Fotografie Kuppelbauten aus Stein werden als geometrische Formen inszeniert

Düsseldorf · Renate Löbbecke zeigt ihr fotografisches Lebenswerk im Kulturbahnhof Eller zu „düsseldorf photo plus“.

In Frankreich, Bouches-du-Rhone, erheben sich auf einer quadratischen Basis zwei abgerundete, nach oben verjüngende Kegelstümpfe.

Foto: Renate Löbbecke

Heute um 18 Uhr startet „Düsseldorf photo plus“, das Mammutprogramm rund um Fotografie und Video. Museen, Kulturinstitute, Galerien und Projekträume machen mit. Es ist erstaunlich, was das Team aus Galeristen, Künstlern und Fachleuten auf die Beine gestellt hat. Eine bravouröse Leistung, die die Stadt wie das ursprünglich damit betraute NRW-Forum verschlafen hätten. Nun gibt es sogar eine Sensation. Die Wuppertalerin Renate Löbbecke zeigt im Kulturbahnhof Eller, Vennhauser Allee 89, anonyme Bauten, wie sie die Bechers nicht besser hätten fotografieren können.

Renate Löbbecke hat Biologie, Germanistik und Chemie studiert, aber keine Fotografie. Vor 40 Jahren sah sie die ersten Kragkuppelbauten und war begeistert, wie die Steine ohne Mörtel aufgeschichtet sind. Sie erklärt: „Der Pfiff liegt darin, dass die Steine nach innen etwas überstehen, so dass nach oben hin eine Kuppel entsteht. Es ist die einzige Möglichkeit, sich ein Dach über dem Kopf zu bauen mit nichts als herumliegenden Steinen.“ Die Technik sei typisch für steinreiche Gegenden in Europa und im Nahen Osten, wo die Steine zugunsten der Landwirtschaft verschwinden müssen.

Die bienenkorbartigen Hütten dienen aber auch zum Lagern von Gemüse und Früchten oder als Schutz der Menschen vor Regen oder Schnee. Die Kuppel ist klimatechnisch optimal, sie kühlt im Sommer und wärmt im Winter. Außerdem lässt sie das Regenwasser gut abfließen.

Renate Löbbecke ist vernarrt in diese Kragkuppelbauten. Ihr Buch zu diesem Thema, das vor acht Jahren bei Walther König erschien, zeigt über tausend Fotos. Das Archiv birgt weit mehr, denn sie reist immer noch. Diese „Cabans“, wie die Franzosen sie nennen, sind auf keiner Landkarte zu sehen und werden von keinem Touristenführer erwähnt. Man findet sie mit viel Glück, holt sich Infos bei den Dorfältesten oder erhält Hinweise im Internet.

Ihr Mann ist ihr steter Begleiter. Anfangs machten auch die Kinder mit.  Sie trafen Leute und Landschaften. Aber sie bezahlten alles aus der eigenen Tasche. Die Fotos lagerten im Archiv, bis Gerolf und Ilsabe Schülkes vom Kulturbahnhof sie wachküssten. Sie kannten ihr Buch. Nun zogen sie die Fotos ab und rahmten sie.

Gerolf Schülke fühlt sich dabei an seine eigene Studentenzeit erinnert. 1964 zeigte die Kunstakademie eine Ausstellung, die vom Museum of Modern Art kam und für die der Architekturtheoretiker Bernard Rudofsky Begriffe wie „Architektur ohne Architekt“ der „Anonyme Architektur“ prägte. Die Kunsthalle brachte 1969 die Becher-Fotos unter dem Titel „Anonyme Skulpturen“ heraus. In beiden Fällen geht es um ein Segment des Bauens, das ohne eine professionelle gestalterische Planung entsteht.

Rückblickend ist es kaum verständlich, dass sich Renate Löbbecke nicht selbst mit ihren Fotos zu Wort gemeldet hat. Sie weiß alles über die Steinmassen, die Öffnungen in den Eingängen, das Material aus Kalk, Sandstein oder Vulkangestein je nach der Landschaft. Vor allem aber weiß sie, wie man einen Kragkuppelbau unter die Linse nimmt und wie man die raffinierten Steinschichtungen als strenge geometrische Formen isoliert. Als sie 1978 die ersten Bauten bei Vaucluse in den „Village des Bories“ sah, verglich sie sie spontan mit modernen Skulpturen. An die Bechers habe sie dabei nicht gedacht, nur an ihre Motive. Die Ausstellung läuft bis 19.April