Rennsportfotograf Dirk Böttger Ein Krefelder im Bann des Nürburgrings

Dirk Böttger ist ein gefragter Fotograf im Motorsport. Über die Arbeit mit besonderen Effekten und das richtige Timing an der Strecke.

Um die schnellen Wagen auf dem Nürburgring und anderen Strecken zu erwischen, muss Dirk Böttger schonmal eine Stoppuhr nutzen.

Foto: Dirk Böttger

Sport, besonders Motorsport, ist eine dynamische Sache. Auf einer Rennstrecke geht es rasant zu. Für Fans ist das klasse, für Fotografen ist das eine Herausforderung. Allzu oft scheitern sie, wenn sie die Geschwindigkeit des Sports in einem Bild festhalten wollen. Der Krefelder Dirk Böttger weiß, wie das trotz aller Herausforderungen gelingen kann.

Der 47-Jährige ist ein gefragter Rennsportfotograf. Er arbeitet für Fachmagazine und zeigt bei Kursen Laien, wie es mit der Sportfotografie klappt. Wenn er dabei vom Nürburgring spricht, glaubt man, dass er jeden Millimeter Asphalt persönlich kennt. Diese Begeisterung und Kenntnis sind vermutlich die Grundlage für Böttgers besondere Passion und seine besonderen Fotos.

Zur Fotografie kam Böttger eher aus Zufall während des Studiums. Er studierte unter anderem Journalismus und Politik. Währenddessen habe man ihm als junger Mitarbeiter einer Tageszeitung eine Kamera in die Hand gedrückt. Also probierte Böttger es aus. „Das fand ich ganz gut“, sagt er heute. Weshalb er im Studium Foto-Kurse belegte und später ein Foto-Stipendium in den USA erhielt.

Böttger trauert der analogen Fotografie nicht hinterher

Böttger erlebte damals noch die Zeit, in der Fotografie ein analoges Geschäft war. „Nächtelang habe ich im Labor verbracht“, sagt Böttger. Manche seiner Kollegen trauern dieser Zeit mit beinahe romantischer Sehnsucht hinterher. Böttger ist das nicht so wichtig. Er sei digitaler Fotograf der ersten Stunde gewesen. Früh habe er begonnen, analoge Fotos digital zu bearbeiten. Eines habe sich beim endgültigen Wandel von analog zu digital nie verändert, sagt Böttger. „Wir können immer noch nächtelang arbeiten.“ Nicht mehr im Labor, sondern mit der Bildbearbeitung am Computer.

Böttger hat als Fotograf vieles ausprobiert und tut das bis heute. Er arbeitete als Redakteur für Fachmagazine, schrieb Fachbücher, gibt Seminare für den Kamera-Hersteller Canon und andere Auftraggeber. Mittlerweile kümmert er sich um die Öffentlichkeitsarbeit des Gasometers in Oberhausen und eben die Rennsportfotografie. Diese sei sein Schwerpunkt geworden, sagt Böttger. Über die Sport- und Actionfotografie kam er in diese Nische.

„Ich war zuvor kein besonders motorsportaffiner Mensch“, sagt Böttger. Gute Fotos gibt es allerdings nur bei guter Kenntnis vom Wettbewerb. Also arbeitete er sich ein. „Ich muss zum Beispiel die Strecke kennen“, sagt Böttger. Er muss etwa klären, wo viele Überholmanöver zu erwarten sind. Oder wie lange ein Rennen dauert. Demnach kann er entscheiden, wie oft es sich lohnt, den Platz zu wechseln.

Am häufigsten ist er am Nürburgring unterwegs. Trotz dutzender Einsätze dort hat Böttger noch nicht alle Streckenabschnitte gesehen. Manche Teile der „Grünen Hölle“ seien so aufwendig zu erreichen, dass sich das für den Fotografen während des Rennens nicht lohnt. Dennoch entdecke er immer wieder andere Perspektiven. „Alleine zu den verschiedenen Jahreszeiten sieht die Strecke ganz anders aus“, sagt Böttger.

Bei der Suche nach dem richtigen Platz geht es auch um die Sicherheit des Fotografen. Es gelten strenge Vorschriften, wo er stehen darf. Zum Beispiel bei Kurven, bei denen das Auto in Richtung der Fotografen rasen würde, wenn es von der Strecke abkommt. Ein Risiko bleibt dennoch. Denn anders als das Publikum stehen die Menschen mit den Kameras zuweilen auch vor dem Fangzaun. „Einmal ist ein Auto gleich vor mir in die Bande gekracht“, sagt Böttger. Der Reifenstapel schleuderte durch die Gegend. Zum Glück passierte nichts. „Trotzdem musste ich mich erstmal hinsetzen.“

Dirk Böttger hat alles im Blick.

Foto: Dirk Böttger

Oft ist der Job des guten Rennfotografen auch Detailarbeit. Wenn er ein spezielles Auto fotografieren soll, ist die Stoppuhr auf dem Handy das wichtigste Instrument. Böttger misst die Rundenzeiten des Rennwagens oder des Oldtimers, damit die Kamera richtig eingestellt ist, wenn der Bolide wieder vorbeikommt.

Wenn es an die Strecke geht, kommt Böttger nicht allein. Regelmäßig hat er Seminar-Gruppen, die etwas lernen wollen, dabei. Zudem hat er ein kleines Team von vier Rennsport-Fotografen gebildet. Sie nennen sich Speedshooters. „Sportfotografie ist Teamwork“, sagt Böttger. Rennställe, Veranstalter oder Berichterstatter wollen Fotos zu ihren Events möglichst schnell auf Internetseiten und in den sozialen Medien sehen. Am besten sollen auch kurze Video-Sequenzen dabei sein. Da reiche es nicht, wenn ein Fotograf an der Strecke sitzt und die Bilder irgendwann am Abend sichtet, sagt Böttger. Also gibt es die Arbeitsteilung, damit an der Strecke fotografiert werden kann und Bilder auch gleich auf dem Laptop verarbeitet werden können.

Ein spektakuläres, dynamisches Foto von einem Rennauto garantiert so viel Koordination freilich noch nicht. Da zählen ebenso gute Ideen an der Kamera und die richtige Technik. Böttger arbeitet für seine Bildsprache unter anderem mit Tilt- und Shiftobjektiven. Bei diesen lässt sich die Schärfe variieren und ein Bildschwerpunkt setzen. Bei Boxengassen-Szenen liegt der scharfe Bildausschnitt zum Beispiel auf der Front eines Autos. Die anderen Fahrzeuge und die Leute der Rennställe verschwimmen. So könne er transportieren, wie wuselig es dort ist, sagt Böttger.

Mitzieh-Effekte:
So wird aus Motorsport Kunst

Ebenso gerne arbeitet der Profi mit Mitzieh-Effekten. Er stellt seine Technik so ein, dass er dem vorbeifahrenden Fahrzeug mit der Kamera kurz folgen kann. Natürlich brauche man bei so etwas viele Versuche für ein Top-Foto, sagt Böttger. Wenn es funktioniert, hat sich der Aufwand aber gelohnt. Dann ist der Rennwagen scharf zu erkennen. Die Felgen, das Drumherum – alles verschwimmt und der Betrachter sieht, wie rasant es auf dem Ring zugeht. Aus Motorsport wird Kunst. Bei allen Effekten, die Dirk Böttger mit seinen Kameras erzeugen kann, gilt eine Grundregel: „Die Scheinwerfer des Autos sind wie die Augen beim Porträt eines Menschen.“