Corona-Pandemie Als Verkäuferin bei Edeka: „Wir müssen die Nerven bewahren“

Krefeld · Magdalena Tzienkewitz arbeitet als Verkäuferin bei Edeka. Sie gehört zu denen, die laut Bundeskanzlerin Angela Merkel „den Laden am Laufen halten“. Trotz Stress bleibt sie freundlich.

Magdalena Tzienkewitz bewahrt wie viele andere systemrelevante Verkäufer an der Kasse auch in stressigen Situationen gute Laune. Eine durchsichtige Schutzwand trennt sie seit neuestem von den Kunden.

Foto: Fatima Krumm

Als systemrelevant wird der Beruf von Magdalena Tzienkewitz neuerdings bezeichnet. Die 44-Jährige aus Krefeld arbeitet als Verkäuferin bei Edeka. Seit vier Jahren räumt sie dort Regale ein, kassiert, spricht mit den Kunden. Und hat dabei ein Lächeln im Gesicht. Ihre 14-jährige Tochter muss wegen der Schulschließung dieser Tage allein zu Hause zu bleiben. „Gott sei Dank ist sie alt genug. Eine Kollegin mit kleinen Kindern kann aktuell nur in der Spätschicht arbeiten.“

Magdalena Tzienkewitz steht schon früh morgens im Geschäft. „Wenn wir die Inventur der Zeitungen machen, fangen wir schon mal um fünf Uhr an“, berichtet sie. Um sieben Uhr öffnen sich die Türen des Edeka-Markts.

Die schmale Frau trägt viel Verantwortung auf ihren Schultern. Dafür, die Gelassenheit zu behalten, dafür freundlich zu bleiben und den Menschen ein Einkaufserlebnis zu ermöglichen. Darin besteht auch die Herausforderung: „Wir müssen die Nerven bewahren und höflich sein, um sich nicht auf das gleiche Niveau zu begeben“, erzählt die Verkäuferin und meint damit Kunden, die ausfallend werden, wenn ein Produkt nicht vorhanden ist oder der Kauf auf Vorrat aktuell verboten ist.

„Ich versuche seit drei Wochen Toilettenpapier zu kaufen“, sagt eine Kundin verärgert. „Wann bekommen Sie wieder Ware?“ fragt eine andere Kundin gleichzeitig und deutet auf das leere Regal. Nur kann auch Tzienkewitz keine Ware auspacken, die aktuell nicht im Lager ist. Ansonsten liebe sie aber ihren Beruf. Seit zwölf Jahren ist sie im Einzelhandel tätig. „Ich würde mich wieder dafür entscheiden“, sagt Tzienekwitz, die in Polen einst Näherin gelernt hat.

Viele ältere Kunden

„Ich mag es, unter Menschen zu sein, im Großen und Ganzen haben wir eine sehr nette Kundschaft“, berichtet sie. „Zu uns kommen auch viele ältere Kunden, die sich freuen, zwei, drei Sätze mit uns an der Kasse auszutauschen“, erzählt die Kassiererin. Im Gegensatz zu anderen Supermärkten könnten die Menschen bei ihr auch in Ruhe ihren Einkauf einpacken. Die aktuelle Ausnahmesituation ist für sie genauso wie für ihre über 100 Kollegen und Kolleginnen neu. Aushilfen, Auszubildende, Teilzeitkräfte.

 In einem Gang hocken vier junge Männer am Boden. Mit Rotkohl, sauren Gurken und anderen Konserven füllen sie eilig die leer geräumten Regale auf. Am vergangenen Wochenende taten Tzienkewitz und ihre Kollegen das am Sonntag. „Dann hatten sie Ruhe dazu und vor allem keinen Kontakt zu den Kunden“, erklärt Marktinhaber Heiner Kempken, der darauf achtet, dass die Abstandsregeln eingehalten werden. Wie in vielen Supermärkten und Discountern schützen hier jetzt Trennwände Kassiererinnen von den Kunden.

„Die Hamster haben die Lager voll“

Aufgeklebte Markierungen dienen als Abstandshalter. In dieser Woche sind die Kunden in ihrem Kaufverhalten schon etwas zur Normalität zurückgekehrt. „Die Hamster haben die Lager voll“, kommentiert Marktleiter Kempken. Aktuell habe er viel Umsatz gemacht. „Es ist mit einer Weihnachtswoche vergleichbar.“ Dennoch befürchtet er, dass die Osterwoche gegenteilig ausfallen wird, wenn Familienfeiern wegfallen werden.  Auch für ihn, der den Markt seit 24 Jahren leitet, sind die Erfahrungen neu. „Ich habe einen Kunden gesehen, der einmal durch das Regal die Konserven in seinen Korb gefegt hat“, schildert Kempken die unglaubliche Situation und macht dazu eine ausladende Armbewegung.

Mit Schildern und Höchstmengenangaben hat er den Hamsterkäufen Einhalt geboten. Leer sind die Regale bei Nudeln und Mehl. „Backen jetzt alle ihr Brot auf einmal selbst?“, fragt sich Tzienkewitz. Heiner Kempken führt durch ein Regal mit leerem Backpapier. „Vielleicht backen jetzt alle Plätzchen“, witzelt er.  Er glaube nicht, dass die Menschen all das verbrauchen werden, was sie kaufen. Wenn die Pandemie vorbei ist, wolle er mit den Tafeln eine Spendenaktion starten, damit die zu viel gekauften Lebensmittel nicht im Müll, sondern auf den Tellern Bedürftiger landen.

Dass ihr Beruf systemrelevant ist, spürt Tzienkewitz aktuell öfter denn je.  „Wir haben viele Kunden, die sich bei uns bedanken. Ein Kunde hat uns eine Blume gebracht, ein anderer eine Schokolade für uns gekauft“, erzählt sie. Insgesamt erfahre sie viel Wertschätzung.