Ausbildung: Wenn Schüler Lehrgeld zahlen
Wer Logopäde oder Hebamme werden will, muss häufig tief in die Tasche greifen. Die BIZ-Beraterin Petra Jörres erklärt, warum.
Krefeld. Abi und was dann? Diese Frage beschäftigt Eva Herkenrath gerade sehr. „Für mich ist klar: Ich möchte in den medizinischen Bereich, aber nicht sofort studieren, sondern erst eine Ausbildung machen“, sagt sie.
Ein Beruf hat es für die Schülerin der Klasse 13 bereits in die engere Auswahl geschafft. Ihre Cousine ist Logopädin — und das kann sich auch Eva Herkenrath gut vorstellen. Doch das Problem ist: Es gibt nur wenige staatliche Berufsfachschulen, an denen eine Ausbildung kostenlos ist. Der Besuch einer privaten Schule geht hingegen richtig ins Geld.
Um sich zu informieren, hat Eva Herkenrath einen Vortrag von Christian Uekötter, Schulleiter der Düsseldorfer SRH-Fachschule für Logopädie, im Krefelder Berufsinformationszentrum (BIZ) besucht. 695 Euro kostet die dreijährige Ausbildung dort — allerdings nicht pro Semester, sondern pro Monat. „Nur mit Hilfe meiner Eltern könnte ich das finanziell stemmen“, sagt die Schülerin. „Aber prinzipiell bin ich bereit, in meinen Traumberuf zu investieren.“
Zumindest hätte sie nach der Ausbildung großartige Chancen auf dem Arbeitsmarkt. „Die fertigen Logopäden werden uns quasi aus den Händen gerissen“, berichtet Uekötter. „Die meisten haben bereits vor ihrem Examen einen Arbeitsvertrag in der Tasche.“ Allerdings weist der Schulleiter in seinem Vortrag darauf hin, dass die Gehälter von angestellten Logopäden niedrig seien. Nur wer sich mit einer eigenen Praxis selbstständig mache, habe bessere Verdienstmöglichkeiten.
Gerade im Gesundheitswesen ist die kostenpflichtige Ausbildung mittlerweile die Regel. Der Grund: Die Betriebe und Praxen nehmen nur Lehrlinge der Helfer- und Handwerksberufe wie beispielsweise Medizinischer Fachangestellter oder Augenoptiker an. Die meisten anderen Ausbildungen — zum Beispiel für den therapeutischen und Pflegebereich — sind sehr anspruchsvoll und deshalb nur an Berufsfachschulen möglich.
„Die wenigen kostenlosen staatlichen Schulen sind völlig überlaufen, die Plätze hart umkämpft“, erklärt Petra Jörres, Beraterin für akademische Berufe im BIZ. „Und die privaten Anbieter fangen dieses Überangebot an Interessenten auf.“
Jörres weiß um das Dilemma bei den sogenannten Heilhilfsberufen: „Der Bedarf an Ergotherapeuten, Heilpraktikern, Physiotherapeuten und Co. steigt, die Gehälter stagnieren aber seit Jahren“, sagt sie. Das sei in anderen Ländern nicht so. „Dort sind diese Berufe an ein Studium gekoppelt, dementsprechend besser sieht die Vergütung aus.“ Auch in Deutschland wird die Akademisierung vorangetrieben. In Bochum hat die Pilothochschule für Gesundheit zum aktuellen Wintersemester die ersten Studenten aufgenommen.