Interview: Erfolgsmodell VHS gibt auch den Schwachen eine Chance
Weiterbildung setzt Maßstäbe bei der Wirtschaftlichkeit. Dr. Hansgeorg Rehbein über Kooperation und spezielle Kursangebote.
Krefeld. Die Volkshochschule (VHS) Krefeld setzt Maßstäbe, was Wirtschaftlichkeit angeht. Die Stadt Krefeld bezuschusst sie mit nur 64 Cent pro Bürger. Der Durchschnitt der kreisfreien Städte liegt bei 2,21 Euro, der Höchstwert sogar bei 3,52 Euro. Die WZ sprach mit Dr. Hansgeorg Rehbein, Leiter der VHS, darüber, welche Wege die Volkshochschule eingeschlagen hat, um das zu schaffen.
Herr Dr. Rehbein, die VHS arbeitet sehr wirtschaftlich, obwohl die Landeszuschüsse in den letzten fünf Jahren um 28 Prozent zurück gegangen sind. Wie schaffen Sie es, diese finanzielle Lücke zu kompensieren?
Hans-Georg Rehbein: Die durch die Reduzierung der Landeszuschüsse entstandene Finanzlücke konnte durch eine Reihe von Maßnahmen weitgehend kompensiert werden, sodass wir das umfangreiche und differenzierte Weiterbildungsangebot der Volkshochschule mit rund 1000 Bildungsveranstaltungen pro Semester im Wesentlichen aufrecht erhalten konnten. Dabei war insbesondere die Fusion mit der Nachbarvolkshochschule Neukirchen-Vluyn im Jahre 2006 von Bedeutung, da diese bei der Bemessung der Landeszuschüsse zu einer deutlich höheren Bewertung geführt hat. Zusätzlich haben wir uns in den letzten Jahren erfolgreich um Drittmittel des Bundes, des Landes und vor allem um Mittel des Europäischen Sozialfonds beworben, um insbesondere kostspielige Bildungsangebote für arbeitslose Jugendliche, Migranten und andere sozial und bildungsmäßig benachteiligte Zielgruppen finanzieren zu können. Wirtschaftlich positiv hat sich auch die Einführung von Kleingruppentarifen ausgewirkt. Kommt die notwendige Mindestteilnehmerzahl nicht zustande, bieten wir den Teilnehmern die Durchführung des Kurses zu erhöhtem Entgelt an, was durchweg auf positive Resonanz und zu einer deutlichen Qualitätsverbesserung führt.
Sind auch die Kursgebühren während dieser Zeit gestiegen? Der Auftrag der VHS lautet schließlich, Bildung auch bildungsfernen Schichten zu ermöglichen. Diese haben aber oft nur ein begrenztes Budget zur Verfügung. Kann der Bildungsauftrag dann noch erfüllt werden?
Rehbein: Die Kursgebühren sind in den letzten Jahren nur geringfügig entsprechend der Inflationsrate gestiegen. Teilnehmerbefragungen belegen, dass rund 90 Prozent unserer Teilnehmer die Entgelte als preiswert oder angemessen bewerten. Dennoch bietet die Volkshochschule umfangreiche Ermäßigung für sozial schwache Bevölkerungsgruppen an, so dass eigentlich niemand aus finanziellen Gründen von der Weiterbildung ausgeschlossen ist.
Wie bewerten Sie den Zusammenschluss mit der VHS Neukirchen-Vluyn?
Rehbein: Die Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Neukirchen-Vluyn ist eine Erfolgsstory. Das Bildungsangebot für die Bürger beider Städte konnte deutlich ausgeweitet werden. Die Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungen läuft reibungslos. Finanziell ist die Kooperation für beide Seiten von Vorteil. Auch nehmen immer mehr Bürger die Bildungsangebote der jeweils anderen Kommune in Anspruch. Leider sind jedoch die öffentlichen Verkehrsverbindungen zwischen Krefeld und Neukirchen-Vluyn sehr unzureichend.
Wie hat sich das Kursangebot in den letzten Jahren verändert? Gibt es Kurse, die früher super liefen, jetzt aber gar nicht mehr nachgefragt werden? Und: Welche neuen Angebote gibt es?
Rehbein: Das Kursangebot der VHS ist einem ständigen Veränderungsprozess unterworfen. Aktuelle Themen werden ins Programm aufgenommen, andere laufen mit der Zeit aus. Dramatisch hat sich seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes der Bereich Deutsch als Fremdsprache entwickelt. Er ist inzwischen neben dem Fremdsprachenangebot mit rund 10000 Unterrichtsstunden der größte Bildungsbereich der VHS. Das liegt auch an der Einführung der Pflichtprüfung "Deutsch als Fremdsprache" für einbürgerungswillige Migranten im Herbst letzten Jahres.
Was machen Sie mit Kursen, die nicht voll ausgelastet sind?
Rehbein: Wir versuchen, jede Kursanmeldung zu berücksichtigen und jeden Kurs, wenn eben möglich, durchzuführen. Sind Kurse belegt, werden sofort Parallelkurse eingerichtet. Ist die Teilnehmerzahl zu gering, vereinbaren wir - wie vorhin beschrieben - mit den Teilnehmern ein erhöhtes Entgelt. So werden wir den Teilnehmern und den Dozenten gerecht und versuchen, den Kursausfall zu begrenzen.