Illegaler Straßenstrich im Wohngebiet
ZDF greift Nöte der Anwohner an der Neuen Ritterstraße auf. Gelsenkirchen löst Problem mit sogenannten Verrichtungsboxen.
Krefeld. Krefeld wird wegen seines Straßenstrichs in einem Atemzug mit Stuttgart und Gelsenkirchen genannt. Das ZDF hat in seiner Sendung Länderspiegel am vergangenen Samstag an erster Stelle über die Probleme an der Neuen Ritterstraße berichtet und frustrierte Anwohner zu Wort kommen lassen. „Die Stadt ist keine große Hilfe“, sagt Vivian van Well resigniert.
Die zeitlich begrenzte Erweiterung des Sperrbezirks geht ihnen nicht weit genug. Ab Donnerstag ist die Straßenprostitution in der Zeit von 6 bis 22 Uhr verboten (die WZ berichtete). „Wir wollen überhaupt keinen Straßenstrich hier vor unserer Tür“, erklärt Brigitte Uhlen, Sprecherin der Anwohner gegenüber der WZ.
Trotz der klaren Ausweisung des Sperrbezirks und Kontrollen durch Polizei und Ordnungsamt würden die Prostituierten auch anderenorts in der Nähe ihrem Gewerbe nachgehen. Zum Beispiel am Antoniusplatz. Entsprechende Hinterlassenschaften wie benutzte Kondome und verschmutze Feuchttücher zeugten gestern wieder davon. Das stinkt den Anwohnern gewaltig.
Sie wünschen sich striktere Maßnahmen gegen den Straßenstrich. Der Stadt sind jedoch die Hände gebunden. Angelika Peters vom Presseamt: „Die Stadt hat nicht die Gesetzgebungskompetenz, sondern nur die Ausführung der Gesetze.“
Nach dem am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Prostitutionsgesetz ist die Straßenprostitution grundsätzlich legal und ein unbeschränktes Verbot wäre ein unzulässiger Eingriff in die Berufsfreiheit. Brigitte Uhlen und weitere Anwohner überlegen deshalb nun, eine entsprechende Petition beim Landtag einzubringen. Am liebsten wäre ihnen eine Gesetzesänderung.
Auch in Stuttgart und Gelsenkirchen führt die wachsende Armutsprostitution zu ernsten Problemen, wie der Fernsehbericht zeigt. Ein Restaurantbesitzer in Stuttgart verliert wegen des nahen Straßenstrichs immer mehr seriöse Gäste, in Krefeld und Gelsenkirchen fühlen sich Anwohner durch aggressive Prostituierte, Zuhälter und Freier belästigt. Eltern fürchten um das Wohl ihrer Kinder, Hausbesitzer um den Wert ihrer Immobilien.
Bußgelder in Höhe von 60 Euro halten danach anschaffende Frauen nicht davon ab, auch in den Sperrstunden oder im Sperrbezirk ihre Kunden zu bedienen. Die Stadt Gelsenkirchen geht deshalb einen neuen Weg. Um die Anwohner vor weiteren Belästigungen zu schützen, sollen nach dem Essener Modell sogenannte Verrichtungsboxen eingerichtet werden. Dabei handelt es sich um ein befahrbares, nicht einsehbares Gelände mit verschiedenen offenen Boxen und Sanitäreinrichtungen für die Prostituierten. In einer Notsituation können die Frauen in jeder Box auch einen Alarmknopf drücken. 100 000 Euro will sich Gelsenkirchen diese Lösung kosten lassen.
Diese Lösung ist für Krefeld kein gangbarer Weg, wie die Stadt gestern mitteilte. Der gesetzliche Rahmen für die Einrichtung oder Änderung eines Sperrbezirks sehe keine Verrichtungsboxen vor. Laut Angelika Peters will sich Oberbürgermeister Gregor Kathstede jedoch weiterhin für ein Verbot der Straßenprostitution einsetzen.
Auf seine Initiative hatte es vor kurzem ein Spitzengespräch zu dem Thema beim Städtetag gegeben. Dort hält man es neben der Einführung von Melde- und Erlaubnispflichten für notwendig, dass die Kommunen neue Kontrollmöglichkeiten bekommen.