Integrationshelfer Jenny bringt Lisa sicher durch den Alltag
Die 24-jährige Studentin arbeitet als Integrationshelferin. Sie ermöglicht ihrem Schützling den Besuch der Schule in Traar.
Krefeld. Die Türen öffnen sich automatisch, überall auf dem Flur stehen in klarer Reihe Gehhilfen, Stehhilfen, Rollstühle: Die Gerd-Jansen-Schule wird von Kindern mit ganz unterschiedlichen Behinderungen besucht. Die Schule im idyllischen Traar ist Förderschwerpunkt für die körperliche und motorische Entwicklung der jungen Menschen.
Jennifer Zielke schiebt den Rollstuhl mit Lina Ballon in einen Klassenraum: Die 24-jährige Jenny hat sich in den vergangenen Monaten um die 16-jährige Lina gekümmert; die Ältere ist Integrationshelferin der Jüngeren. Und nur mit dieser Unterstützung ist ein Schulbesuch für Lina und deren Familie zu meistern. „Mir geht es vor allem darum, die Kommunikation bei Lina zu fördern“, sagt Jenny.
Denn Lina kann kaum sprechen und sich nur im Rollstuhl bewegen lassen. Die Kraft ihrer Arme würde nicht dazu ausreichen, das Fahrzeug selbst zu bewegen. Also holt Integrationshelferin Jenny sie morgens am Bus ab — Lina sitzt auch im Schulbus in ihrem Rollstuhl. Dann fährt Jenny mit Lina in den Unterricht, guckt, ob sie ihr die Jacke ausziehen muss und schaut dann in das blaue Mitteilungsheft von Linas Mutter. Sie schreibt dort hinein, was Jenny wissen muss, um ihren Schützling sicher durch den Schultag zu begleiten. Dazu gehört auch, Lina beim Essen zu helfen, sie im Unterricht und bei Therapien zu begleiten, Lina auf die Toilette zu schieben und ihr die Windeln zu wechseln. Oder mit ihr ins schuleigene Schwimmbad zu gehen: „Das sind Linas Lieblingsstunden.“
Montags hat Lina ein „Step-By-Step“-Gerät bei sich, das sie per Knopfdruck selber bedienen kann. Und dann hören alle in der Klasse, was am Wochenende zu Hause so passiert ist. „Ich erzähle das aus Linas Sicht“, sagt die Mutter, Antje Frohnert-Ballon. Und Jenny ergänzt: „Lina kann das aktiv in Gang setzen und das mag sie sehr gerne.“ Wenn das Band zu Ende gelaufen ist, darf Lina den nächsten Erzähler aus der elfköpfigen Klasse bestimmen. Das geschieht mit einem Foto. „Meistens sucht sie Julia aus“, erzählt Jenny, „die beiden sind beste Freundinnen.“ Das zeigt sich auch darin, dass die eine der anderen Bilder malt, die beiden Mädchen zusammen die Hofpause verbringen: „Julia schiebt ihre Freundin in den Fahrstuhl und dann ins Grüne“, sagt Jenny. Wichtig daran: „Lina soll die Pausen mit Gleichaltrigen verbringen und den Kontakt zu ihnen pflegen“, sagt die angehende Sozialpädagogin.
Jennys Tätigkeit als Integrationshelferin ist verpflichtendes Begleitprogramm zu ihrem Studium in Nimwegen. Das hat sie vor vier Jahren aufgenommen. Seitdem ist Lina ihr Schützling. „Es ist eher ungewöhnlich, dass Schüler und I-Helfer solange zusammengespannt werden können“, erklärt Meike Erben von der Lebenshilfe Krefeld. Sie leitet den Fachbereich der Integrationshilfen für Schulen und Kitas: „Wir vermitteln die Integrationshelfer und junge Leute im Freiwilligen Jahr an die Schulen“, sagt sie. Derzeit sind es 62 I-Helfer, davon 16 Freiwillige im FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr) oder im BFD (Bundesfreiwilligen-Dienst).
„Wir haben mit Jenny wirklich großes Glück gehabt“, sagt Linas Mutter, Antje Frohnert-Ballon. „Jenny hat gelernt, Lina zu verstehen“, sagt sie und schmust ein bisschen mit ihrer Tochter, die das sichtlich genießt.