Kündigung Fressnapf feuert wegen WZ-Recherchen
Konzern begründet die fristlose Kündigung des Mandanten von Anwalt Marc Jörges mit dem Verdacht, dass er die WZ-Recherche unterstützt habe. Hat er aber nicht.
Krefeld. Marc Jörges ist Fachanwalt für Arbeitsrecht- und Sozialrecht, sitzt am Ostwall und könnte eine Menge harter Stories aus seinem Arbeitsleben erzählen. „Aber sowas habe ich noch nicht erlebt, ich bin echt geschockt“, sagt der Krefelder. Jörges vertritt einen der Männer, die beim Tierfutterriesen Fressnapf einen Betriebsrat gründen wollten und fristlos gefeuert wurden. Sein Mandant habe jetzt die dritte Kündigung von Fressnapf mit der mittlerweile dritten Begründung erhalten. Vorwurf diesmal: die kritische Berichterstattung in der WZ, die bundesweit für Aufsehen gesorgt hat.
Fressnapf bezieht sich in dem außergerichtlichen Schreiben an den Anwalt, das der WZ vorliegt, auf die WZ vom 28. April, „Seite 1 und 15“. Er beziehungsweise sein Mandant sollen die Berichterstattung initiiert haben. Das Problem dabei: Die Anschuldigung ist völlig aus der Luft gegriffen.
Richtig ist, dass die WZ-Recherche über den Umgang des Konzerns mit den geschassten Mitarbeitern anschließend fleißig von überregionalen Medien, auch vom Fernsehen, beleuchtet wurde. Dabei sah Fressnapf nicht gut aus. Falsch ist, dass Jörges oder sein Mandant die WZ informiert hätten. Die Informationen kamen aus anderen Quellen und wurden mehrfach bestätigt.
Anwalt Jörges und sein Mandant hatten selbst erst am Freitag der Veröffentlichung von dem WZ-Bericht erfahren, die Zeitung gekauft und in den Gerichtssaal mitgenommen. Das stieß den Fressnapf-Anwälten offensichtlich übel auf. Dort wurde die erste fristlose Kündigung von Jörges’ Mandanten verhandelt.
Zuerst begründete Fressnapf den Schritt mit der langen Krankheitsphase des Mitarbeiters. Nachdem ihm in der Firma ein Stapler über den Fuß gefahren war, fiel er monatelang aus. Dann ging es um die Gleichstellung mit einer Schwerbehinderung. Aus beiden Verfahren, sagt Jörges, war schnell die Luft raus.
Jetzt der dritte Anlauf mit der Begründung, Medienberichterstattung angezettelt zu haben. Jörges sagt: „Auch diese fristlose Kündigung ist natürlich Quatsch. Da soll Druck auf das Verfahren ausgeübt werden.“ Der Anwalt ist gelinde gesagt sehr überrascht. „Dass ein Weltkonzern mit derart harten Bandagen kämpft, ist schon bemerkenswert. Und das wegen der Idee, einen Betriebsrat zu gründen.“
Marc Jörges, Krefelder Anwalt
Der WZ liegt eine in mehrere Punkte untergliederte Stellungnahme des Konzerns vor. Zu den besagten Gerichtsverfahren und zur Presseberichterstattung allgemein. Fressnapf, heißt es darin, habe zu keiner Zeit von Initiativen zur Gründung eines Betriebsrates gewusst „oder diese gar sanktioniert. Etwaig rechtlich relevante Vorwürfe oder Behauptungen in dieser Richtung sind haltlos und werden von uns deutlich zurückgewiesen. Sollten unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Betriebsrat gründen wollen, wird die Fressnapf-Geschäftsführung dies selbstverständlich konstruktiv und offen begleiten.“ Fressnapf verweist auf zwei bereits abgefundene Mitarbeiter, die ihre Vorwürfe, die Kündigung hänge mit Betriebsratsaktivitäten zusammen, „nicht mehr aufrecht erhalten“. Und: „Bezogen auf die Darstellung, Fressnapf kaufe sich frei, stellen wir fest, dass in Arbeitsgerichtsverfahren in Deutschland üblicherweise 80 Prozent der Streitigkeiten mit einem Vergleich beendet werden. Dabei sind regelmäßig Abfindungszahlungen üblich, wie sie auch das Kündigungsschutzgesetz vorsieht.“
Anwalt Jörges kann da nur den Kopf schütteln. „Es geht doch nicht darum, dass Abfindungen gezahlt werden, sondern dass Fressnapf sechs Mitarbeitern am selben Tag eine Kündigung ausspricht, von denen alle dabei waren, einen Betriebsrat zu gründen.“ Er erlebe es oft bei großen Konzernen, „die erstmal fristlos rausschmeißen, um dann beim Gütetermin großherzig auf die Fristlosigkeit unter der Bedingung zu verzichten, keine Abfindung zahlen zu müssen“.
Fressnapf hat die dritte Kündigung für Jörges Mandant am 11. Mai ausgesprochen. Sagt Jörges. Fressnapf bestreitet das. Und es heißt mit Blick auf den Verdacht eines Zusammenhangs zwischen Betriebsratsaktivitäten und Kündigungen: „Unser Bestreben ist es gewesen, den Ursprung dieser unrichtigen Tatsachenbehauptungen zu ergründen. Da dieser Arbeitnehmer die Behauptung auch im Prozess erhoben hat, bestand für uns Anlass zu der Annahme, dass die Behauptung auch gegenüber Ihrer Redaktion erhoben worden ist.“ Nun, da die Redaktion dies verneine, müsse man neu bewerten.