Haan/Hilden Den Apotheken gehen die Schmerzmittel aus
Hilden. · Präparate mit dem Wirkstoff Paracetamol werden knapp, nachdem Falschmeldungen über Wechselwirkungen kursierten und die Weltgesundheitsorganisation ihre Warnung vor Ibuprofen zurückgenommen hat.
Jürgen Wunderlich ist schockiert, als ihm eine Mitarbeiterin von folgender Situation berichtet, die sich vor ein paar Tagen ereignet hat: „Ein Lkw kam zu unserer Filiale an der Schwanenstraße vorgefahren, parkte und bot dort Desinfektionsmittel von der Ladefläche an“, erklärt der Hildener Apotheker. Ohne Rechnung, ohne echtem Herkunftsnachweis. Die Mitarbeiterin stellte aber offenbar zu viele Fragen, der Mann stieg schnell wieder in den Lkw und fuhr davon.
Desinfektionsmittel sind in Zeiten der Coronakrise extrem rar und daher flüssiges Gold. „Wir dürfen Desinfektionsmittel selbst herstellen und können Ethanol dafür jetzt auch unversteuert beziehen“, erklärt Jürgen Wunderlich. Trotzdem gestaltet sich die Versorgung seiner Kunden schwierig. Seine Apotheken verkaufen zwar noch Desinfektionsmittel, aber nur rationiert. „Pro Kunde 50 Milliliter“, erklärt der promovierte Pharmazeut. „Die Preise für die Rohstoffe gehen zurzeit durch die Decke. Im Vergleich zu normalen Zeiten sind die Einkaufspreise für Rohstoffe mittlerweile um 100 Prozent und mehr gestiegen.“ Statt in die Kundenberatung investieren er und seine Mitarbeiter „sehr viel Zeit damit zu recherchieren, was derzeit noch an Desinfektionsmitteln, Rohstoffen und nicht lieferbaren Medikamenten noch irgendwie zu bekommen ist“, so Wunderlich. „So eine Situation habe ich persönlich noch nie erlebt und kenne sie nur aus Erzählungen meiner Großeltern über die Nachkriegszeit oder von Erzählungen aus der DDR.“
Die Apotheken stellen momentan erst einmal die Versorgung von Arztpraxen, Pflegediensten, Wohnheimen und Menschen mit einem angegriffenen Immunsystem beispielsweise nach einer Organtransplantation oder einer Krebsbehandlung sicher. Danach gibt es die rationierten Mengen auch für andere Kunden.
Aber nicht nur Desinfektionsmittel gehen langsam aus. Auch Paracetamol wird knapp. „Wir haben in den vergangenen Wochen das Doppelte von dem verkauft, was wir sonst verkaufen“, erklärt Jürgen Wunderlich, der auch Sprecher der Apotheken in Hilden, Haan und Langenfeld ist. „Es gab eine Warnung der Weltgesundheitsorganisation“, sagt er. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte bis vor ein paar Tagen bei Verdacht auf eine Coronavirus-Infektion von der Einnahme von Ibuprofen ohne ärztlichen Rat abgeraten. Diese Warnung hat sie aber zurückgezogen. Die WHO-Experten hatten Studien und Ärzte konsultiert und seien zu dem Schluss gekommen, dass es über die bekannten Nebenwirkungen bei bestimmten Bevölkerungsgruppen hinaus keine Hinweise auf negative Ibuprofen-Konsequenzen bei Covid-19-Patienten gebe. Wegen dieser Warnung vor Ibuprofen griffen die Menschen verstärkt zu Paracetamol. Doch nun hat Indien einen Ausfuhrstopp verhängt. „Von dort stammt ein Großteil der Produktion“, erklärt Wunderlich. Denn in diesem Land können die Pharmakonzerne besonders preiswert produzieren. Die weit verbreitete „Geiz ist geil“-Mentalität rächt sich nun, denn Indien braucht die Medikamente für die eigene Bevölkerung.
Problematisch ist dieser
Engpass besonders für Kinder
Die Produktionskapazitäten in Deutschland reichen momentan offenbar nicht aus, um die Nachfrage zu decken. „Wir geben Paracetamol nur noch rationiert ab“, so Wunderlich. Jeder Kunde erhalte nur noch höchstens eine Packung. Aber selbst auf diese Weise reiche der Vorrat nur noch ein paar Tage. „Problematisch ist das für Kinder“, sagt er. Der Paracetamol-Saft sei bereits komplett ausverkauft. Wir haben schon nachbestellt, aber es kommt nichts.“ Ibuprofen-Saft gebe es dagegen noch ausreichend.