Zweiter Strafprozess Kölner Archiv-Einsturz - Bewährungsstrafe für Oberbauleiter
Köln · Kurz vor der Verjährung hat die Justiz die Strafprozesse zum Einsturz des Kölner Stadtarchivs abgeschlossen. Ein Oberbauleiter erhielt jetzt eine Bewährungsstrafe wegen fahrlässiger Tötung.
Im zweiten Strafprozess um den Einsturz des Kölner Stadtarchivs hat das Landgericht einen Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung zu einer Haftstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Der ehemalige Oberbauleiter soll beim Bau einer U-Bahn-Haltestelle vor dem Archivgebäude seine Überwachungspflichten verletzt haben. Bei dem Unglück am 3. März 2009 waren zwei junge Anwohner ums Leben gekommen, es entstand ein Milliardenschaden.
Das Gericht war der Überzeugung, dass der Einsturz durch Fehler bei den Bauarbeiten ausgelöst wurde. Demnach hatten Arbeiter 2005 beim Aushub der Grube einen Gesteinsblock nicht beseitigt, so dass in einer unterirdischen Betonwand eine undichte Stelle entstand. „Der Einsturz des Archivs ist sicher durch diese Fehlstelle erfolgt“, sagte die Richterin in der Urteilsbegründung am Donnerstag. Am Unglückstag brachen große Mengen Wasser und Kies in die Grube ein, dem Archiv wurde der Boden entzogen.
Als der Baufehler passierte, war der angeklagte Oberbauleiter zwar nur als Urlaubsvertretung eingesetzt. Laut Urteil unterschrieb er damals jedoch ein Bauprotokoll, das Unstimmigkeiten aufwies. Diese „eindeutigen Warnsignale“ hätten für den heute 64-Jährigen Anlass zu einer genaueren Prüfung sein müssen, sagte die Richterin. Da er dies unterließ, habe er seine Sorgfaltspflichten verletzt.
In einem ersten Prozess hatte das Landgericht im vergangenen Oktober bereits einen Bauüberwacher der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Drei weitere Angeklagte - Mitarbeiter von Baufirmen und KVB - wurden freigesprochen. Einer dieser Angeklagten hatte im Laufe der Verhandlung den nun verurteilten Oberbauleiter belastet.
Das Gericht stand unter Zeitdruck, denn am 3. März tritt nach zehn Jahren die Verjährung ein. Die Verteidiger des Angeklagten kündigten an, gegen das Urteil in Revision zu gehen. Die Arbeitsgemeinschaft der am U-Bahn-Bau beteiligten Baufirmen (Arge) teilte mit, sie könne das Urteil nicht nachvollziehen. Aus ihrer Sicht sei die Einsturzursache bislang nicht eindeutig geklärt.