Parfüm-Center Henkel komponiert in Krefeld die Düfte für Shampoos und Co.

Im Krefelder Hafen hat das Parfüm-Center des Henkel-Konzerns seinen Sitz. Hier werden Düfte für Waschmittel, Seifen und Shampoos komponiert.

Hubert Smyrek ist einer der „Supernasen“ des Henkel Fragrance Centers in Krefeld. Der Senior-Parfümeur steht hier vor der sogenannten Duft-Orgel.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Wie riecht eigentlich Frische? Auf diese schwierige Frage versuchen die rund 60 Mitarbeiter des Henkel Fragrance Centers an der Hentrichstraße eine Antwort zu geben. Oder besser gesagt: Sie geben mehrere Antworten. Denn im „Parfüm-Center“ des Düsseldorfer Konzerns im Krefelder Rheinhafen werden schon seit 1956 Düfte für Waschmittel, Reiniger, Seifen und Shampoos komponiert. Und diese Düfte sind im Laufe der Jahrzehnte ständigen Änderungen unterworfen.

 „Die Seife Fa sollte schön duften.“ So fing damals alles an, verrät Anneliese Wilsch-Irrgang, Leiterin des Centers. Wenig später sollte dann auch das beliebte Waschmittel Persil, immerhin schon seit 1907 auf dem Markt, einen speziellen Duft bekommen. „Vermutlich war es das erste Duft-Waschmittel überhaupt“, glaubt Wilsch-Irrgang.

Krefeld: Blick in das Parfüm-Center von Henkel
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So sieht es im Parfüm-Center von Henkel in Krefeld aus

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Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Damals gehörte die Dreiring-Seifenfabrik zum Henkel-Konzern, auf dem Firmengelände wurden dann auch die Duft-Experten angesiedelt. Und dort residieren sie noch heute – auch wenn Dreiring seit 1997 nicht mehr zum Konzern gehört.

Der Geruch von Seife liegt nach wie vor über dem gesamten Gelände. Senior-Parfümeur Hubert Smyrek und seine drei Kollegen dürfen ihre feinen Nasen davon aber nicht beeinflussen lassen. Ihre Aufgabe ist es, aus rund 1300 natürlichen und synthetischen Stoffen spezielle Düfte zu kreieren. „Nur was gut riecht, kommt gut bei den Kunden an“, sagt Anneliese Wilsch-Irrgang. „Der Duft beeinflusst ganz entscheidend die Akzeptanz.“

Wenn in der Düsseldorfer Konzernzentrale die Entscheidung fällt, einen neuen Duft auszuschreiben, müssen sich die Krefelder einem knallharten Wettbewerb stellen. Denn auch Hersteller von außerhalb dürfen sich an der Suche beteiligen. Wer dann tatsächlich den besten Duft komponiert hat, entscheide am Ende der Verbraucher, sagt die Chefin: In umfangreichen „Sniff-Tests“  wird überprüft, was bei diesen am besten ankommt.

Das kann sich im Laufe der Jahre durchaus ändern. Früher kamen Phantasiedüfte mit einem bunten Bouquet besonders gut an, berichtet Smyrek. Heute seien eher klare Düfte gefragt, bei denen zum Beispiel Rose oder Jasmin dominieren.  Selbst das Henkel-Urgestein Persil hat im Laufe der Jahre vier Mal seinen Duft verändert – was Gäste an der Hentrichstraße in einer kleinen Versuchsanlage selbst erschnüffeln können.

In Südeuropa riecht
Frische nach Chlor

Eine komplexe Infrastruktur aus 300 riesigen Tanks und kilometerlangen Rohrleitungen erleichtert den „Supernasen“ die Arbeit. Mit ihrer Hilfe werden in Krefeld bis zu 10 000 Tonnen Parfümöl im Jahr produziert. Auch der Computer hilft den Parfümeuren bei der Komposition. Für ihren Job brauchen sie Talent, eine fünfjährige Ausbildung und geschulte Nasen.

Ihre Arbeit ähnelt tatsächlich der eines Musikers. Was nicht nur daran liegt, dass ein Regal mit unzähligen Fläschchen voller Geruchsbausteinen zum Einsatz kommt, das „Duftorgel“ genannt wird. Vielmehr entsteht jeder Duft zunächst im Kopf, am PC werden die unterschiedliche „Noten“ im exakten Messungsverhältnis zusammengeführt – und am Ende entsteht aus 50 bis 150 Bestandteilen ein neuer Duft. Wenn auch nicht gleich im ersten Anlauf.

Die Entwicklung dauert im Durchschnitt acht Wochen“, sagt Anneliese Wilsch-Irrgang. Die Parfümeure machen mehrere Entwürfe, anschließend wird daraus in einem internen Benotungs-Verfahren ein Duft ausgewählt, der dann schließlich am ausgeschriebenen Wettbewerb teilnimmt.

Die Vorlieben sind je nach Region unterschiedlich. Die Vorgabe „Das Waschmittel soll frisch und sauber riechen“ kann also ganz verschiedene Antworten erfordern. In Südeuropa werde Sauberkeit  mit Chlorgeruch verbunden, in Deutschland dagegen riecht diese „nach einer frisch gemähten Wiese“, berichtet Hubert Smyrek.

In der sogenannten funktionellen Parfümerie (im Gegensatz zur Feinparfümerie) gilt es aber noch mehr zu beachten. Der Duft muss sich mit dem Produkt, für den er gedacht ist, vertragen. Er darf also zum Beispiel nicht zu Verfärbungen führen. Auch für die verwendeten Rohstoffe gibt es klare Vorgaben. So werden heute aus Nachhaltigkeitsgründen natürliche Substanzen wie Moschus und Rosenholz durch künstliche Stoffe ersetzt. Auch kindersicher müssen die Düfte sein: Der Klebestift darf nicht lecker riechen.

Wie die Auswahl von unterschiedlichen Düften in der Praxis ausfällt, ist bei Henkel in verschiedenen Etagen zu erleben. In einem Raum finden sich zehn gläserne WC-Kabinen, Duftkabinen genannt. Hier werden in Alltagstests WC-Reiniger, Duftsteine und Bodenreiniger ausprobiert. „Der Duft muss 100 Spülungen halten“, erklärt Smyrek ein Beispiel.

Komponierte Gerüche dürfen nicht schnell verduften

In einem anderen Raum steht Waschmaschine an Waschmaschine, hier werden die Waschmittel-Düfte im nassen, feuchten und trockenen Zustand simuliert. „Für die Versuche verwenden wir saubere Textilien“, verrät Anneliese Wilsch-Irrgang. Wichtig ist es, dass der vorher so schön komponierte Geruch nach der ersten 60-Grad-Wäsche nicht gleich wieder verduftet ist oder sich nach zwei Tagen im Schrank in Luft aufgelöst hat.

Wie riecht eigentlich Frische? Auf diese Frage kann die Leiterin des Henkel Fragrance Centers natürlich nur eine Antwort geben: „Nach Persil.“