20 Krefelder werden aktuell vermisst - Jugendliche verschwinden am häufigsten
In ganz NRW steigt die Zahl der als verschwunden Gemeldeten — auch in der Seidenstadt. Von 30 Menschen fehlt seit Jahren jede Spur.
Krefeld. Immer mehr Menschen in Krefeld werden vermisst. 762 wurden allein im vergangenen Jahr als vermisst gemeldet — spurlos verschwunden bleiben aber die wenigsten. In den meisten Fällen tauchen die Personen schnell wieder auf, so die Erfahrung der Polizei. Derzeit bearbeiten die Krefelder Beamten rund 20 Vermisstenfälle. „Am häufigsten wenden sich Eltern an uns, die ihre minderjährigen Kinder vermissen“, berichtet Polizeisprecher Daniel Uebber.
Der überwiegende Teil, etwa zwei Drittel aller Vermissten in der Stadt, seien Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren: Kinder, die nach der Schule nicht nach Hause kommen, jugendliche Ausreißer. Eine weitere große Gruppe sind nach Angaben der Polizei orientierungslose Menschen, Senioren, die an Demenz leiden etwa. Die gute Nachricht: In den überwiegenden Fällen fallen Anzeige und Rückkehr, beziehungsweise Antreffen oder Auffinden der Vermissten, auf ein und denselben Tag. So sei es der Regelfall, dass junge Ausreißer sehr schnell von alleine wieder nach Hause zurückkehren.
Ein Verbrechen als Ursache für das Verschwinden sei ebenfalls die Ausnahme. „Diese Annahme fließt jedoch grundsätzlich immer in unsere Überlegungen ein“, erklärt der Polizeisprecher. Deshalb sei es wichtig, gleich bei der Anzeigenaufnahme möglichst viele Informationen zu erlangen, damit die Beamten Ermittlungsansätze haben, denen sie nachgehen können. Vor dem Aufgeben der Vermisstenanzeige muss jedoch keine Wartefrist eingehalten werden, wie in Filmen häufig zu sehen. Daniel Uebber: „Minderjährige gelten als vermisst, wenn sie ihren gewohnten Lebenskreis verlassen haben und ihr Aufenthaltsort unbekannt ist. Bei Erwachsenen muss dazu auch noch die Gefahr für Leib oder Leben angenommen werden, egal ob als Opfer einer Straftat, bei einem Unglücksfall, bei Hilflosigkeit oder bei einer Selbsttötungsabsicht.“
Dass Personen überhaupt nicht mehr auftauchen oder bis heute nicht gefunden werden konnten, auch das gab es in Krefeld selten. In der Stadt gelten derzeit 30 Menschen als langzeitvermisst. Die Ursachen hierfür sind ganz unterschiedlich. Uebber: „Es kann sich um Kindesentziehung handeln, wenn sich etwa ein Elternteil mit dem gemeinsamen Kind ins Ausland absetzt, oder um Menschen, die im Ausland Opfer eines Unglücks wurden und von denen man ausgeht, dass sie zu Tode gekommen sind, aber man keine Gewissheit hat.“
Es komme aber durchaus vor, dass Menschen von selbst ihren gewohnten Lebensbereich verlassen und alle sozialen Bindungen bewusst abbrechen, dafür sogar in eine andere Stadt ziehen: Der Fachbegriff „Ghosting“ (englisch Ghost: Geist). „Auch in Krefeld gab es bereits solche Fälle. Das waren Einzelfälle, bei denen die Betroffenen offensichtlich persönliche Konfliktsituationen umgehen wollten.“