Outokumpu-Parkplatz Gericht wertet Messerattacke als Notwehr
Freispruch nach Angriff auf Outokumpu-Parkplatz: Oberstaatsanwalt rückt vom Vorwurf des versuchten Totschlags ab.
Krefeld. Das Landgericht folgte Montag den Plädoyers des Oberstaatsanwalts und des Verteidigers und hat einen 30 Jahre alten Dortmunder vom Vorwurf des versuchten Totschlags mit gefährlicher Körperverletzung freigesprochen. Die Urteilsbegründung: Der Beschuldigte habe sich nach einem Kopfstoß, bei dem er eine gebrochene und blutende Nase davontrug, durch den Stich mit einem Messer in den Brustbereich gegen den Geschädigten gewehrt.
Dies sei als Notwehr zu werten. Die gewalttätige Auseinandersetzung hatte im September 2015 auf einem Parkplatz vor dem Outokumpu-Gelände an der Oberschlesienstraße stattgefunden.
Dort hatte das spätere Opfer auf den Angeklagten gewartet, der von seinem ehemaligen Arbeitgeber immer wieder Lohnschulden in Höhe von 1700 Euro aus einem früheren Arbeitsverhältnis eingefordert hatte. Der Ex-Chef wollte aber nicht zahlen, sondern attackierte den Angeklagten mit einem Kopfstoß. Um den als gewalttätig bekannten und vorbestraften Kontrahenten, einen ehemaligen Boxer, abzuwehren, zückte der Angeklagte ein Messer und stach zu. Das Opfer wurde in Herznähe und an einer Rippe verletzt und musste notoperiert werden.
Das Gericht glaubte dem Angeklagten, dass er aus Angst handelte. Außerdem wertete es die starken Griffspuren an seinem Oberarm als Indiz dafür, dass sein Gegenüber ihn festgehalten hatte und weiter angreifen wollte. Den Vorwurf des Anwalts des Opfers, der Beschuldigte hätte ein milderes Mittel als ein Messer verwenden müssen, teilte das Gericht nicht. Es sei nicht nachweisbar, dass harmlosere Mittel weitere Attacken verhindert hätten.
Zuvor war der Oberstaatsanwalt bereits ausführlich darauf eingegangen, wie der Notwehrparagraf zu interpretieren ist. Ein versuchter Totschlag mit Tötungsvorsatz könne dem Angeklagten nach Würdigung der Zeugenaussagen und Videoaufnahmen durch eine Werksüberwachungskamera nicht angelastet werden. Seine Angst, ebenfalls durch eine Zeugin untermauert, sei nachvollziehbar. Nach einem rechtswidrigen Angriff bewahre man keinen kühlen Kopf, zumal der Ex-Boxer körperlich überlegen sei.
In so einer Situation sei ein Angegriffener völlig überfordert, über geeignete Mittel zur Abwehr nachzudenken. Ein Messer mitzuführen sei nicht verboten, zumal es sich um ein am Bau übliches „Gebrauchsmesser“ gehandelt habe. „Wer Gewalt ergreift, muss damit rechnen, dass er sie erfährt“, sagte der Oberstaatsanwalt.