Klassengemeinschaft hält seit 65 Jahren Klassentreffen: „Es ist immer wieder schön“
Vor 65 Jahren haben sie die Stadtschule Uerdingen besucht. Der Kontakt brach nie ab. Jetzt sehen sich die Damen wieder.
Uerdingen. Das ist echte Klassengemeinschaft: Auch nach 65 Jahren treffen sich die Schülerinnen der ehemaligen Uerdinger Stadtschule noch regelmäßig zum Klassentreffen. Alle zwei bis drei Jahre organisiert die 80-jährige Mia Hornen die Zusammenkunft. Ursprünglich waren es einmal über 60 junge Frauen, die gemeinsam zur Schule gingen. Beim Klassentreffen im Stadtparkrestaurant sind noch gut 20 Damen anwesend. „Ein Teil ist verstorben, ein Teil ist weggezogen oder meldet sich nicht mehr“, erklärt Hornen.
Alle Frauen haben mit 14, 15 Jahren die Schule beendet und sind heute alle in etwa 80 Jahre alt. Viele wohnen immer noch in Uerdingen und haben auch außerhalb der Klassentreffen noch Kontakt. „Dieses Wiedersehen ist immer wunderschön“, sagt Hornen. Anfangs waren es die Kinder, über die man geredet hat, später die Enkelkinder.
„Aber auch die sind irgendwann erwachsen, also reden wir jetzt wieder über die Schulzeit“, so Hornen. Obwohl die Damen sogar zu Kriegszeiten die Schule besuchten, seien die Erinnerungen trotzdem positiv. „Wenn Fliegeralarm war, sind wir in den Schulkeller gegangen, und dann wurde gesungen. Lernen konnten wir dann natürlich nicht“, erinnert sich Hornen. Die Gefahr habe sie als Kind aber noch nicht so wahrgenommen. Sie erinnert sich auch noch an einen gewissen Lehrer Blödsch, der gar kein echter Lehrer war, im Krieg aber trotzdem unterrichtete. „Nach dem Krieg stand der dann auf dem Markt und hat Schweine verkauft“, erzählt Hornen. Die Stimmung im Stadtparkrestaurant ist ausgelassen. Alle freuen sich über das Wiedersehen und das gemeinsame Essen. „Ich bin glücklich und zufrieden, dass ich immer eingeladen werde“, betont Ursula Dollbaum.
In den letzten Jahrzehnten habe das Klassentreffen schon in jeder Kneipe in Uerdingen stattgefunden, erzählt Hornen. Natürlich hat jede Dame eine andere Anekdote zur Schulzeit parat. So ist Irmgard Ilmer etwa das letzte Schuljahr besonders gut in Erinnerung geblieben. „Wir hatten eine sehr strenge Lehrerin, die uns auch mit dem Rohrstock geschlagen hat. Die ist dann krank geworden, und wir haben eine ganz junge und freundliche Lehrerin bekommen“, erzählt sie.
Diese junge Lehrerin habe es aber nicht leicht gehabt mit den Mädchen, weil sie ständig veräppelt wurde. „Die war uns aber nie böse.“ Marianne Noll hingegen weiß noch genau, was 1945 als Schulspeise serviert wurde. „Wir haben das Essen aus den Feldküchen der Amerikaner bekommen. Da gab es immer Suppe: Linsensuppe, Erbsensuppe, aber am leckersten fanden wir alle die Biskuitsuppe.“
Zu Weihnachten haben die Mädchen sogar Schokolade und Mandarinen geschenkt bekommen. „Das war etwas ganz Besonderes zu dieser Zeit, und wir haben die Süßigkeiten dann auch wirklich aufgehoben“, berichtet Noll. Und noch etwas ist ihr in Erinnerung geblieben, was man sich heute kaum noch vorstellen kann: „Nach dem Krieg mussten wir Holz oder Kohlen mit zur Schule bringen, um das kleine Öfchen in der Klasse zu befeu-ern.“
Der Kreis der Teilnehmer wird bei den Klassentreffen zwar immer kleiner, aber Gesprächsstoff immer genug geben. Und solange werden sie sich weiter treffen — einfach „weil es immer wieder schön ist“.