Krefelder Scout mit 22: Wie Mathias Perey mit Handball-Profis arbeitet
Mit 22 Jahren ist Mathias Perey Scout im Profihandball. Er spricht über einen Job, bei dem es neben Verträgen auch um Empathie geht.
Mathias Perey hat viel zu erzählen. Wie ein Vertrag im Profisport entsteht. Wie Handballmannschaften ihren Kader planen. Und wie junge Talente den passenden Verein finden. Man könnte meinen, dass ein Mann von 50 Jahren aus seiner Karriere berichtet. Doch Perey ist nicht mal halb so alt, 22 Jahre ist er jung. Parallel zu seinem Sportmanagement-Studium hat sich der Krefelder zu einem gefragten Scout im deutschen Handball entwickelt.
Eine Grundlage des Erfolgs ist sicher Selbstbewusstsein. Sakko, weißes Hemd, silberne Uhr – so sitzt Perey auf der Terrasse eines Cafés am Zoo. Die Welt hinter dem Spiel, das die Fans sehen, ist seine Leidenschaft. Für den Traditionsclub VfL Gummersbach hat er gearbeitet, mittlerweile sucht und betreut er für eine große Sportagentur Spieler. Den Namen des Betriebs darf er nicht nennen. Nicht jeder soll gleich wissen, woher der Beobachter am Spielfeldrand kommt, wenn er Perey im Internet sucht. Es ist wohl das Gesetz einer Branche, die am liebsten im Hintergrund bleibt.
Dass Perey nun Spieler von Klub zu Klub lotst, hätte er so rasch nicht erwartet. Ursprünglich sah er sich mit Anfang 20 auf der anderen Seite. Perey spielte in der Bundesliga der Junioren. Mehrere Verletzungen hätten jedoch ihn zum Sportinvaliden gemacht. „In der Anfangszeit ist das bitter“, sagt er. Zumal er aus einer sportbegeisterten Familie kommt. Bruder Oliver spielt bei Gummersbach in Liga zwei.
Mathias Perey entschloss sich zu einem anderen Zugang zu seinem Sport. Nun ist er im Handball Ansprechpartner für Vereine der Ligen eins bis drei. Die melden sich bei ihm, wenn sie einen neuen Mann benötigen. Die Planungen für die nächste Saison würden schon laufen, sagt Perey. Die Vereine fragen, ob er etwa für den Kreis oder den Rückraum einen Kandidaten hat. „Ich schaue in meiner Datenbank nach und stelle den Vereinen die Möglichkeiten vor“, sagt Perey. Dabei komme es etwa auf das Budget des Klubs und das gewünschte Alter an. Bei Interesse kontaktiert er den Spieler. „Bis tatsächlich ein Vertrag zustande kommt, dauert es in der Regel sechs Wochen“, sagt Perey. Viele Gespräche sind notwendig.
Dass er erst 22 Jahre alt ist, sei im Umgang mit erfahrenen Managern und Trainern kein Problem, sagt Perey. Viele in seiner Branche sind jung. „Dieses professionelle Scouting- und Agenturgeschäft entwickelt sich in Deutschland erst seit zehn Jahren“, sagt Perey. Zuvor hätten die Geschäftsstellen der Vereine versucht, selber Spieler zu finden. Die entscheidende Qualifikation der Entscheider dort: erfolgreicher Ex-Profi. Das ändert sich, sagt Perey: „Man muss nicht der beste Athlet gewesen sein, sondern die Arbeitsweise verstehen.“ Deshalb würden Sportmanagement-Studenten von Agenturen oft gleich von der Universität abgeworben. „Das Buhlen geht schnell los.“ Die meisten wollen zum Fußball. „Da sind die Gelddimensionen größer“, sagt Perey. Er hat sich diese Möglichkeit angeschaut. So gut wie der Handball gefiel ihm das nicht. „Bei Jugendspielen im Fußball sind 30, 40 Prozent der Zuschauer Beobachter, die sich eine goldene Nase verdienen wollen“, sagt Perey.
Etwa 25 Athleten betreut Perey aktuell. Wenn die spielen, fiebere er natürlich mit. „Meine Leute“, nennt er die Spieler. Gegen Kritik an seinem Geschäft wehrt er sich. „Wenn wir Talente suchen, wollen wir keine kleineren Vereine zerstören“, sagt Perey. Er beobachte Spieler in verschiedenen Ligen und trete mit ihnen Kontakt. „Wenn der Sportler zufrieden ist, rüttle ich da nicht dran“, sagt Perey. Neue Spieler sucht er in großen Teilen Deutschlands, Skandinavien und den Niederlanden. Wenn ein Spieler sich von Pereys Agentur betreuen lassen möchte, schließt der Sportler mit dieser einen Vertrag. „Dort zahlt der Sportler nichts“, sagt Perey. Er und die Agentur verdienen mit den Verträgen. Die Vereine zahlen anteilige Honorare. Für diesen Job muss Perey „komplett flexibel sein“. Immer wieder kommt es vor, dass er von einem Tag auf den anderen zu einem Verein reisen muss. Abends Hüls, morgens der Flieger nach Berlin, wenn ein Team kurzfristig Bedarf hat.
Während Perey das alles Kaugummi kauend erzählt, könnte man meinen, dass es tatsächlich darum geht, möglichst viele Geschäfte mit möglichst vielen Spieler zu machen. Doch Perey benennt auch die andere, menschlichere Seite seiner Aufgabe. „Regelmäßig spreche ich mit den Spielern, die ich betreue. Wir reflektieren viel.“ Es gehe für ihn darum, zu wissen, ob seine Schützlinge zufrieden sind. Wenn sich einer beklagt, überlegt Perey, ob ein Wechsel sinnvoll sei. Empathie sei ein wichtiger Bestandteil der Arbeit. Er begleite die Spieler zu Probetrainings und spüre recht schnell, ob einer zum Verein passt. „Viele Talente meinen, dass sie direkt in der Bundesliga starten müssen“, sagt Perey. Aber zuweilen sei ein kleinerer Schritt für die Entwicklung besser.
Zudem sollte der Standort passen. Findet die Frau eines Spielers einen Job in einer anderen Stadt? Kann sich ein Athlet in einer anderen Region neben dem Sport um Studium und Ausbildung kümmern? Das ist Perey besonders wichtig. „Die Spieler sollten einen Plan B haben.“ Klar, man könne vom Profihandball leben. Aber mit einer Verletzung kann es von heute auf morgen vorbei sein. So hat er es selbst erlebt.
Perey könnte noch Stunden über seine Leidenschaft und seine Ansichten reden. Doch er muss weiter. Er ist mit einem Spieler verabredet. Die Karriere soll wieder in Schwung kommen. Nach langer Verletzung müssen sie eine neue Perspektive suchen.