Geister-App führt durch Burg Linn
Jennifer Morscheiser und Annette Schieck stellen die Jahresprogramme der Linner Museen vor.
Linn. Das Mikroklima im historischen Gemäuer ist am Donnerstagabend für den Vortrag „Perspektiven in den Linner Museen — Eine Jahresvorschau“ ziemlich authentisch. Jennifer Morscheiser, die Leiterin des Museums Burg Linn, erheitert das Publikum im oberen Rittersaal: „Die Heizung ist an! Es ist nur kalt!“ Und zieht sich wieder ihren Mantel an. Rund dreißig abgehärtete Besucher sitzen ebenso in ihren Mänteln und dicken Jacken im Saal.
Morscheiser und Annette Schieck haben zur Präsentation der Jahresprogramme der beiden Linner Museen geladen. Dabei geht es nicht nur um die Veranstaltungen für das Publikum, sondern auch um Internes aus den beiden Häusern. Beide Museen profitieren in diesem Jahr von der vorübergehenden Schließung der Häuser Lange und Esters wegen Renovierungsarbeiten, denn auf diese Weise gibt es mehr Aufsichtspersonal in Linn. Zu den positiven Veränderungen rechnet Schieck auch, dass das Deutsche Textilmuseum jetzt einen Grafiker als Ein-Euro-Jobber beschäftigt und man auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter angemessener Bezahlung hofft.
Morscheiser kann mit Freude verkünden: „Alle Aufsichtsdamen arbeiten jetzt unbefristet.“ Unglücklich sind beide Museumsleiterin mit der Personalsituation in der Museumspädagogik. Jedes Museum besitzt gerade einmal eine Viertel-Stelle für diesen Bereich. „Bei fast 50 000 Besuchern im letzten Jahr ist das zu wenig“, sagt Morscheiser und berichtet, dass auch schon andere Mitarbeiter einspringen müssen.
Da passt es gut ins Konzept, dass sich das Museum Burg Linn auf dem Sprung in die digitale Gegenwart und virtuelle Welten befindet — damit lässt sich nicht nur die Geschichte lebendig und informativ präsentieren, sondern die Besucher werden alleine gut beschäftigt. Das Digitale sei das „ganz große Thema“, so Morscheiser und verweist auf den Facebook-Auftritt des Museums. Derzeit habe man 2154 Follower und von denen gäbe es deutlich mehr Feedback, als wenn man Flyer in der Fußgängerzone verteilen würde.
Darüber hinaus werden drei Apps für Museumsbesucher in diesem Jahr voll zum Einsatz kommen. Eine für Kinder, die auf diese Weise in Form einer digitalen Schnitzeljagd durch das Museum geschickt werden und dabei Rätsel lösen. Der Spaßfaktor kommt vermutlich auch nicht zu kurz, wenn es darum geht, mit einem sympathischen kleinen 3D-Burggeist zusammen dreizehn andere Gespenster zu jagen. Für Erwachsene soll es eine App in Form eines klassischen Audioguides geben und als unterhaltsamere Variante die App „Sex and crime“, die in Form von Storytelling, Geschichten aus dem historischen Alltag erzählend, Historie so richtig aus dem Leben vergangener Zeiten präsentiert. In allen drei Apps wird es auch Videosequenzen geben.
Virtuell können große und kleine Besucher in einer VR Station in das Jahr 1377 eintauchen und sich an der Herausforderung beteiligen, die Burg Linn für eine Belagerung vorzubereiten. Ab Herbst erlaubt die Ausstellung „Mit dem Selfie in die Römerzeit“ vor dem Hintergrund von Ölgemälden mit dreidimensionalem Charakter und einigen Accessoires für die Besucher an 18 Stationen „stilecht“ in die Antike abzutauchen und das per Selfie festzuhalten und gleich in die Welt zu verschicken. Das Deutsche Textilmuseum bleibt dagegen 2018 weiterhin ein analoger Kosmos. In klassischer Weise kann dank der Sparkassen Kulturstiftung die Erforschung der eigenen Museumsbestände bis 2021 weiter geführt werden.
Die Ergebnisse werden in Ausstellungen, Tagungen und Publikationen, „die wichtig sind fürs Außenbild“ - so Schieck, präsentiert. Neu in 2018 ist die vierteljährlich stattfindende Veranstaltung „Aus dem Nähkästchen geplaudert“, bei denen Besucher Hintergründiges aus der Museumsarbeit erfahren und darüber mit den Museumsdamen diskutieren können.