Krefeld Im Stadtgarten wird demonstriert und gefeiert

Junge Gewerkschafter bestreiten in diesem Jahr die Maikundgebung und präsentieren zehn Thesen für eine bessere Arbeitswelt. Die Veranstaltung und das Internationale Maifest locken viele Besucher an.

Im Stadtgarten hatten sich um zwölf Uhr bereits mehr als tausend Menschen versammelt, um der Maikundgebung zu lauschen und das Internationale Maifest zu feiern.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Krefeld. Die Maikundgebung in Krefeld beginnt traditionell mit einem Demonstrationsmarsch. Am Montagvormittag schlängelte sich trotz des Dauerregens ein Bandwurm aus rund 600 Menschen vom Büro des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB in der Fabrik Heeder mitten durch die City bis zum Stadtgarten. An der Spitze des Zuges liefen DGB-Kreisvorsitzender Ralf Köpke und Bürgermeisterin Gisela Klaer mit. Im Stadtgarten hatten sich um zwölf Uhr bereits mehr als tausend Menschen versammelt, um der Maikundgebung zu lauschen und das Internationale Maifest zu feiern.

Ralf Köpke begrüßte die Gäste aus den verschiedenen Gewerkschaften, Initiativen und Verbänden sowie die Vertreter der Parteien und deren Bundes- und Landtagsabgeordnete. Da bestätige sich das Motto 'Wir sind viele. Wir sind eins.', sagte er. Um sogleich deutlich zu werden: "Wir Gewerkschafter wehren uns gegen Rassismus und Populismus." Und: "Die AFD ist für uns nicht wählbar." Die wolle schließlich die Gewerkschaften abschaffen. Vielmehr gelte es, die Errungenschaften unserer Väter und Mütter zu erhalten wie etwa das Betriebsverfassungsrecht. Das sei umso wichtiger, als bei manchen Unternehmern Gesetze und Demokratie am Werkstor aufhörten. Aktuell plagt den DGB-Kreisvorsitzenden, dass der Krefelder Tierfutterkrösus Fressnapf sieben Mitarbeitern fristlos gekündigt habe, weil sie einen Betriebsrat gründen wollten. Aber es gebe auch positive Beispiele. So habe entgegen der Erwartung das Bekleidungshaus Primark der Gründung eines Betriebsrats zugestimmt.

Bürgermeisterin Gisela Klaer bemerkte, dass Solidarität mehr als eine Pflichtübung sei. "Die Menschen sind wieder stärker bereit, für ihre Überzeugungen zu kämpfen und sich an demokratischen Wahlen zu beteiligen", stellte sie fest. "Ich bin den Gewerkschaften dankbar für die Abgrenzung gegen rechtsradikale Tendenzen", sagte sie. "Es gibt in unserer Gesellschaft keinen Platz für Spalter." Das einende Motto der Gewerkschaften mache sie sich gerne zu eigen. "Veranstaltungen wie die heute machen mir Mut, gemeinsam die Herausforderungen zu bewältigen."

Dann trat die junge Gewerkschaftsgarde an, die Ralf Köpke statt eines prominenten Zugpferdes in den Ring schickte. Eine glänzende Idee, wie sich herausstellte. Leidenschaftlich, engagiert, furchtlos und kämpferisch wie die Alten traten die jungen Frauen und Männer für ihre Überzeugungen ein. "Hass und Hetze sind keine Alternative. Wir treten ein für Solidarität und Gerechtigkeit", sagte die erste Rednerin und verwies auf die Kampagne: "Mach meinen Kumpel nicht an, egal wo er oder sie herkommt." Die Zukunft junger Menschen dürfe nicht von deren Herkunft abhängen, sagte sie und mahnte mehr Bildungsanstrengungen an.

Die nächste Rednerin forderte eine Übernahme von Auszubildenden - unbefristet und in Vollzeit. "Wer ausbildet, muss nicht länger über fehlende Fachkräfte jammern", schrieb sie den Betrieben auf die Agenda. Der erste männliche Redner ging auf seine Vorrednerin ein: "Wie sollen junge Menschen eine Familie gründen und sich eine Existenz aufbauen bei so viel befristeten Arbeitsplätzen?", fragte er. "Prekäre Arbeitsverhältnisse machen krank." Sein Kollege mahnte Generationengerechtigkeit an. Von den künftigen Renten könnten viele nicht mehr leben. "Wollen wir amerikanische Verhältnisse und lassen wir Altersarmut zu?"

Um Geld und Gleichberechtigung ging es der folgenden Rednerin. "Frauen verdienen im Durchschnitt für gleiche Arbeit sieben Prozent weniger als Männer, eine Friseurin zum Beispiel 170 Euro weniger im Monat als ein Friseur", reklamierte sie. "Gerecht?" Der nächste Junggewerkschafter widmete sich typischen Standesfragen und forderte Tarifbindung und faire Löhne, gerade im Zeitalter der Digitalisierung. Weg mit Minijobs und Leiharbeit, dafür mehr Mitbestimmung als Eckpfeiler der Demokratie. Ein Riesenapplaus begleitete die jungen Gewerkschafter für ihr Engagement.

Der 25-jährige Dominik Jekal hat laut Köpke die jungen Gewerkschafter zusammengeführt. Jekal, IG Metall-Jugendsekretär, freut sich im WZ-Gespräch, dass sich mehr Jugendliche in den Gewerkschaften engagieren. "Die Gewerkschaftsjugend hat heute den Beweis angetreten und sich engagiert. Viele haben gemerkt, dass Demokratie ein Mitmachangebot ist."

Stimmen zum Fest


"Für mich und meinen Mann ist die Maikundgebung seit 20 Jahren Tradition", berichtete die 75-jährige Brigitte Krüger-Skaletz. "Ich habe eine große Sympathie für den Tag der Arbeit", bekundete sie. Ein Zugpferd wie in den vergangenen Jahren habe sie nicht vermisst. Die jungen Leute hätten das richtig gut gemacht. Freundin Agneta Colliander-Heck (71) fand die Rede von Meister Ponzelar, in Krefeld Sinnbild für den Seidenweber, gut, der an die 6-Tage-Woche erinnerte. Die Krefelder Fotini Gaidartzi und Ben Reese (beide 17) genossen die "tolle Atmosphäre" von Maikundgebung und Maifest. Man könne hier viele Bekannte treffen, sagt der Waldorf-Schüler. Seine Bekannte von der Maria-Montessori-Gesamtschule war davon begeistert, dass Gleichaltrige die Kundgebung bestritten.