Sparkassen-Chefin Birgit Roos im Interview Birgit Roos: „Wir dürfen nicht die bestrafen, die lieber in die Filiale kommen“
Im Gespräch mit der WZ bezieht Sparkassen-Chefin Birgit Roos Stellung zum Filialnetz, den Kosten fürs Geldabheben und die Probleme mit aus Brüssel angeordneten Bestimmungen.
Krefeld. Negativzinsen auf Spareinlagen, Bepreisung von Buchungsposten in Krefeld, sogar das Geldabheben kostet. Die Banken ächzen unter der Brüsseler Geldpolitik. Sparkassen stehen im Fokus und Birgit Roos kommt das nicht mal ungelegen. Die Vorstandsvorsitzende der Zweckverbandssparkasse Krefeld/Kreis Viersen übt im WZ-Interview den Spagat zwischen öffentlichem Auftrag und wirtschaftlicher Verantwortung.
Birgit Roos: Ärger? Nein! Wir haben den öffentlichen Auftrag, jedem Menschen ein Konto zugänglich zu machen. Das heißt aber nicht, dass wir dadurch einen Vorteil haben. Im Gegenteil: Wenn die Deutsche Bank Geld benötigt, kann sie neue Aktien ausgeben. Eine Volksbank kann weitere Anteile verkaufen. Wir können mit dem arbeiten, was wir direkt erwirtschaften und müssen damit unseren Auftrag erfüllen.
Roos: Wir nehmen unser Geld in der Region ein, geben es in der Region aus, was wir nicht zur Stärkung unseres Eigenkapitals brauchen, geben wir zurück. Das ist eine Art Bürgerdividende.
Roos: Ich weiß, was Sie meinen. Es fällt auch schnell das Wort Gebühren. Die gibt es bei uns nicht. Wir nehmen den öffentlichen Auftrag nach kaufmännischen Grundsätzen wahr und erheben Preise für unsere unterschiedlichen Produkte und Kontomodelle. Das ist sehr komplex, aber es ist unsere Aufgabe, es genauso transparent rüberzubringen. Das, da haben Sie Recht, sind die Anforderungen an uns.
Roos: Das betrifft diejenigen, die sich für das entsprechende Kontomodell entschieden haben, weil wir die Buchungsposten bepreist haben. Dafür ist der Grundpreis geringer als zum Beispiel in der Flatrate-Variante, in deren Grundpreis alle Buchungsposten enthalten sind. Wir sind ständig dabei, herauszufinden, was unsere Kunden eigentlich wollen, wie deren Gewohnheiten sich verändert. Und wir glauben, derzeit für alle Bedürfnisse das passende Angebot zu haben. Wir sind ein Gemischtwarenladen.
Roos: Beschwerden nicht, aber Fragen. Und die beantworten wir, erklären unser Handeln und unser Angebot. Jeder Kunde ist eingeladen, sich selbst auszusuchen, was er benötigt. Und uns mit unseren Mitbewerbern zu vergleichen. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir da sehr gut aufgestellt sind.
Roos: Nein, aber da möchte ich auch nichts vorwegnehmen, das wäre ein falsches Rollenverständnis meinerseits. Aber wir als Vorstand haben die Empfehlung ausgesprochen, in diesen Zeiten lieber die Rücklagen der Sparkassen zu stärken. Ich habe höchsten Respekt vor denjenigen, die lieber den städtischen Haushalt ausgleichen wollen.
Roos: Zunächst tagt der Verwaltungsrat der Sparkasse Krefeld, das ist im Juni. Der trägt seine Empfehlung in die Zweckverbandsversammlung, wo alle Träger unserer Bank zusammenkommen. Dort wird entschieden.
Roos: Das machen wir ständig, aber vorausschauend. Wir haben ja erst vor drei Jahren einen deutlichen Schnitt gemacht und vor allem im Kreis Viersen Geschäftsstellen geschlossen, um uns für die Zukunft wirtschaftlich aufzustellen. Die Kundschaft stimmt mit den Füßen ab, immer mehr nutzen Online-Banking, das ist kein Geheimnis. Aber wir wollen und dürfen nicht diejenigen bestrafen, die lieber in unsere Filialen kommen. Nun gucken wir anlassbezogen auf unsere Geschäftsstellen. Beim Brand in Oedt etwa haben wir uns entschlossen, die Geschäftsstelle wieder aufzubauen. Auch beim großen Standort Friedrichstraße wurde lange diskutiert und anschließend immens investiert.
Roos: Am besten nacheinander: Die Rahmenbedingungen sind schon besonders. Ich würde zum Beispiel in der jetzigen Zeit keine Zinsprognose abgegeben. Die EZB schwemmt den Markt bis mindestens Ende 2017 mit Geld und kauft an. Herr Schäuble freut sich. Bundesanleihen sind negativ verzinst, er bekommt Geld, dass er wiederum verleihen darf. Heißt: Der Staat spart, der Sparer trägt die negativen Aspekte. Und in der Tat, die Regulatorik macht uns zu schaffen.
Roos: Die europäische Aufsicht möchte so viele Daten sammeln wie möglich, um den größten Freiheitsgrad der Auswertung für sich zu generieren. Das Reporting bindet in allen Banken Ressourcen. Wir müssen zum Beispiel beim Thema Gewerbefinanzierung für drei Jahre rückwirkend Daten eintragen, die uns zwar vorliegen, aber bislang nie relevant waren. Hinzu kommen neue Compliance- und Wertpapier-Regelungen.
Roos: Natürlich können wir das. Zuletzt waren es etwa sieben Millionen Euro. Zum Vergleich: Unser erwirtschafteter Überschuss desselben Jahres beträgt 7,5 Millionen. Und was wir bei all dem nicht aus den Augen lassen dürfen: Die Niedrigzinsphase ist sicher irgendwann vorbei, die Digitalisierung bleibt. Sparkassen müssen investieren, um eine Infrastruktur vorzuhalten, die die Bedürfnisse der Kundschaft abbilden.
Roos: Auch wir schauen uns jeden Großkunden einzeln an. Es gibt auch solche, die diese Summen nur kurz parken wollen, weil sie bei uns damit noch etwas verdienen können. Solchen kurzfristigen Missbrauch werden wir verhindern, ansonsten pflegen wir einen vertrauensvollen Umgang mit unseren Kunden. Und bei Privateinlagen soll ohnehin bei Null spätestens Schluss sein.
Roos: Es stimmt, dass das Sparverhalten in Deutschland anders ist als zum Beispiel in Skandinavien. Das gilt auch für die Altersvorsorge. Und dort, wo finanziell Spielraum ist, versuchen unsere Berater schon, Überzeugungsarbeit zu leisten. Es muss zum Kunden passen.