„Ich freue mich auf mehr Zeit“
Heute ist der Tag des Abschieds: Uwe Kaiser war 33 Jahre lang Religionslehrer an verschiedenen Berufskollegs in Krefeld.
Tausende Schüler haben bei ihm Religionsunterricht gehabt. „Ich habe gerne unterrichtet und fand es gut, mit den Schülern im Austausch zu stehen, ihre Weltanschauung kennenzulernen“, resümiert Pfarrer Uwe Kaiser, der als Berufsschulpfarrer 33 Jahre an Berufskollegs in Krefeld — seit 2003 am Glockenspitz — Religionsunterricht gegeben hat. Jetzt ist Schluss. Kaiser, Jahrgang 1952, wird am heutigen Mittwoch um 17 Uhr in der Pauluskirche an der Hülser Straße 171 verabschiedet und von seinen Aufgaben entpflichtet.
In den drei Jahrzehnten, auf die er nun zurückblickt, habe sich seine Rolle gegenüber den Schülern geändert. „Ich habe mit 32 angefangen zu unterrichten“, berichtet Kaiser. Am Anfang noch in einer Position des großen Bruders, sei er über die Vaterrolle, inzwischen in die Großvaterrolle gerutscht. Auch die Weltanschauung der Schüler habe sich in der Zeit sehr verändert: Von Menschen, die von Religion noch eine Ahnung hatten, zu denen, die völlig uninformiert seien. Es gebe viele muslimische Schüler und somit einen stetigen interreligiösen Dialog. Auch eine Multikulti-Klasse hatte Kaiser, mit 24 Schülern aus insgesamt 14 Nationen. Eine große Herausforderung für die Lehrer. Festgestellt hat Kaiser, dass der Antisemitismus bei seinen Schülern in den vergangenen Jahren zugenommen habe. Dieser sei unreflektiert von anderen übernommen worden.
Er habe im Religionsunterricht den Schülern gezeigt, wie stark der Islam im Judentum wurzele. Das sei für seine Schüler etwas ganz Neues gewesen. Jedoch seien die muslimischen Schüler inzwischen ebenso verweltlicht, säkular, wie die christlichen Schüler. „Die Entwicklung ist ganz ähnlich“, so Kaiser, der in Wuppertal und Bochum Theologie studiert hatte und nach seinem Vikariat in Leverkusen und Köln erst im Hilfsdienst in Köln war und dann als Gemeindepfarrer in Höhenberg Vingst. Was die Arbeitsstrukturen angeht, habe sich das Berufsbild ebenfalls stark geändert: Der Unterricht mache nur 45 Prozent der Arbeitszeit eines Lehrers aus. Auch die staatlichen Relilehrer seien so eingebunden in das System, dass sie kaum Fortbildungen besuchen könnten. Diese Entwicklung konnte er auch in seiner Funktion als Bezirksbeauftragter des Evangelischen Kirchenkreises Krefeld-Viersen wahrnehmen.
Kaiser hat in 19 Jahren als Bezirksbeauftragter für den Evangelischen Religionsunterricht an Berufskollegs, Lehrerfortbildungen organisiert, bei allen Anstellungsverfahren und Staatsprüfungen die Kirche vertreten und stand als Seelsorger Kollegen und Schülern zur Verfügung. Als Berufsschulpfarrer fing er 1985 an der Kaufmannsschule Krefeld an. Pfarrer Kaiser war von 1997 bis 2001 Assessor des Kirchenkreises (Stellvertreter des Superintendenten) und mehrere Jahre Beauftragter für Sekten- und Weltanschauungsfragen. 33 Jahre gehörte er auch dem Leitungsgremium des Evangelischen Gemeindeverbandes Krefeld an — über zehn Jahre im Vorstand.
Traurig sei er nicht, dass er nun mit der Schule und seinen anderen Aufgaben in Kirchenkreis und Gemeindeverband aufhört. Nicht vermissen werde er endlose Sitzungen und Konferenzen. „Ich freue mich auf die Freiheit, das zu machen, was mir sinnvoll erscheint“, meint Kaiser schmunzelnd.
Langweilig, ist er sich sicher, wird ihm nicht werden. „Ich konzentriere mich auf andere Bereiche.“ So auf die Telefonseelsorge und die Ausbildung der Ehrenamtlichen. Außerdem bleibt er im Vorstand des Europäischen Bibeldialogs in Berlin und wird einmal im Jahr ein Seminar für Weltanschauungsfragen organisieren. Zudem wird er weiter als beratendes Mitglied im Ausschuss für Schule und Weiterbildung der Stadt Krefeld tätig sein.
„Ich freue mich darauf, mehr Zeit zu haben. Mehr Bücher zu lesen. Da liegt noch ein ganzer Stapel ungelesen herum.“ Seiner Frau Elke hat er versprochen, mit Beginn des Ruhestands, erstmal sein Arbeitszimmer aufzuräumen. Dann sehe man weiter. In Urlaub fahren außerhalb der Ferien zum Beispiel. Und: „Zeit für Familie“ ist Uwe Kaiser sehr wichtig. Schließlich ist er auch als Opa stets gefragt, demnächst kommt das sechste Enkelkind. Red