Awo will Sozialstation mit Hilfe der Mitarbeiter retten
Defizit: Vorsitzende Petra Schneppe erläutert, wieso der Pflegedienst rote Zahlen schreibt. Die Insolvenz droht.
Krefeld. Die Sozialstation der Arbeiterwohlfahrt (Awo) ist in finanzielle Schieflage geraten. Ohne gezielt gegenzusteuern, droht dem gesamten Kreisverband die Insolvenz.
Verdi-Gewerkschaftssekretär Frank Dücker ist in diesem Zusammenhang Awo-Geschäftsführer Hans-Joachim Olgemann scharf angegangen (die WZ berichtete), weil der in der Tarifflucht sein Heil sehe. Einen Vorwurf, den die Vorsitzende Petra Schneppe und Olgemann so nicht stehen lassen wollen.
"Unser Ziel ist es, alle Arbeitsplätze zu sichern", sagen beide unisono. Nur ein Strang des Awo-Kreisverbandes Krefeld sei defizitär: die Sozialstation.
Seit anderthalb Jahren habe sich deren finanzielle Lage verschärft. Die Einnahmen seien inzwischen niedriger als die Ausgaben. Schneppe: "Wir haben einen monatlichen Einbruch im fünfstelligen Bereich."
Als Gründe für das Defizit nennt Schneppe den Pflegeschlüssel und den Krankenstand beim Personal. "Wenn unsere Mitarbeiterinnen aus humanitären Gründen statt der vorgegebenen sieben Minuten zehn brauchen, bleibt das betriebswirtschaftlich nicht ohne Folgen."
Wenn dann noch Mitarbeiter aus Krankheitsgründen kurzfristig ausfallen, würden die anderen umso stärker belastet. Das sei ein Grund dafür, dass die über 40 Mitarbeiterinnen insgesamt etwa 2500 Überstunden vor sich her schieben.
"Um die Arbeitsbelastung etwas zu mildern, haben wir eine weitere Kraft über eine Zeitarbeitsfirma eingestellt." Betriebswirtschaftlich gerechnet sei das in diesen schweren Zeiten jedoch eher kontraproduktiv.
Verdi wirft Olgemann vor, seit Monaten versucht zu haben, mit "unterschwelligen Drohungen einer finanziellen Schieflage" den Betriebsrat ruhig gestellt zu haben.
Nun aber lasse er die Katze aus dem Sack. Dücker zitiert: "Ohne Ausgliederung der Sozialstation und Absenkung der Einkommen der Beschäftigten müsste das Insolvenzverfahren beantragt werden."
"Diese und weitere Vorschläge hat uns am vergangenen Freitag als Berater Thomas Kaczmarek von der Sozialstation Haan vorgestellt", erklärt Schneppe. Der dortige Kreisverband habe angesichts ähnlicher Probleme zwischenzeitlich erfolgreich die Reißleine gezogen und sich für Einschnitte entschieden.
Der hiesige Vorstand will in den nächsten Wochen unter Einbindung der Mitarbeiter über ähnliche Einschnitte nachdenken. Dazu gehören: Fortbestand der Sechs-Tage-Woche, Ausgliederung der Sozialstation in eine gemeinnützige GmbH sowie die Anhebung der wöchentlichen Arbeitszeit bei gleichbleibender Bezahlung.
Darüber hinaus werde aber auch über neue Strukturen nachgedacht. Schneppe: "Künftig muss es einen Kontrollmechanismus im Sinne einer Zeiterfassung geben." Bis Ende des Jahres soll die Entscheidung über die Zukunft der Sozialstation gefallen sein.