In Erinnerung an Heinrich Band – Erfinder des Bandoneons Krefeld soll zum Tango-Hotspot werden
Krefeld · Die kunstaffine Gastronomin Flavia Latina hat mit Alina Stackmann und Jacques Hendrick den Verein Che Bandonéon gegründet – und Großes vor
Dass der Tango als Musikrichtung wie auch als Tanz seit Ende des 19. Jahrhunderts seinen Siegeszug um die Welt aus Argentinien und Uruguay angetreten hat, ist hinlänglich bekannt. Doch dass das Bandoneon als Instrument, das dem Tango erst seinen melancholischen und einzigartigen Klang gibt, in Krefeld um 1854 vom Instrumentenhändler Heinrich Band entwickelt wurde, wissen selbst in der Tango-Szene nur wenige bis heute. Das möchte Flavia Latina ändern. Als gebürtige Argentinierin und Wahl-Krefelderin, begeisterte Tango-Tänzerin und kunstbegeisterte Gastronomin hat sie es sich mit ihren Tango-Freunden Alina Stackmann und Jacques Hendrick zur Aufgabe gemacht, „Krefeld zu einem Hotspot des Tangos für Nordrhein-Westfalen zu machen“. Dazu haben sie den Verein Che Bandoneon gegründet.
Mit dem Tangolo gibt es einen neuen Tanzsalon in der Stadt
Der Tango gehört seit September 2009 zum immatriellen Kulturerbe der Menschenheit laut Unesco. Nach dem Ende seines Goldenen Zeitalters bis 1955 war es zwischendurch ruhig um ihn geworden. Erst Astor Piazolla (1921 im argentiniischen Mar del Plata geboren) hat ihm als Vertreter des Neuen Tangos wieder musikalisch neues Leben eingehaucht. Durch die brutalen Militärputsche in Uruguay und Chile (1973) gefolgt von Argentinien (1976) kam der Tango durch die davor fliehenden Südamerikaner zurück nach Europa.
Flavia Latina ist mit dem Tango groß geworden. Doch erst in Krefeld hat sie ihn in den letzten Jahren auch zu tanzen gelernt. Seit den 1990er-Jahren gibt es dort in der Fabrik Heeder regelmäßig Tango-Kurse. Seit der Corona-Krise und der Schließung der Gaststätte „Die Kulisse“ fehlte es jedoch an räumlichen Möglichkeiten für regelmäßig Milongas. So werden die Tanzveranstaltungen genannt.
„Ich will nicht nur selber tanzen, sondern alles dafür tun, dass der Tango hier in Krefeld weiter existiert und eine ebenso große Bedeutung bekommt wie in Buenos Aires“, betont Flavia Latina. Dort, in der Stadt am Rio de la Plata wird er überall gelebt. Das soll auch nach ihrem Wunsch in Krefeld so werden. Zunächst veranstaltete sie ab 2019 erste open-air Milongas vor ihrem damaligen An-Go-Lo an der Mennoniten-Kirch-Straße. Dann – mit der Schließung des Lokals – eröffnete sie das Tangolo im Hinterhof an der Kölner Straße 11 als Tanzsalon.
Darüber lernte sie Alina Stackmann und Jacques Hendrick von Tango Adorno kennen, die ebenfalls als leidenschaftliche Tango-Tänzer seit 2019 gemeinsam Milongas in der Klosterkirche Ulingsheide im niederländischen Tegelen veranstalten. Seit vergangenem Herbst organisieren sie nun zusammen Milongas, ob zu Halloween, Weihnachten oder Karneval, ob zu „Kultur findet Stadt(t)“ auf der Marktstraße oder bei der gemeinsam ausgedachten neuen Veranstaltungsreihe „Wir tanzen uns die Stadt schön!“.
„Nicht nur das Tango-Tanzen macht schön, sondern auch der Tango die Orte, wo er erklingt und getanzt wird“, sagt Flavia Latina. Deshalb fand zum Auftakt der neuen Reihe zu 650-Jahre-Krefeld am 27. Mai vor dem Premierenabend des Balletts „Seide – Band – Bandoneon“ und der Verleihung des Krefelder Bandoneon-Preises an Omar Massa im Theater auf dem Platz davor die erste Milonga statt. „Sehr zur Freude der Passanten und Premierengäste, die stehen blieben, zuschauten und teils applaudierten“, erzählt Alina Stackmann. „Der Tango, das Bandoneon und Krefeld gehören einfach zueinander“. Und seither tanzen sie mit vielen Tangotänzern von nah und fern einmal im Monat auf öffentlichen Plätzen. Das nächste Mal am 26. August von 19 bis 22 Uhr auf dem Neumarkt.
Die Gründung des neuen Vereins Che Bandoneon wird am 2. September ab 19 Uhr im Tangolo groß gefeiert. Doch das ist nur der Auftakt. „Unser Traum ist ein Tango-Festival im Seidenweberhaus, ein eigenes Bandoneon für die Stadt Krefeld und eine Tango-Akademie“, sagen die Drei enthusiastisch. Der Tango ist eben nicht nur ein Ausdruck von Wehmut, sondern auch von Leidenschaft.