Wohnungsbau „Einfamilienhäuser sind Auslaufmodell“
Un-Parteiisch Grünen OB-Kandidat Thorsten Hansen und Heidi Matthias sind für Neubauten und eine verantwortungsvolle Flächenpolitik.
Die Höhe der fehlenden Wohneinheiten in Krefeld schwankt. Während im gültigen Regionalplan von 2017 als Bedarf die Zahl 9300 für Krefeld (7202 Wohneinheiten als lokaler Bedarf plus 2077 aus dem Einzugsgebiet Düsseldorf; aufgerundet auf 9300) steht, sprach zuletzt Oberbürgermeister Frank Meyer von 4700 Wohneinheiten, die sich in laufenden Genehmigungsverfahren befinden und zunächst einmal gebaut werden sollten. Die Liste der geplanten Bauvorhaben in Krefeld ist lang. 825 Bebauungspläne zählt die Stadt derzeit, 440 davon sind rechtskräftig. Eine Prioritätenliste mit etwa 100 B-Plänen wird jährlich aktualisiert und gilt als Fahrplan für den Wohnungsbau in Krefeld. Dabei sind sich die Fraktionen in den Fachausschüssen und im Rat nicht immer über jedes Bauvorhaben einig. Es scheiden sich die Geister an Baudichte, Bauformen und Gestaltung. Vor dem Planungsausschuss am Donnerstagnachmittag haben der Grünen-OB-Kandidat Thorsten Hansen und Fraktionsvorsitzende Heidi Matthias ihre Vorstellung von Flächenentwicklung und Wohnbebauung in Krefeld erläutert.
Die Position: „Die Wohnungsbaupolitik der Vergangenheit – flächenintensive Einfamilienhaus-Siedlungen auf der grünen Wiese – ist passé“, sagen Hansen und Matthias und zitieren führende Stadtentwicklungsbüros, Naturschutzverbände, das Umweltbundesamt und weitere Experten. Angesichts von spürbarem Klimawandel und massivem Artensterben müsse die Versiegelung von Freiflächen weitestgehend vermieden und die geplanten Flächen schonend bebaut werden. „Der Bau des klassischen Einfamilienhauses ist überholt“, so Hansen. Doch ein grünes Dogma will er daraus nicht machen. Vielmehr müsse man schauen, welcher Ansatz beim Wohnungsbau der richtige sei. Der Wunsch nach Eigentum bedeute nicht automatisch ein neues Einfamilienhaus. Mehrgeschossige Wohnbauten sähen heutzutage auch ganz anders aus, wie die Wohnstätte beweise.
„Die Grünen in Krefeld sind in Verruf, grundsätzlich gegen Neubaugebiete zu sein; das stimmt nicht“, betont Matthias. Als Beispiel dafür legen die beiden Grünen eine Liste mit B-Pläne vor, für die Emil-Schäfer-Straße, Kaserne Kempener Allee, Fischeln Plankerheide, Krützboomweg, Rheinblick, Tackheide, Alte Feuerwache Florastraße und mehr, auf denen nach ersten Schätzungen mindestens 2145 neue Wohneinheiten gebaut werden könnten. „Vorausgesetzt, es werden bestimmte Kriterien erfüllt.“
Dazu zählen Flächenrecycling als oberste Priorität, Innenverdichtung vor Außenverdichtung (Hansen: „Aber nicht um jeden Preis“), Geschosswohnungsbau vor Einfamilienhausbebauung, Lückenschluss innerhalb der bestehenden Bebauung (sogenannnte Zahnlücken), innerhalb von Stadtquartieren bauen und die dortige Infrastruktur nutzen, alternative Wohnformen und private Baugruppen bevorzugen, ÖPNV-Anbindung bei Siedlungsbau (gutes Beispiel Plankerheide) und stärker sozialer Wohnungsbau.
Der Zusammenhang: In den vergangenen Jahren sind zu wenig neue Wohnungen in Krefeld gebaut worden. Im Gegenzug ist der Bedarf gestiegen. Da in Düsseldorf kaum noch Wohnungen zu kriegen sind, wird Krefeld als Wohnort attraktiver. Hier sind im Jahr 2017 gerade mal 404 Neubauwohnungen entstanden – 119 davon in Ein- und Zweifamilienhäusern. Darauf hat das Verbändebündnis Wohnen hingewiesen, in dem sich die Gewerkschaft IG Bau und Bauwirtschaft zusammengeschlossen haben. Gleichzeitig sprechen Immobilienmakler von der erhöhten Nachfrage nach modernen Zweizimmer-Wohnungen bei jungen Leuten ebenso wie bei Senioren, die sich von ihrem Haus trennen wollen.
Im Zuge des voranschreitenden Klimawandels und immer stärker aufheizender Innenstädte wird allerorts immer mehr über alternative Baustoffe wie Holz statt Beton und über mehr grüne Vegetation zu Abkühlung und Beschattung in den Innenstädten nachgedacht. Der dramatische Rückgang der Tier- und Pflanzenwelt (Stichwort Artensterben) geht zurück auf die zunehmende Versiegelung von freien Flächen innerhalb und außerhalb sowie und der Zerstörung von Naturflächen (beispielsweise Schotterflächen statt blühende Vorgärten). Mit einem Klimaschutzkonzept will die Stadt Krefeld gegensteuern.
Die Bewertung: In den vergangenen zwölf Monaten ist ein Umdenken im Planungs- und Bauausschuss festzustellen. Klimaschutz, Dachbegrünung, ökologische Aspekte beim Wohnungsbau sind nicht mehr ausschließlich grüne Themen. Die Vorlage der Verwaltung zur Dachbegrünung bei neuen Bauvorhaben im Planungsausschuss ist ebenso ein Meilenstein wie der Vorschlag der CDU, Klimaanalysen in künftige Planungsprozesse mit einzubeziehen.
Von daher ist das Konzept der Grünen eine Einladung an alle Fraktionen und die Verwaltung, gemeinsam verantwortlich und ökologisch sinnvoll Krefeld weiterzuentwickeln.