Hanna Suchocka Polens Ex-Regierungschefin mit Krefelder Adalbert-Preis geehrt
Eine mutige Vorkämpferin für Freiheit und Demokratie im früheren Ostblock.
Krefeld. Als erste Frau wurde die frühere polnische Ministerpräsidentin, Justizministerin, Generalstaatsanwältin und Botschafterin am Heiligen Stuhl, Hanna Suchocka, mit dem renommierten „Internationalen Adalbert-Preis für Frieden, Freiheit und Zusammenarbeit in Europa“ geehrt, den die Krefelder Adalbert-Stiftung verleiht. In der Burg Bratislava überreichte der Staatspräsident der Slowakischen Republik, Andrej Kiska, den Preis im Rahmen einer Feierstunde, zu der eine Delegation aus der Seidenstadt in die slowakische Metropole gereist war.
Die Bedeutung des Adalbert-Preises stellte der Vorstandsvorsitzende der Adalbert-Stiftung Krefeld, Hans Süssmuth, heraus. Er nannte die Preisträgerin 2015 „eine herausragende Europäerin“. Der Vorsitzende des Internationalen Preiskomitees der Stiftung, der frühere tschechische Außenminister Fürst Karl von Schwarzenberg, würdigte die Preisträgerin als mutige und engagierte Kämpferin für Freiheit und Demokratie.
Zuvor hatte der emeritierte Erzbischof von Gnesen, Henryk Muszynski, die Entscheidung des Internationalen Preiskomitees begründet. Die Laudatoren erinnerten daran, dass die Suchocka wenige Monate nach ihrem Jura-Examen 1968 den sowjetischen Einmarsch in die Tschechoslowakei miterlebt hatte. Der in ihrem Heimatland Polen eingeforderten Konformität mit der herrschenden Staatsideologie hielt sie die Unvereinbarkeit ihres persönlichen katholischen Selbstverständnisses mit dem Kommunismus entgegen.
Sie unterrichtete nach ihrer Promotion Verfassungsrecht an der Universität Posen, arbeitete am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht in Heidelberg und lehrte als Professorin für Staats- und Verfassungsrecht an der Katholischen Universität Lublin. Neben der Hochschultätigkeit engagierte sie sich politisch.
Sie war von 1980 bis 1985 Abgeordnete des polnischen Parlaments und äußerte Kritik als Expertin für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit an der damals herrschenden polnischen Staatsordnung. Sie stimmte gegen das 1981 verhängte Kriegsrecht und gegen das Verbot der Gewerkschaft Solidarnosc. Deren Beraterin wurde sie nach der Wende 1989.
Von 1989 bis 2001 gehörte sie dem ersten frei gewählten Parlament Polens an und wurde 1992 zur ersten weiblichen Ministerpräsidentin ihres Landes gewählt. Sie arbeitete für eine Liberalisierung der Wirtschaft und erkannte für sich auch eine Mitverantwortung für die Adalbert-Länder Tschechien, Slowakei und Ungarn, die sich vom Westen vernachlässigt fühlten und die Gefahr eines autoritären Rückfalls im Osten fürchteten. Sie mahnte ein Ordnungskonzept an, das Ostmitteleuropa einschließen sollte.
Bevor sie von 1997 bis 2000 Justizministerin und Generalstaatsanwältin wurde, war Suchocka zweimal Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Bis 2013 war sie Botschafterin Polens im Vatikan.
Der Besuch der Krefelder Delegation, der auch die frühere Präsidentin des deutschen Bundestages, Rita Süssmuth, angehörte, klang aus mit einer Rundfahrt zu den Stätten der Geschichte und des Gedenkens mit Kranzniederlegungen: zuerst am „Denkmal für die Kerzenmanifestation“, dann am „Holocaust-Denkmal“ und zur Erinnerung an die 400 an der Grenze bei Fluchtversuchen erschossenen Menschen auch am „Denkmal des Eisernen Vorhangs“ an der Burg Devin.