen herum, dazu die Angst vor dem Virus. Um in solchen Fällen da zu sein, haben die Seelsorger für Kempen und Tönisvorst ein Sorgentelefon eingerichtet. Die Pfarrer Thomas Eicker, Marc Kubella, Wolfgang Acht und Karl-Heinz Teut stehen dann im Wechsel täglich zwischen 10 und 18 Uhr unter Tel. 0160/7013724 für ein Gespräch zur Verfügung.
Viele Informationen veröffentlicht die Kirchengemeinde auch auf ihrer Internetseite. Dort kann man sich zum Beispiel den Sonntags-Gottesdienst nach Hause holen.
Videobotschaft aus der Kirche und vom Buttermarkt
„Ungewöhnliche Umstände bringen neue Ideen und Wege der Begegnung hervor“, sagt auch der evangelische Pfarrer Michael Gallach seiner Gemeinde – allerdings sagt er dies nicht Auge in Auge, sondern in einer Botschaft auf der Videoplattform YouTube. In regelmäßigen Abständen wollen er und seine Kollegen Roland Kühne, Renate Wehner, Bernd Wehner und Vikar John Nicholls angesichts der Corona-Gefahr nun einen solchen Gruß einstellen. Orgelmusik dazu gibt es von Kantorin Stefanie Hollinger.
Gläubige können sich per
Telefon oder E-Mail melden
Den Anfang machte Michael Gallach am Samstag aus der Thomaskirche. Es sei still geworden im Gemeindezentrum der Thomaskirche, stellt er fest. Im Gespräch bleiben will man trotzdem, sagt Gallach und zitiert dazu den Psalm „Du verstehst meine Gedanken von ferne“ – „das funktioniert auch bei uns“, ist Gallach überzeugt und ruft auf, sich per Telefon oder E-Mail zu melden, „wenn Sie bemerken, dass die Stille bedrückend ist“. Den nächsten „Gruß aus der Gemeinde“ sandte Roland Kühne am Sonntag. Vom Buttermarkt aus legte der Pfarrer die alte Kommunikationsform Brief ans Herz. Er zitiert aus Briefen von Dietrich Bonhoeffer und des Apostels Paulus. Und er rät, es doch auch mal wieder zu versuchen mit einem Brief an die Eltern, Großeltern oder Freunde.