Agentur zieht in Campus 67

Der Gladbacher Hardy Kreitner ist Investor, Bauherr und mit seiner Firma bald auch „Bewohner“ des Denkmals in Fichtenhain.

Seit einem halben Jahr wechselt Hardy Kreitner ständig sein Sakko gegen baustellentaugliche Kleidung. Denn der 48-Jährige, Chef einer derzeit noch in Mönchengladbach ansässigen Werbeagentur, ist gleichzeitig auch Bauherr im Campus Fichtenhain. Kreitner hat Anfang 2017 die Hausnummer 67 des heutigen Gewerbegebiets — einst Rheinische Provinzial-Fürsorgeerziehungsanstalt für schwer erziehbare Knaben — gekauft. Im September vergangenen Jahres begann dann der Umbau des historischen Hauses, in dem früher Zöglinge und Betreuer der Einrichtung wohnten.

Foto: Andreas Bischof

Von den insgesamt rund 830 Quadratmetern verfügbarer Fläche wird Kreitner mit seinen fünf Mitarbeitern selbst 130 Quadratmeter unter dem Dach des Gebäudes nutzen. „Mit immerhin auch 4,10 Deckenhöhe“, schwärmt der Bauherr, der sich durch Zufall in die Immobilie verliebt. Auf der Suche nach einem neuen Standort für seine Agentur habe er in einem Internet-Portal eigentlich einen Radius eingegeben, der sich auf seine Heimatstadt Mönchengladbach bezog. „Aber durch ein Update muss da irgendetwas durcheinandergeraten sein“, erinnert er sich, „und dann sah ich dieses Gebäude.“ Sein Faible für Altbauten — „ich mag das lieber als praktische, quadratische Schuhkartons“ — sorgte für sein erstes Interesse. Ein Familienurlaub auf Teneriffa bot die Gelegenheit zu Gedankenspielen und schließlich zur grundsätzlichen Entscheidung. Das war 2015.

Es folgten viele Gespräche mit der Krefelder Wirtschaftsförderung WFG als Maklerin der Objekte auf dem Campus, Begehungen mit insgesamt sieben Architekten, die laut Kreitner „alleine ein halbes Jahr in Anspruch nahmen“, das Durchrechnen für die Finanzierung und schließlich der Notarvertrag.

Als die Arbeiten dann im vergangenen Herbst mit der Entkernung begannen, standen von dem denkmalgeschützten Gebäude fast nur noch die Außenmauern, Betonmauern und der Dachstuhl. „Man konnte einmal von ganz unten bis ganz oben durchgucken“, blickt Kreitner zurück, für den es eine „kleine Überraschung“ war, dass die „Böden oder Decken, wie man es nimmt, komplett aus Holz waren“. Das ist alles behoben, die schönen Kappendecken des Denkmals aufbereitet. In Reminiszenz an die ehemaligen Werkstätten der Erziehungsanstalt setzt Kreitner beim Interieur auf „Industrielook, aber nicht zu sehr auf Retro“ — zum Beispiel mit Raumtrennungen aus Glas und Stahl für viel „Offenheit und Licht“. Für ihn sei wichtig, dass es „individuell, aber zurückhaltend wirkt“, sagt der Agenturchef. Nicht nur weil er sich selbst hier noch „in 20 Jahren sieht“, sei ihm Qualität wichtig, mit Fußbodenheizung, Parkettboden und einem Lichtkonzept ohne Deckenleuchten. „Ich bin kein Hardcore-Investor“, sagt er über sich selbst.

Etwas, das Kreitner nach Ansicht von WFG-Chef Eckart Preen mit den bisherigen Investoren im Campus Fichtenhain gemeinsam hat. „Wer mit spitzem Stift rechnet, geht nicht in den Campus. Das hat einen Selbstverwirklichungsaspekt, sie gehen rein und vermieten den Rest.“ Mit dem Gewerbegebiet treffe man den Nerv der Zeit. Wo früher kostenorientiert gerechnet worden sei, gehe es den Unternehmen heute auch darum, „sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren, um an die raren Fachkräfte zu kommen“. Die Vorstellungen hätten sich gewandelt: „Man will ins Grüne, will kreative Arbeitsplätze, mit gleichzeitig guter Anbindung“, sagt Preen, der derzeit für das Kesselhaus und das frühere Berufskolleg in fortgeschrittenen Verhandlungen mit weiteren Investoren steckt und nur noch die Hausnummer 57 frei verfügbar anzubieten hat.

An Kreitners Hausnummer 67 sollen wohl schon kommende Woche die Gerüste verschwinden. „Voraussichtlich im Mai kann der Einzug beginnen“, schätzt der Investor und meint damit nicht nur seine eigene Firma. Nach Karneval will er mit der Vermarktung beginnen, wenn der Estrich getrocknet ist und sich Interessenten ein realistisches Bild von den zukünftigen Büroräumen machen können. Die Einheiten von 80 bis 286 Quadratmetern sollen an Miete 11 Euro pro Quadratmeter kosten.