Krefeld Emmaus bietet Menschen seit 25 Jahren ein neues Zuhause
Elisabeth Kreul gründet 1992 eine Gemeinschaft für alle, die nicht allein leben können oder möchten. Am 16. Juli wird das Jubiläum gefeiert.
Krefeld. Nach dem Abitur hat Elisabeth Kreul, Geschäftsführerin der Emmaus-Gemeinschaft Krefeld, ihre Koffer gepackt. Sie wollte etwas von der Welt sehen und ist nach Frankreich gegangen, um dort ein freiwilliges soziales Jahr bei Emmaus zu absolvieren. Aus dem einen wurden mittlerweile fast 30 Jahre und die brachten einen Ortswechsel nach Krefeld mit sich.
Kreul sitzt inmitten der Bücherregale im Second-Hand-Markt von Emmaus Krefeld. Bücher, die Geschichten von fiktiven oder auch realen Helden erzählen. So eine ist Elisabeth Kreul für viele auch. Still macht die Geschäftsführerin ihre Arbeit und hilft dennoch immer wieder zahlreichen Menschen, ein neues Leben zu beginnen.
Denn um genau diese zweite Chance gehe es bei Emmaus, erzählt Kreul. „Wir fragen nicht nach der Vorgeschichte. Wenn jemand zu uns kommt, nehmen wir ihn in unsere Gemeinschaft auf.“ Die Türen der Emmaus-Gemeinschaft stehen jedem offen.
Oft kämen Menschen, weil sie ihren Wohnsitz verloren haben, sagt Kreul: „Dann versuchen sie es in unserem Haus. Wenn sich jemand das erste Mal wieder waschen kann, bekommt er auch automatisch ein Stück Würde zurück.“ Circa zehn Gäste haben Platz in der Wohngemeinschaft, die Elisabeth Kreul 1992 in Krefeld gegründet hat.
Bleiben darf jeder, so lange er will. „Ausnahmen sind, wenn sich jemand gegen unsere Regeln verhält oder eine neue Wohnung gefunden hat“, erklärt die Krefelderin die einfachen Regeln der Gemeinschaft. Allerdings gehöre zu dem gemeinsamen Wohnen auch ein gemeinsames Leben: „Im Prinzip ist es vergleichbar mit einer Familie. Es geht nicht nur darum, dass wir gemeinsam unter einem Dach leben, sondern auch darum, Aktivitäten in der Gemeinschaft zu unternehmen.“ Zu der Gemeinschaft gehört auch das Helfen im Second-Hand-Markt, der nur einige Meter vom Wohnhaus entfernt zu finden ist. „Hier bekommen unsere Gäste eine Beschäftigung.“
1949 wurde Emmaus von Abbé Pierre ins Leben gerufen. Dem Franzosen ging es vor allem darum, Solidarität mit den Schwächsten zu zeigen und durch das Leben und Arbeiten in der Gemeinschaft den Menschen einen neuen Lebenssinn zu geben.
Genau dieses Leitbild ist es, das Kreul fasziniert und bis heute berührt: „Es entspricht dem, wie ich leben möchte“, sagt die Geschäftsführerin von Emmaus Krefeld. Während Emmaus in Deutschland vielen unbekannt ist, hat es ein Frankreich ein ganz anderes Renommee: „In Frankreich gab es bis 1988 keine Sozialhilfe. Da ist Emmaus so bekannt wie die Caritas.“
Während Emmaus in Frankreich schon seit der Gründung viele Menschen anzog, wurde die Hilfe „hier eher den Profis von der Caritas und Co. überlassen“, erläutert Kreul. Spätestens in Zeiten von Hartz IV habe sich das gewandelt.
„Heute ist der Druck viel größer. Wenn man aus einer schwierigen Lebensphase kommt, bieten wir die Möglichkeit, sich erst mal wieder zu erholen.“ Und das, obwohl die Emmaus-Gemeinschaft selbst „am Rande der Existenz lebt“, wie Kreul berichtet. „Wir finanzieren uns selbst und müssen immer gucken, dass etwas reinkommt.“
Viel Gutes ist in den 25 Jahren, die es die Emmaus-Gemeinschaft in Krefeld gibt, schon geschehen: Anstoß, die Initiative für Langzeitarbeitslose, ist aus Emmaus entstanden. Außerdem gibt es seit 2003 einen Tagestreff: „Diese Vielfältigkeit macht die Arbeit bei uns aus“, ist sich Kreul sicher und fügt lachend hinzu: „Langweilig wird es definitiv nie.“
Deshalb darf es zum 25-Jährigen, das am Sonntag, 16. Juli, ab 14 Uhr an der Peter-Lauten-Straße 19 gefeiert wird, auch mal eine große Geburtstagstorte sein: „Dann wird gefeiert“, sagt die Krefelderin.
Eine Benefizveranstaltung ist im Oktober im Südbahnhof geplant: „Dort werden wir Geld sammeln, damit in Litauen Kurse zur Stärkung des Selbstbewusstseins von Frauen gegeben werden können, damit diese nicht in die Prostitution abrutschen.“ Emmaus ist international tätig und schaut auch immer über den eigenen Tellerrand hinaus.
Kreul hat aus der Arbeit und dem Leben bei Emmaus bereits ihr persönliches Fazit gezogen: „Als Jugendliche wäre ich gerne nach Afrika gegangen, um dort zu helfen. Durch Emmaus habe ich gelernt, auch vor der eigenen Haustür zu kehren und den Blick trotzdem auch auf die Welt über den Tellerrand hinaus zu richten.“