Eine Zugfahrt, die macht durstig

Der Schluff hat nicht nur Fahrgastwaggons, sondern auch einen Barwagen. Dort arbeiten Bewohner der Lebenshilfe-Wohnhäuser.

Foto: Andreas Bischof

Tobi mag Fahrzeuge. Schiffe findet er besonders toll, Züge aber noch viel besser. In seinem Zimmer im Wohnhaus Gartenstadt der Lebenshilfe hat der 39-Jährige einen Kalender mit Bildern von Zügen aufgehängt, den schaut er sich gern an. Noch mehr freut sich Tobi, wenn er in einen richtigen Zug steigen darf, vor allem, wenn es eine historische Dampfeisenbahn ist. Als einer von vielen Bewohnern der Lebenshilfe-Wohnhäuser steht er regelmäßig bei Schluff-Fahrten im Barwagen hinter der Theke.

Seit 2012 arbeiten die Stadtwerke als Betreiber und die ehrenamtlichen Schluff-Vereine „Interessengemeinschaft Schienenverkehr Krefeld“ und „Freunde der Eisenbahn Krefeld“ mit der Lebenshilfe zusammen. Bei 14 Fahrten im Jahr sowie bei den Nikolaus-Fahrten stehen immer abwechselnd Männer und Frauen aus den verschiedenen Wohnhäusern hinter der Theke. Begleitet werden sie dabei von Betreuern.

Einer dieser Betreuer ist Björn Schülling, er hat ein enges Verhältnis zu Tobi und mindestens genauso viel Spaß bei der ehrenamtlichen Arbeit im historischen Zug wie der Bewohner. „Tobi und ich sind immer die Ersten, die die Hand heben, wenn unser Wohnhaus an der Reihe ist und Freiwillige gesucht werden“, erzählt Björn Schülling lachend. Und er erklärt auch, wieso: „Der Schluff ist einfach etwas Besonderes. Mann kann Zugfahren so intensiv erleben.“ Die Fahrgäste seien immer gut gelaunt, und auch das Team hinter der Theke ist mit Spaß an der Sache dabei. An diesem Tag ist es recht ruhig im Barwagen, Björn Schülling und Tobi haben Zeit zum Plaudern und zum Scherze machen. Und dazu, Christian Giese alles zu zeigen.

Der Lebenshilfe-Betreuer ist heute zum ersten Mal bei einer Schicht im Schluff mit dabei. Wo der Kühlschrank mit den kalten Getränken steht, weiß er aber schon. Als Josefine Krahnen an die Theke kommt und eine Erfrischung bestellt, kann Giese ihr schnell weiterhelfen. „Der Becher ist ja toll“, staunt die Oppumerin. Es ist ein Plastikbecher mit Aufdruck — Schluff-Aufdruck, versteht sich. „Kann man den behalten?“ Kann man. Für zwei Euro. „Super“, findet Josefine Krahnen. Auf der Hinfahrt gibt sie ihren Becher erst einmal wieder zurück und bekommt die zwei Euro Pfandgeld zurück. „Auf der Rückfahrt werde ich noch ein Getränk nehmen und den Becher behalten“, kündigt sie an. Für ihre n Mann zu Hause, der nicht mitfahren konnte.

Es wird viel gelacht im Barwagen, Tobi und die beiden Betreuer schäkern mit den Gästen, machen untereinander Witze. Dazu läuft Musik, es ist eine Atmosphäre zum Wohlfühlen. Im Winter, wenn es kälter ist, holen sich viele Fahrgäste eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen während der Fahrt, erzählt Björn Schülling. „Im Sommer geht das aber nicht so gut.“

Heute hat das Lebenshilfe-Team Bockwürstchen und Brötchen im Angebot, Brezeln, dazu heiße und kalte Getränke. Vor Beginn der Fahrt haben die drei Männer am Betriebshof den Getränke-Kühlschrank aufgefüllt und Bockwürstchen in den Zug geladen. 60 Liter Kaffee für die erste Tour des Tages hat das Team bereits im Wohnhaus Gartenstadt gekocht und mitgebracht.

Björn Schülling lobt die Zusammenarbeit mit den Stadtwerken. „Wir sind ja nur ein oder zweimal im Jahr für den Dienst im Barwagen eingeteilt“, erklärt er. „Da muss man viele Dinge immer wieder neu erfragen.“ Die Stadtwerke-Mitarbeiter seien aber sehr geduldig und hilfsbereit. „Sie geben uns das Gefühl, zum Schluff dazuzugehören. Man fühlt sich hier im Barwagen richtig wichtig.“

Genau wegen dieses Gefühls findet es Björn Schülling toll, dass die Bewohner der Lebenshilfe-Einrichtungen hier mit anpacken dürfen, den direkten Kontakt zu den Fahrgästen haben und einfach mittendrin sind.

Das mag auch Tobi: Mit Fahrgästen reden. Und wenn mal jemand mehr im Barwagen kauft, als er selbst tragen kann, packt Tobi auch gern mit an, hält die Tür auf oder bringt den Kuchen direkt in den Waggon zum Sitzplatz.