Geburtshilfe: Wie geht es weiter?

In Uerdingen wird Ende März das letzte Baby geboren. Das wirft Fragen auf: Wie reagiert das Helios-Klinikum? Und wo liegen mögliche Alternativen?

Krefeld. Die erste Aufregung hat sich gelegt. Doch die beabsichtigte Schließung der Geburtshilfe im St. Josefshospital Uerdingen sorgt noch immer für Verunsicherung. Bis heute melden sich besorgte Eltern bei der WZ. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Im Jahr 2011 zählte das Klinikum bislang über 1300 Geburten, in Uerdingen werden es bis Jahresende 500 sein. Auch 2010 kam mehr als ein Viertel der 2075 Krefelder Babys in Uerdingen auf die Welt. Doch zum 31. März wird die dortige Geburtshilfe aus betriebswirtschaftlichen Gründen geschlossen.

Ärzte und Hebammen beklagen, dass Frauen in Krefeld künftig keine Wahlmöglichkeit mehr haben. In den vergangenen Jahren hatte sich stets ein Viertel bis ein Drittel der werdenden Mütter für das kleinere, familiäre Uerdinger Hospital entschieden. Diese Geburten werden sich künftig neu verteilen müssen.

Simone Philipsenburg-Benger vom Kreisverband Krefelder Hebammen schätzt, dass „viele der von uns betreuten Frauen ins Krefelder Umland abwandern“, nach Moers, Duisburg, Kempen und Mönchengladbach. Andere werden jedoch der Nähe wegen ins Helios-Klinikum wechseln. Wie die Verteilung genau sein wird, kann derzeit niemand vorhersagen.

Zunächst gar nicht. „Eine Erweiterung der Geburtshilfe ist derzeit weder geplant noch vor Fertigstellung des II. Bauabschnitts vorgesehen“, sagt Sprecherin Marina Dorsch. Das wäre erst 2014. „Die Entscheidung dazu ist nicht abhängig von der Entwicklung anderer Krankenhäuser, sondern einzig von unserem Anspruch an eine ganzheitliche familienfreundliche Geburt in angenehmer und persönlicher Atmosphäre.“

Im Klartext: Die Kapazität bleibt ab 1. April 2012 gleich. Es gibt vier Kreißsäle und 36 Betten auf der Wöchnerinnenstation. Diese ist 2009 um zwölf Betten erweitert worden. „Die Geburtshilfe verfügt über ausreichend Kapazitäten“, versichert Dorsch.

Dennoch würden derzeit Gespräche geführt, das Hebammenteam personell zu verstärken — um „im Falle steigender Geburten“ gerüstet zu sein. Allerdings hänge diese Verstärkung nicht mit der Schließung der Geburtshilfe in Uerdingen zusammen. Sie kann „kontinuierlich, je nach Bedarf und gegebenenfalls auch kurzfristig“ erfolgen.

Nachdem die Schließung in Uerdingen verkündet war, wurde neben Vorwürfen gegen die dortige Geschäftsführung auch Kritik an Helios laut. In Mails und Leserbriefen, aber auch am WZ-Mobil auf dem Marktplatz war viel von der „Geburtsfabrik“ die Rede, in der die individuelle Betreuung vermisst wird.

Diesen Vorwurf gibt es auch von fachlicher Seite. So beklagt die freie Hebamme Bärbel Ostermann, dass in Großkliniken wie Helios oft eine Kollegin drei bis vier Geburten gleichzeitig betreut. Künftig könnten es laut Ostermann fünf bis sechs Geburten sein: „Dadurch wird Geburtshilfe gefährlicher.“ Auch die Kaiserschnittquote werde massiv steigen.

Fragen zur Anzahl der Geburten pro Hebamme beantwortet Helios mit allgemeinen Aussagen: Die Betreuung sei „sicher und individuell“, sie verbinde „hohe medizinische Qualitäts- und Servicestandards mit den individuellen Bedürfnissen und Wünschen werdender Eltern“.

Man könne die „Verlagerung“ des Themas Schließung in Uerdingen auf das Helios „nicht nachvollziehen“, sagt Dorsch: „Bezeichnungen wie ,Geburtsfabrik’, ,Fließband’ und ,ausliefern’ nehmen wir durchaus sehr ernst, vorausgesetzt sie resultieren aus Erfahrungen aus erster Hand und beruhen nicht auf reinen Vorurteilen. Das sehr pauschalisierte Stimmungsbild entspricht nicht dem, was uns über das Jahr hin an Rückmeldungen erreicht.“ Nicht umsonst würden die Geburtszahlen im Helios steigen.

Im Zuge der Schließung in Uerdingen wird das Thema Haus- und Praxisgeburten aktuell. Selbst die Gründung eines Geburtshauses wurde ins Gespräch gebracht. Doch dies scheitert nach Auskunft des Kreisverbands Krefelder Hebammen an den massiv gestiegenen Haftpflichtprämien für ihren Berufsstand. Diese haben bereits jetzt dazu geführt, dass viele Hebammen aufgegeben haben. 2012 sollen die Beiträge erneut um 15 Prozent steigen.