„Grünes“ Krefeld Das Unternehmen „Grüne Welle“ will sich von schwarzen Schafen abheben
Krefeld · Mit Hilfe von psychologischer Betreuung können Krefelder ihren Führerschein zurückbekommen — oder sogar ihr Leben ändern.
Grüne Welle — die wünscht sich wohl jeder Krefelder Autofahrer. Und das nicht nur am Gründonnerstag. Ute Hetfeld und Daniela Rechberger versuchen dabei zu helfen. Sie sind allerdings keine Verkehrsplaner, sondern kümmern sich um Menschen, die dauerhaft nur Rotlicht sehen. Denn ihre Firma „Grüne Welle“ bereitet im Bereich der Verkehrspsychologie auffällig gewordene Kraftfahrer, die den Führerschein verloren haben, auf die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) vor – im Volksmund auch als „Idiotentest“ bekannt.
88 035 Menschen mussten sich im Jahr 2017 in Deutschland begutachten lassen. Damit ist die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um 3,5 Prozent gesunken. Das berichtete die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) im vergangenen Herbst in einer Pressemitteilung. Alkoholauffälligkeiten am Steuer waren der häufigste Grund für eine MPU — es handelte sich um 39 170 Fälle. Unterschieden wird hier nochmals zwischen Erstauffälligkeit (30 Prozent) und wiederholte Auffälligkeit (zwölf Prozent). Dahinter folgten mit 23 205 Fällen die Begutachtungen aufgrund von Drogenkonsum (24 Prozent).
Ute Hetfeld kümmert sich schon seit rund 30 Jahren um diese Zielgruppen. Früher arbeitete sie für ein Tochterunternehmen der Tüv-Rheinland-Gruppe. Als dieses 2010 an einen Investor verkauft wurde, habe sie sich entschlossen, eine eigene Firma zu gründen. „Ich habe gekündigt und mir gesagt: Ich mache jetzt mein eigenes Ding.“ Wie es zum Namen „Grüne Welle“ kam, weiß sie gar nicht mehr so genau. Doch klar ist: Der Name soll etwas Positives ausstrahlen — vor allem im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr.
Die Farbe Grün ist in den Räumen des Unternehmens am Ostwall vielfach zu finden — sei es in den neu angeschafften Vorhängen an den Fenstern, im Sitzkissen auf dem Boden oder auf dem Bild an der Wand. Die Lage unweit des Hauptbahnhofs ist mit Bedacht gewählt: Die Kunden von Ute Hetfeld sind mangels Führerschein meist auf Bahn und Bus angewiesen. Auch die beiden Zweigstellen der „Grünen Welle“ in Aachen und Moers (hier jeweils in Zusammenarbeit mit einer Fahrschule) liegen unweit des Bahnhofs.
Unqualifizierte Beratung kann die führerscheinlose Zeit verlängern
„Wir sind mit Herzblut dabei, ehrenhaft und gut ausgebildet“, hebt Ute Hetfeld hervor. Denn sie weiß, dass viele Firmen in ihrem Arbeitsbereich wegen unseriöser Geschäftspraktiken einen schlechten Ruf genießen. Auch sie selbst kennt solche „schwarzen Schafe“, ohne dabei Namen zu nennen.
Dass es in ihrem Unternehmen anders zugeht, unterstreicht sie mit mehreren Argumenten: Man habe seit acht Jahren die Preise nicht erhöht — und die seien ohnehin eher niedrig. Sie selbst als diplomierte Sozialpädagogin kann viele Jahre Berufserfahrung in der MPU-Vorbereitung vorweisen. Ihre Mitarbeiterin Daniela Rechberger ist Diplompsychologin mit eigener Praxis für Verkehrspsychologie sowie Psychotherapeutin.
Das MPU-Gutachten ist die psychologische und medizinische Entscheidungsgrundlage für die Straßenverkehrsbehörden, ob jemand die Fahrerlaubnis erhalten oder zurückerhalten kann oder nicht. Es besteht keine Verpflichtung, sich zur Vorbereitung Hilfe bei einem Institut wie der „Grünen Welle“ zu holen. Somit bleibt es den Betroffenen selbst überlassen, ob und wie sie eine kompetente Beratung finden. Klar ist aber: Eine unqualifizierte MPU-Beratung kann die führerscheinlose Zeit erheblich verlängern.
„Unsere Arbeit geht weit über das bloße Zurückerlangen des Führerscheins hinaus“, betont Ute Hetfeld. Beispiel: Alkoholauffälligkeit: Nach einem kostenlosen Orientierungsgespräch folgen in der Einstiegsphase zwei Einzel- und danach sechs bis acht Gruppensitzungen, die sich über bis zu 16 Wochen erstrecken. In einer zweiten Aufbauphase können weitere Gruppensitzungen folgen. Es gehe nicht darum, Prüfungsfragen vorzubereiten, sondern die Einstellung zum Leben zu verändern, sagt Hetfeld: „Denn, dass die Leute hierher kommen, hat ja seinen Grund.“
Warum setzt sich jemand völlig betrunken ans Steuer, möglicherweise sogar als „Wiederholungstäter“? Diese Frage wollen Hetfeld und Rechberger mit den Kunden gründlich klären. Diese kommen aus allen Altersgruppen, aus allen sozialen Schichten. Wenn dann am Ende jemand dankbar zu ihnen komme und berichte, er habe sein Leben völlig verändert, dann freut das Ute Hetfeld fast noch mehr, als wenn er „nur“ eine positive MPU hinter sich habe: „Denn dann weiß ich, dass wir gute Arbeit gemacht haben.“