Gegessen wird, was hinten rauskommt

Bei Fliegen und Mistkäfern ist klar, was sie so fressen. Das findet der Mensch eklig. Aber in der Tierwelt ist das Recyceln der eigenen Hinterlassenschaften weit verbreitet — was Zoobesucher irritiert.

Foto: Gaby Borg (2)/Vera Gorissen

Bockum. „Ach, wie süüüüüüß!“ „Guck mal, wie lieb!“ Kommentare wie diese sind im Affenhaus des Krefelder Zoos häufig zu hören. Es liegt wohl auch daran, dass der Mensch sich diesen Bewohnern des Tierparks am nächsten fühlt. Bis zu dem Moment, wenn einer der Menschenaffen hinter sich greift und in den Mund steckt, was gerade frisch verdaut war. Dann wird aus dem „Aaah“ plötzlich ein „Iiiih“ und darüber philosophiert, ob das am Leben im Zoo liege.

Foto: Gaby Borg (2)/Vera Gorissen

Tut es nicht: Diese Art von Recycling ist weit verbreitet in der Tierwelt. Was Fliegen und Mistkäfer so alles essen, wissen die meisten, weshalb die ansonsten harmlosen Insekten einen ziemlich schlechten Ruf haben. Dass sich auch Schmetterlinge — mit deutlich besserem Ruf — durchaus von den Hinterlassenschaften anderer ernähren, ist schon weniger bekannt.

Foto: Gaby Borg (2)/Vera Gorissen

Doch abgesehen von diesen Tieren — zu denen auch zum Beispiel Wespen und Ameisen gehören —, die hinter dem Rest der Welt auf diese Weise auch aufräumen, gibt es weitere Fälle von Wiederverwertung dieser Art.

Bei den Fleischfressern, den Karnivoren, ist das eher selten. „Die scheiden Haare, Fell, Federn, Knochen aus, vom Fleisch bleibt weniger Abfall übrig“, erklärt Zoopressesprecherin Petra Schwinn, „allerdings kennt man von Hundeartigen oder Raubtieren, dass sie, wenn sie Beute schlagen, erst die Innereien fressen, und das ist ja auch eine Art Kotverwertung.“

Ob Kaninchen, Koala oder Elefant, bei den Pflanzenfressern — den Herbivoren — kommt das erneute Zulangen beim bereits Verdauten häufig vor. All die Blätter-, Heu-, Stroh-, Gemüse- und Obstfans der Fauna haben es nämlich aus einem Grund besonders schwer: „Pflanzen sind weniger nahrhaft“, erklärt Schwinn. Sie sind schwer zu verdauen, viele Bestandteile werden einfach wieder ausgeschieden. Deshalb haben die Herbivoren in Sachen Futter ein Dauerproblem, sie müssen ständig fressen. „Es gibt einige Tiere, die sich schwer damit tun, aus ihrer Nahrung alle wichtigen Nährstoffe zu bekommen und sie deshalb ein zweites Mal verspeisen“, erläutert Schwinn und verweist zunächst auf die Vierbeiner, die das übers Wiederkäuen regeln. Das sind im Krefelder Zoo zum Beispiel die Trampeltiere und Ziegen.

Ein typisches Beispiel für diejenigen, die nicht wie die Wiederkäuer die Nahrung wieder aufstoßen und erneut zerkauen, sondern sich bei der anderen Richtung bedienen, sind die Gorillas. „Sie ernähren sich zu 70 bis 80 Prozent von Blättern“, berichtet Schwinn. Durch eine Runde durch Magen und Darm wird alles etwas einfacher. „Das gilt zum Beispiel auch für Früchte oder besondere Samen, die erst durch die Verdauungssäfte aufgeweicht werden und deren Nährstoffe danach besser aufgenommen werden können.“

Die Reaktion von Zoobesuchern bei den entsprechenden Szenen ist für Schwinn nachvollziehbar. „Die Scham und Ekelgefühle, die der Mensch erlernt hat, sind für ihn sinnvoll. Wir haben gelernt, dass Toilettenhygiene bei uns gesundheitsförderlich ist, weil sie uns zum Beispiel vor Bakterien und Parasiten schützt.“ Aber für den Rest der Primaten und eben vieler anderer Säugetiere und anderer Spezies sei es ganz natürlich und normal.

So gibt es ein weiteres Phänomen, das in freier Wildbahn und dann eben auch im Zoo vorkommt: Dabei wird dem Nachwuchs etwas von Muttis Kot serviert. Das ist gelebte Hilfe in Sachen Ernährung und Überlebens-Chance und kommt beispielsweise bei den Nashörnern vor. Und auch bei den Antilopen im Krefelder Zoo — den Großen Kudu und Impala — ist es zu beobachten. Dieses „Geschenk“ an die Jungtiere ist ein, wie Schwinn es nennt, „Starterpaket für die Darmflora der Kleinen“.