Glosse: Der Kaiser Wilhelm in der Kiste

Krefeld. Da steht er nun in seiner Kiste und harrt der großartigen Dinge, die da kommen sollen. Das Standbild Kaiser Wilhelms I. auf der Nordseite des Kaiser-Wilhelm-Museums ist derzeit zum Schutz sozusagen in Watte gepackt.

Auf dass dem Namensgeber bei den umwälzenden Sanierungsarbeiten kein Unbill geschähe. Dabei führt der erste deutsche Kaiser an dieser Stelle seit 1979 ohnehin nur noch ein Schattendasein, bedenkt man, wie seine Krefelder Karriere als Marmorskulptur dereinst begann. So entstand das gesamte Museum 1897 eigentlich als Hommage an den damals schon verstorbenen Kaiser, klar, dass da auch sein Ebenbild das eigens auf ihn zugeschnittene Treppenhaus zierte.

Ehren, die dem „Kartätschenprinzen“ aus heutiger Sicht nicht mehr unbedingt zustehen. Erwarb er sich doch zum Beispiel jenen unehrenhaften Namen mit dem Schießbefehl auf die Revolutionäre von 1848/49. Da erscheint es nur folgerichtig, dass der Kaiser in den revolutionären 1960er Jahren zum damaligen Umbau des Museums die Quittung erhielt und erst für zehn Jahre in die Verbannung geschickt wurde, um schließlich seinen heutigen Platz einzunehmen.

Doch was nun mit dem alten Willi, wenn sein Museum in neuem Glanz erstrahlt? Immerhin bescheinigen Denkmalschützer der Skulptur Eberleins eine hohe Qualität. Gehörte dieser doch zur wilhelminischen Zeit zu den meistbeschäftigten Bildhauern. In sein einstiges Domizil soll Wilhelm nun aber partout nicht mehr einziehen, für die ruppige Außenwelt ist der zarte Marmor allerdings auch nicht gemacht.

Wenn sich jetzt Planer im Wettbewerb um die Neugestaltung des Karlsplatzes Gedanken machen, ist daher ebenfalls der Kaiser mit von der Partie. Allein: sein künftiges Schicksal macht sich da wenig majestätisch aus, von Einhausung ist die Rede, was fatal an des Kaisers derzeitiges Domizil erinnert. . .

Aber nein, keineswegs soll er noch einmal auf Jahre in einem dunklen Kabuff entschwinden. Vielmehr sind kreative Ideen gefragt, wie das Standbild außen präsentiert und gleichzeitig geschützt werden kann. Da mag die Fantasie gleich mit einem durchgehen, Bilder von einem mit Schirm bestückten Regenten oder einem majestätischen Gesellen im Buswartehäuschen entstehen vor dem geistigen Auge.

Doch gemach: Die kreativen Planungs-Geister haben bis Ende April Zeit, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen. Wie so etwas wenig inspiriert ausgehen kann, ist heute an Eberleins Wagner-Ensemble im Berliner Tiergarten zu bewundern, wo ein Glas-Stahl-Konstrukt den Götterdämmerer überspannt. Seien wir also gespannt, wie sich Eberleins Kaiser Willi in Zukunft präsentieren wird. Nur eins ist gewiss: Vor Pferdeäpfeln, die diesem in Krefeld einst wenig freundlich entgegengeschleudert worden sein sollen, müssen Majestät wohl nicht mehr geschützt werden.