Krefeld Colonia Dignidad: Sektenarzt Hopp soll hinter Gitter

Krefeld · Das Landgericht Krefeld will das chilenische Urteil vollstrecken. Hopps Verteidiger ruft die nächste Instanz an, der 73-Jährige bleibt erstmal auf freiem Fuß.

Hartmut Hopp

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Nach 14-monatiger Prüfzeit unter öffentlichem Druck mit Appellen des Bundestages und von Opferverbänden hat die 2. Große Strafkammer des Landgerichts Krefeld in der Causa Hartmut Hopp eine Entscheidung gefällt. Die in Chile verhängte Haftstrafe von fünf Jahren kann und soll in Deutschland vollstreckt werden.

Der ehemalige Arzt der Horror-Sekte Colonia Dignidad wurde 2013 in Südamerika in dritter Instanz wegen der Beihilfe zu sexuellem Missbrauch und Vergewaltigung von Kindern und Jugendlichen verurteilt. Zu diesem Zeitpunkt hatte Hopp sich längst nach Krefeld abgesetzt. In Krefeld lebt Hopp seither unbehelligt und bezeichnet sich als unschuldig.

Ein Exklusiv-Interview mit der WZ im Januar sorgte für großes Aufsehen und Empörung. Hopp räumte Folter, Hinrichtung, sexuelle Übergriffe, Medikamentenmissbrauch, die Verabreichung von Elektroschocks an Abtrünnige und eine rege Waffenproduktion auf dem Gelände der Colonia Dignidad ein, will aber selbst erst im Nachhinein davon erfahren haben. Er, der Krankenhausleiter, sei demnach auch ein Opfer des verbrecherischen Treibens des mittlerweile verstorbenen Sektengründers Paul Schäfer gewesen.

Laut Anklage aber soll Hopp Schäfer geholfen haben, seinen pädophilen wie sadistischen Neigungen frönen zu können. Es geht um mindestens vier vergewaltigte Minderjährige unter zwölf Jahren und sexuellen Missbrauch von 16 Minderjährigen im Zeitraum von 1993 bis 1997.

Die Kammer in Krefeld ist nun davon überzeugt, dass die Urteile aus Chile „gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 IRG in einem Verfahren ergangen sind, welches mit der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) in Einklang stand“. Dem Verurteilten sei insbesondere in dem chilenischen Strafverfahren „rechtliches Gehör und eine angemessene Verteidigung gewährt“ worden.

Weil Hopp sich seiner Inhaftierung in Chile durch die Flucht nach Deutschland entzogen hatte und eine Auslieferung des Arztes nach Paragraph 116 deutscher Gesetzgebung nicht möglich ist, ist ein so genanntes Strafvollstreckungsübernahmeverfahren ins Rollen gekommen. Das Landgericht ist jetzt der Rechtsauffassung der Krefelder Staatsanwaltschaft gefolgt.

Staatsanwalt Axel Stahl ist froh darüber: „Ich will nicht verhehlen, dass mich das mit Genugtuung erfüllt. Es ist ein kompliziertes Verfahren, in dem über 1000 Seiten chilenischer Rechtssprechung ausgewertet werden mussten. Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, Hopp bleibt zunächst auf freiem Fuß. Fluchtgefahr besteht nicht.“

Hopps Anwalt Helfried Roubicek, der bereits Reemtsma-Enführer Thomas Drach vertreten hatte, hat am Montag im Gespräch mit unserer Redaktion angekündigt, vor das Oberlandesgericht Düsseldorf zu ziehen. „Ich werde jetzt Beschwerde einlegen. Das Landgericht hat mit falschen Sachinformationen aus Chile gearbeitet.“