Krefeld Großmarkt muss saniert werden
Trotz mutmaßlicher Kosten von 800 000 Euro will die Stadt das Areal an der Oppumer Straße nicht verkaufen. Die Gastro-Meile ist längst ein Treff für Gäste aus nah und fern.
Krefeld. Der Großmarkt ist etwas Besonderes: Urlaubsflair pur und vielfältige Gastro-Meile mitten in der Stadt. Längst essen und feiern nicht nur die Krefelder, sondern auch Auswärtige in einem Teil der ehemaligen Großmarkt-Hallen, während eine Gasse weiter auf dem rund 21 000 Quadratmeter großen Areal weiterhin frisches Obst und Gemüse und Käse angeliefert und weiter verkauft wird. Trotz der notwendigen umfassenden Sanierung und der geringen Pachterlöse hält die Stadt am Großmarkt fest. Verkaufspläne sind vom Tisch.
„Der Großmarkt ist keine herkömmliche Gewerbeimmobilie, sondern ein besonderer Gastronomie-Standort für die Stadt Krefeld“, betont Stadtsprecher Dirk Senger. Im Laufe der Jahre haben sich zur „Kantine“ dort das spanische Bar-Restaurant „Tapas“, die italienische „Trattoria da Bruno“, die Taverna „Der Grieche“, die Kulturrampe von Markus „Pille“ Peerlings, die Großmarktgalerie von Armin Richly, das Interieur-Geschäft „design international“ und neuerdings das Fischbistro „Der Seemann“ und das Olivenöl-Magazin „Olio Mediterraneo“ gesellt.
Bis auf einen Stand sind alle Objekte vermietet. „Für das leerstehende Objekt gibt es bereits potenzielle Interessenten, die mit dem zuständigen Fachbereich Zentrales Gebäudemanagement in Vertragsverhandlungen stehen“, besagt ein Immobilien-Exposé der Stadtverwaltung.
Mit einem Wert von 1,36 Millionen Euro steht die Immobilie in den Büchern der Stadt. Dem gegenüber stehe ein großer personeller Betreuungsaufwand wegen der vielen Pächter (25 derzeit) und ein hoher Sanierungsaufwand. Insgesamt rechnet die Verwaltung mit Kosten in Höhe von insgesamt rund 800 000 Euro. 183 000 Euro davon sind in den vergangenen fünf Jahren bereits in erste Instandhaltungen geflossen. Saniert werden müsse an Dach und Fach und die Ver- und Entsorgungsleitungen erneuert werden.
„Der finanzielle Bedarf für Sanierungsmaßnahmen kann durch die Pachteinnahmen alleine nicht gedeckt werden“, rechnet das Gebäudemanagement vor. Aufgrund alter Pachtverträge und der „darin enthaltenen unwirksamen formularvertraglichen Klauseln, ist eine Umlage im Rahmen der Betriebskostenabrechnung nicht möglich.
„Die jetzige Pacht ist entsprechend Gewerberaum-Mietspiegel ausstattungsgemäß als einfache Hallenfläche festgesetzt“, sagt Dirk Senger. Im Durchschnitt kostet ein Quadratmeter Gastronomie 3,31 Euro, Einzelhandelsfläche 2,61 Euro/m2, Bürofläche 3,50 Euro/m2 und Lagerfläche 2,48 Euro/m2. Die Pachteinnahmen pro Jahre betragen derzeit rund 140 000 Euro.
Neben dem besonderen Ambiente sind es vor allem die moderaten Pachtbeträge gewesen, die Gastronomen, Kreative und „start ups“ zum Großmarkt gelockt haben. Viele haben selber Hand und eigenes Geld angelegt, um die einst kargen, zugigen Hallen herzurichten. Genau das, macht für die Besucher den Charme aus.
„Die Pacht soll nach der Sanierung angemessen und auskömmlich sein“, erklärt Dirk Senger. Konkrete Zahlen nennt er nicht. Dafür ist dem Exposé der Stadt der städtische Mietspiegel von 2016 beigefügt.
Während Einzelhandelsflächen in 1a-Lage (bis circa 100 Quadratmeter) zwischen 35 und 75 Euro, Büroflächen in Zentrumslage (Hoher Standard) zwischen 9,50 und 12,50 Euro sowie Lager- und Produktionsflächen (komfortabel) von vier bis fünf Euro pro Quadratmeter kosten, sind die Netto-Mieten für Nebenlagen und einfache Hallenflächen wie auf dem Großmarkt deutlich niedriger angesetzt.
Laut Mietspiegel kosten Einzelhandelsfläche in Nebenlagen pro Quadratmeter fünf bis 10 Euro, Bürofläche am Stadtrand mit niedrigem Standard vier bis sechs Euro und Lager- und Produktionsflächen (normal und befahrbar) drei bis vier Euro. Mieten für Gastronomie sind auf der Liste jedoch nicht aufgeführt.
Angesprochene Gastronomen sind gelassen. Bereits jetzt würden sie bis auf Dachreparaturen für Sanierungsmaßnahmen in ihrem Lokal selber aufkommen müssen. Auch habe die Stadt seit drei Jahren keine Nebenkostenabrechnung vorgelegt. Grund hierfür sind vermutlich die „aktuellen kapazitären (personelle) Engpässe im Fachbereich“, die auch in der Stellungnahme der Stadt so benannt sind.
Dabei sollte gerade der vor einigen Jahren neu eingerichtete Fachbereich Zentrales Gebäudemanagement besser ausgestattet sein. Vor zehn Jahren war bei einer internen Prüfung aufgefallen, dass zuvor über Jahre hinweg im Sachgebiet Markt- und Mietangelegenheiten Mieten und Nebenkosten städtischer Gebäude nicht korrekt abgerechnet worden waren. Das Rechnungsprüfungsamt nahm sich der Sache an und entdeckte Einnahmeausfälle in Höhe von 675 000 Euro.
Allein auf dem Großmarkt entstand nach Berichten in der WZ ein Schaden von 304 000 Euro. Danach gab es keine Anpassungen des Erbbauzinses, die Grundsteuer wurde nicht umgelegt. Zudem wehrten sich Mieter damals gegen Nebenkostenabrechnungen.: Es gab keine Zwischenzähler für Wasser und Heizung.
Angesicht des personellen Aufwands und der notwendigen Sanierungskosten hat die FDP deshalb wiederholt vorgeschlagen, den Großmarkt zu verkaufen. Diesen Vorschlag lehnt die Ratsmehrheit ebenso wie die Stadt ab: „Der Großmarkt mit seiner Gastronomie und seinem kulturellen Angebot hat sich in den vergangenen Jahren als maßgeblicher Treffpunkt der Krefelder mit einem hohen Publikumszuspruch etabliert“, zitiert Dirk Senger die Verwaltungsmeinung. Verkaufsabsichten bestünden nicht. Der Zeitpunkt für die Sanierung ist allerdings auch noch nicht festgelegt.