Kaputte Straßen, leere Kassen — neue Wege für den Radverkehr
Tiefbauamt und Stadtplanung versuchen, die ärgsten Schäden zu beseitigen und suchen nach finanzierbaren Konzepten.
Krefeld. Marcus Beyer und Hartmut Könner sind sozusagen Verwalter des Mangels. Der eine Straßenplaner, der andere Leiter des Tiefbauamtes — sind sie für den Erhalt der Infrastruktur zuständig, allein: Nicht erst seit Zeiten der Finanzkrise fehlt das nötige Kleingeld.
Das Dilemma zeigt sich nicht zuletzt da, wo Krefeld mit dem Vorsitz der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte ja eigentlich punkten sollte — bei den Radwegen. Hartmut Könner macht keinen Hehl daraus: „Wir haben einen Sanierungsstau.“ Der in naher Zukunft wohl auch nicht wieder in Fluss kommen wird. So sind für die nächsten zwei Jahre lediglich 200 000 Euro für die Grunderneuerung der Radwege an Moerser Straße und Glockenspitz veranschlagt. Ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn erschwerend kommt hinzu: „Eine Sanierung von Radwegen ist nicht förderfähig“, bedauert Könner. „Das müssen die Kommunen selber erledigen.“
Wie geht die Stadt nun mit diesem Mangel um? „Wir legen einen Fokus auf ein gewisses Stammnetz“, erläutert Beyer. Will heißen, es wurden in einer ersten Abstimmung mit dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Hauptradwege über 73,5 Kilometer definiert, die in möglichst gutem Zustand gehalten werden sollen.
Was allein damit auf die Stadt zukommt, können die beiden noch gar nicht so genau beziffern, ist man derzeit doch noch dabei, den Zustand dieser Strecken zu bewerten. Eine Arbeit, die angesichts knapper Ressourcen in der Verwaltung länger als geplant braucht, wie Könner und Beyer zugeben. Doch erst dann kann eine Prioritätenliste erstellt werden. „Grundsätzlich gilt aber: Gefahrenstellen werden sofort beseitigt“, betont Beyer.
Radwege, die wegen Wurzeln uneben sind, gelten jedoch lediglich als Schadstellen. Ob Radler diese noch hinnehmen müssen, dazu gibt es bekanntermaßen unterschiedliche Auffassungen (die WZ berichtete), nebst schwammiger Gesetzeslage. „Wir versuchen, einen Rahmenkatalog zu erstellen, und werden in Zukunft Einzelfallentscheidungen treffen müssen“, sagt Könner. Sprich: Hier und da wird die Radwegpflicht in Zukunft womöglich aufgehoben.
Ohnehin gehen Beyer und Könner von einem Wandel in Sachen Radverkehr aus. Der habe jetzt schon eine neue Dynamik, etwa mit den elektrischen Pedelecs entwickelt, wie Beyer feststellt. „Da stellt sich auch die Frage, ob separate Radwege noch zukunftsfähig sind.“ Schließlich haben sich diese in Studien als weniger sicher, als ursprünglich angenommen entpuppt.
Der neue Blick auf den Radler deckt sich auch mit dem Nationalen Radverkehrsplan, der diese umweltfreundliche Fortbewegung stärken möchte, haben die Städte doch zunehmend mit Feinstaub und Lärm zu kämpfen. „Das könnte man mit Fahrradnahmobilität deutlich entschärfen“, lautet Marcus Beyers Einschätzung. Mit einem neuen Miteinander aus ÖPNV, Auto- und Radverkehr sowie Fußgängern. Dazu müsse aber die Frage geklärt werden, wo es in Zukunft hingehen solle. „Wir müssen ein eindeutiges Leitbild haben“, betont Beyer. Und natürlich braucht es Geld, denn Konzepte gebe es viele, die derzeit einfach nicht finanzierbar seien.
Ein Appell, der nicht nur an die lokale Politik gerichtet ist. „Wir hängen am goldenen Zügel der Förderung“, resümiert Beyer. Und da zähle — trotz aller anderslautenden Beteuerungen — immer noch das Auto an erster Stelle. „Es muss ein Umdenken stattfinden.“