Krefeld Bahnunfall: Verfahren gegen Geldbuße eingestellt

Herabstürzende Brückenteile in der Unterführung: Lokführer entschuldigt sich bei der Radfahrerin, die einen Schock erlitt.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Dramatische Szenen im Amtsgericht: „Es tut mir unendlich leid, was Sie erleben mussten. Bitte entschuldigen Sie“, sagt der Lokführer Wilfried F. aus Fischeln zur Krankenschwester Annegret S., die im Zeugenstand sitzt. Sie war am 17. Oktober vergangenen Jahres nur haarscharf schwersten Verletzungen entgangen.

Die Radfahrerin befand sich unter der Eisenbahnbrücke am Voltaplatz, als sich über ihr auf den Bahngleisen eine Katastrophe anbahnte. Ein Güterzug rammte kurz vor 7 Uhr bei einer Rückwärtsfahrt einen Prellbock. Der rund 650 Meter lange Zug mit einem Eigengewicht von 1200 Tonnen machte zwar eine Notbremsung, kam aber mit den ersten Waggons erst nach etwa 40 Metern über der Brücke zum Stehen. Der letzte Güterwagen entgleiste und drohte, von der Brücke auf die darunter liegende Straße zu fallen. Bei dem Unfall war ein Hochspannungsmast mitsamt den Kontergewichten und schweren Teilen des Brückenbauwerks auf die Fahrbahn und den Fußgängerweg gestürzt.

„Ich nehme Ihre Entschuldigung an und verzeihe Ihnen. Ich habe Verständnis für ihre Lage. Ich wünsche Ihnen alles Gute“, sagt die 51-Jährige, die damals mit ihrem Fahrrad, von der Mariannenstraße kommend, die Unterführung passierte: „Kurz vor mir stürzte ein Brückenpfeiler mit Getöse auf die Straße. Ich erlitt einen Schock und stürzte vom Fahrrad. Als ich wieder klar denken konnte, schnappte ich mein Fahrrad und flüchtete aus dem Tunnel.“ In der Notfallambulanz im Helios-Klinikum wurden später leichte Verletzungen festgestellt.

Das Geschehen wird nun vor dem Amtsgericht aufgearbeitet. Der 58 Jahre alte Rangierlokführer, der auf rund 30 Jahre Erfahrung auf der Lok zurückblicken kann, war neben dem fünf Jahre jüngeren Fahrdienstleiter Werner K. aus Duisburg der fahrlässigen Körperverletzung in Tateinheit mit grob pflichtwidrigem Verhalten angeklagt. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, wer eine Weiche falsch gestellt, beziehungsweise die falsche Position nicht bemerkt hatte. Dadurch wurde der Güterzug auf ein sogenanntes Stumpfgleis geleitet, auf dem der Prellbock stand.

Dem Fischelner wurde vorgeworfen, trotz Dunkelheit keinen Sicherungsposten auf den letzten Waggon geschickt zu haben.

Die beiden Anwälte erklärten, ihre Mandanten litten noch heute unter dem Geschehen. Gericht und Staatsanwältin waren von der Entschuldigung des Lokführers beeindruckt. Sie stimmten dem Vorschlag der Anwälte auf Einstellung des Verfahrens bei einer Geldbuße zu. Wilfried F. muss 4000 Euro zahlen, Werner K. mit der Hälfte. Die Staatsanwältin: „Die Strafe muss auch zum Nachdenken anregen.“ Je 750 Euro erhält die Krankenschwester als Schmerzensgeld.