Spektakulärer Fund Fossile Seekuh-Knochen in Ratingen entdeckt

Krefeld/Ratingen · Rund 28 Millionen Jahre alt sind die Knochen einer Seekuh, die Mitarbeiter des Geologischen Dienstes NRW in einer Baugrube in Ratingen entdeckt haben. In Krefeld wurden sie jetzt vorgestellt.

Die Grafik zeigt eine Rekonstruktion der 28 Millionen Jahre alten Ratinger Seekuh und ihres Lebensraumes.

Foto: Denise Seimet

Bei routinemäßigen geologischen Untersuchungen in einer Baugrube in Ratingen haben Mitarbeiter des Geologischen Dienstes mit Sitz in Krefeld im Januar dieses Jahres fossile Knochen einer Seekuh entdeckt. Sie sind rund 28 Millionen Jahre alt. Am heutigen Mittwoch ist der Fund in Krefeld erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt worden.

Nach Aussage von Dr. Oliver Hampe vom Museum für Naturkunde in Berlin handelt es sich bei der Ratinger Seekuh um eines der wenigen gut erhaltenen Zeugnisse dieser Fossilgruppe im Rheinland. Der letzte Fund dieser Art in Bottrop liegt schon mehr als 30 Jahre zurück.

Entdecker der Seekuh-Reste waren Daniel Schrijver und Dr. Stephan Becker vom Geologischen Dienst. „Den Fund haben wir in rund viereinhalb Meter Tiefe gemacht“, berichtet Schrijver. Die schlammbedeckten Knochen mussten sie zunächst in einer Pfütze reinigen, ehe sie überhaupt als solche richtig erkannt werden konnten – für die beiden Männer ein herausragender Moment. Sie waren in Ratingen im Rahmen des Kartierprojektes „Ballungsraum Düsseldorf/Bergisches Land“ unterwegs, zu der auch die Aufnahme von Steinbrüchen und Baugruben gehört. Zunächst hatten sie gar nichts Besonderes in den monoton-grauen Tonen gesehen. Doch dann fielen ihnen in einer Böschungsecke viele Muschelschalen, Schneckengehäuse und andere kleinere Fossilien auf. In dieser Schicht entdeckten sie dann auch die Knochen.

Der Fund wurde an einem Freitag gemacht, doch schon in der Woche darauf war die Vor-Ort-Arbeit der Paläontologen, Archäologen und der beteiligten Baufirma weitgehend abgeschlossen. Keine Kleinigkeit, denn nach Aussage von Christoph Hartkopf-Fröder, Paläontologe beim Geologischen Dienst, wurden auf der Suche nach weiteren Funden rund drei Tonnen Sediment sichergestellt und nach Krefeld gebracht. Denn an der De-Greiff-Straße sitzen die notwendigen Experten für Fossilien.  Diese fanden in dem Material in den vergangenen Monaten unter anderem Haizähne, Muscheln, Seepocken, Schnecken und Reste von Knochenfischen. Bauverzögerungen habe es nicht gegeben, betonte Dr. Erich Claßen, Leiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland.

Vor 28 Millionen Jahren lag der Fundort im Küstenbereich der Ur-Nordsee, wie Hartkopf-Fröder erläuterte. Das Wasser war subtropisch-warm, die Seekühe weideten auf den Seegras-Wiesen. Dort muss das Ratinger Exemplar nach seinem Tod zu Boden gesunken und von Haien und anderen Fischen gefressen worden sein. Die verstreuten Knochenreste lagen noch rund ein Jahr offen auf dem Meeresboden, denn sie seien bereits von Seepocken besiedelt worden, so der Krefelder Paläontologe. Später verschwanden sie unter Schlamm – aus dem sie jetzt wieder geborgen wurden. Die Präparation erfolgte am Ruhr Museum in Essen.

Wie Oliver Hampe erklärte, lassen die gefundenen Knochen – es handelt sich vor allem um Rippen und Wirbelfragmente – keine exakte Bestimmung der Seekuh-Gattung zu. Der dafür wichtige Schädel des Tieres oder auch nur die Zähne fehlen, die Experten hoffen darauf, dass er vielleicht noch bei den weiteren Arbeiten in der Nähe auftaucht. Wahrscheinlich habe es sich aber um eine zweieinhalb bis drei Meter große Gabelschwanz-Seekuh gehandelt, so Hampe, ein Spezialist für fossile Meeressäuger. Auch heute noch kommen vier Arten von Seekühen auf der Welt vor, so unter anderem in Florida und im Amazonas.  

Die Baugrube gehörte zum sogenannten Schwarzbach-Quartier, ein rund 40 000 Quadratmeter großes Büroareal, das in mehreren Abschnitten verwirklicht wird.