Im Rückblick „Die Arbeit im Affenhaus war wegweisend“
Krefeld · 1975 wurde das Gebäude in Krefeld als eines der modernsten seiner Art eröffnet. Zoos in aller Welt nahmen sich ein Beispiel an der offenen Bauweise.
Glas und Kacheln prägten im Wesentlichen die Affenhäuser der Zoos, bevor 1975 in Krefeld das Affentropenhaus entstand. „Dahinter steckte die Sorge vor ansteckenden Krankheiten. Es sollten keine Viren rein- oder rausgelangen“, erklärt der Krefelder Zoodirektor Wolfgang Dreßen. Unter seinem Vorvorgänger sollte das anders werden. Statt Sterilität wollte Walter Encke ein deutlich anderes Umfeld für die Tiere schaffen: ein offenes Gehege mit Gewächshaus-Atmosphäre und Kontakt zu anderen Lebewesen wie Vögeln oder Flughunden.
Konzept für offenes Gehege in tropischem Klima war einzigartig
Das Konzept war absolut neu und sollte noch viele Jahre nicht nur deutschlandweit, sondern weltweit einzigartig bleiben. Andere Zoos aus dem In- und Ausland schickten ihre Mitarbeiter zum Maßnehmen für eigene Projekte. Und auch die Arbeit mit den Tieren sei „wegweisend“ gewesen, sagt Dreßen, „der Zoo Krefeld war in den 1980er-Jahren führend“. Gerade mit Blick auf die drei Menschenaffenarten, die bis jetzt in dem 2000 Quadratmeter großen Affentropenhaus gelebt hätten. „Wir haben so viel über sie gelernt.“
In einem für sie angenehm feuchtwarmen Klima mit Temperaturen zwischen 20 und 26 Grad und von tropischen Pflanzen umgeben, lebten die Flachlandgorillas, westafrikanischen Schimpansen, Borneo-Orang-Utans und weitere kleinere Affenarten hier nicht hinter Glas. Die Tiere und Besucher trennten nur ein Trockengraben und Mauern mit Brüstungen an den verschiedenen erhöhten Aussichtspunkten. „Dadurch konnte man sie viel näher erleben, praktisch sehen, hören, riechen“, sagt Dreßen.
Manchmal auch fühlen. Denn es passierte in der Vergangenheit auch schon mal, dass Besucher mit Hinterlassenschaften beworfen wurden. Diese Reaktion der Tiere bei „affigem Verhalten“ der Besucher ist legendär. Während der Karnevalszeit wurden jedes Jahr Schilder aufgehängt, dass Besucher bitte nicht kostümiert ins Gebäude gehen sollten. Das mochten einige der Bewohner nämlich gar nicht.
Über die Jahre lebten viele Affen in dem Haus, die in Erinnerung geblieben sind: wie die vier Orang-Utans, die dem Tierpark bereits vor der Eröffnung des Affentropenhauses angeboten wurden und deshalb früher einzogen waren und mit einem Pfleger mittags draußen spazierengingen, weil man sie nicht den ganzen Tag im alten Affenhaus sitzen lassen wollte. Oder der handzahme Schimpanse Willi. Zuletzt hatte beispielsweise der kleine Affenjunge Hujan, der zunächst von einer Tierpflegerin aufgezogen wurde, erst später in seine Orang-Utan-Familie kam und mittlerweile in England lebt, die Herzen der Besucher erobert.
Verstorbener Massa gehört einst zum ersten „Affen-Kindergarten“
Generationen von Besuchern kannten auf jeden Fall Massa, den Silberrücken, der jetzt im Alter von 48 Jahren bei dem Großbrand gestorben ist. Der Vater zahlreicher Gorillas, die über die Jahre in Zoos weltweit zogen, hatte einst zu dem „Kindergarten“ gehört, der das neue Gebäude bezog. Das Männchen war von einem Amerikaner auf einem afrikanischen Markt gekauft worden. Er zählte mit zwei auf einem Schiff vor England gefundenen Weibchen zu den letzten aus Afrika herausgeschmuggelten Menschenaffen, die im Krefelder Zoo aufgenommen wurden.
Diese ersten Junggruppen, auch von Schimpansen und Orang-Utans waren es, die das Affentropenhaus zu Beginn gewissermaßen auf ihre Tauglichkeit testeten. Gleich am ersten Tag liefen daraufhin sieben Schimpansen frei durch den Bau. Lücken in Palisaden, eine zu niedrige Betonkante bei den Gorillas gehörten zu den Dingen, die anfangs nachgebessert werden mussten.
Mit Außengehege sollte Schimpansenzucht beginnen
Auch wenn das Affenhaus heute nicht mehr dem neuesten Stand der Wissenschaft entsprach, erfüllte es doch alle Standards der Tierhaltung. Mit den Plänen, erst den Schimpansen, später auch den Orang-Utans ein Außengehege anzubauen, wie es die Gorillagruppe des benachbarten Gorillagartens bereits besitzen, wollte der Krefelder Zoo neue Wege gehen. Die Schimpansen-Gruppe sollte durch neue Tiere verjüngt und ergänzt und wieder Nachwuchs gezüchtet werden. Denn in freier Wildbahn ist der westafrikanische Schimpanse eine stark vom Aussterben bedrohte Art – so wie auch Gorillas und Borneo-Orang-Utans.
Die Pläne für das Außengehege „Schimpansen-Wald“ standen. Die Baugenehmigung für das Areal mit riesiger Netzkonstruktion hatte der Zoo im November 2019 eingereicht. Mitte dieses Jahres sollte der Spatenstich erfolgen. Nun muss alles komplett neu durchdacht werden.