Karate zum Geburtstagsfest

Die Turnerschaft Krefeld feiert ihr 140-jähriges Bestehen mit einem Sport-Lehrgang.

Krefeld. Das wäre ganz im Sinn von Friedrich Ludwig „Turnvater“ Jahn gewesen, wenn er es noch erlebt hätte. Genau zwanzig Jahre nach seinem Tod gründete sich 1872 die Turnerschaft Krefeld. Sie feierte schon im vergangenen Jahr ihr 140-jähriges Bestehen. Doch die eigentliche Veranstaltung, der Jubiläumslehrgang im Karate mit dem berühmten Kyoshi Bernd Milner (8. Dan), fand jetzt erst statt. Der Meister konnte nicht früher kommen.

Um noch ein wenig mehr Verwirrung in die Daten zubringen: Die Turnerschaft des Handwerker- und Bildungsvereins wurde zwar 1872 gegründet, ihre Ursprünge hat sie jedoch im Crefelder Handwerker-Verein, der sich bereits 1860 zusammenfand. Sei‘s drum.

Der zweitälteste Krefelder Verein ist bis heute jung geblieben und hat seine Angebote der Zeit angepasst. 1986 entstand beispielsweise die Seniorenabteilung mit Gedächtnistraining, Körperkoordination und Sturzprophylaxe.

Auch früher war die Turnerschaft vorbildlich. 1900 entstand die Frauenabteilung. „Es war eine Sensation“, erzählt Hannelore Brockmann, die aktuelle Vorsitzende, und deutet auf das Bild eines Kleides aus der damaligen Zeit. „Um 1900 trugen die Damen zum Turnen einen langen, über die Knie reichenden Rock mit langärmeliger Bluse mit Matrosenkragen.“

Walter Goebel, der frühere Vorsitzende der Turnerschaft, hat die fingerdicke Festschrift mit vielen Details liebevoll gestaltet. Er berichtet in der Chronik weiter von der Bildung der Fechtabteilung im Jahr 1921 und der Teilnahme an der Einweihung der Grotenburgkampfbahn 1927. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute die Turnerschaft die verschiedenen Abteilungen wie Männer-, Frauen- und Jugendleichtathletik und Faustball auf. 1971 folgte Tischtennis ins Angebot und 1972 wurde das 100-Jährige im Krefelder Hof gefeiert.

„Zu einer derartigen Feier fehlt heute das Geld“, erklärt die Vorsitzende. „Unser 140-Jähriges ist von Sport- und Gesellschaftsaktivitäten geprägt, die in den einzelnen Abteilungen zum Tragen kommen.“ Dazu gehört auch das Training mit Bernd Milner in der Sporthalle des Arndt-Gymnasiums. „Bei uns hat Karate nichts mit den Zertrümmern von Steinen zu tun“, erläutert Karate-Abteilungsleiter Ulrich Helbig und lächelt. „Es ist eine Kampfkunst für Körper und Geist.“ Und er erklärt den aufmerksam lauschenden Paaren, die alle möglichen Gürtel-Farben tragen, auf sympathische Art Abwehrfähigkeiten gegen imaginäre Gegner und demonstriert Bewegungsmuster. Und anschließend wird das Training gefeiert, werden die verlorenen Kalorien bei einem guten Stück Schokoladenkuchen aufgefüllt. In Weiß trägt die Torte die Aufschrift „Hangetsu“ Halbmond. Das wiederum steht für einen stilisierten Kampf gegen mehrere imaginäre Gegner.