Dialog Baugebiet Wiesenhof ist heiß umstritten

Krefeld · Gut besucht war der Rundgang durch das geplante Baugebiet in Verberg – die Meinungen darüber gehen weit auseinander.

Über die Positionen der Parteien zum Baugebiet Wiesenhof konnten sich Interessierte informieren.

Foto: Mocnik/MARK MOCNIK

Zum ersten Mal bot die Anwohner-Initiative „Lasst dem Wiesenhof die Wiese“ einen öffentlichen Rundgang durch das geplante Baugebiet an. Pferde des benachbarten Gestüts Wiesenhof grasten am Samstagnachmittag dort auf den gepachteten saftigen Weiden. Eine Idylle bot sich den Besuchern im Karree von Nieper Sraße, Flünnertzdyk, Luiter Weg und dem Gestüt Wiesenhof. Hier sollen, wenn es nach den Plänen der Stadtverwaltung geht, ab 2023 auf einem Grundstück von 13,5 Hektar rund 390 Wohneinheiten mit mindestens 1000 Anwohnern entstehen. Diese Daten weist das Gewinnermodell eines Architektenwettbewerbs aus.

Entwässerungsprobleme und drohendes Verkehrschaos

Doch die Idylle trügt. Der Blick auf das bisherige Landschaftsschutzgebiet macht deutlich, weshalb Interessengruppen das Gebiet schützen sowie eine Bebauung verhindern und sich andere ansiedeln wollen. Das Sahneschnittchen in Stadtnähe bei attraktiver Lage im Landschaftsschutzgebiet ist schon jetzt heiß begehrt. Entsprechend groß war das Interesse an dem Rundgang. Auch die Verantwortlichen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und UWG folgten der Einladung, verdeutlichten ihre Einstellung zu dem umstrittenen Bauprojekt und diskutierten ausgiebig mit den Nachbarn.

Die unterschiedlichen Auffassungen kristallisierten sich schnell heraus. Die Anwohner-Initiative um die Initiatorinnen Nadja Kretschmer und Barbara Schweikart sprachen sich im Wesentlichen gegen die Neubebauung aus. Der Landschaftsschutz werde aufgehoben, Pferdekoppeln und Felder geopfert, und die beabsichtigte Bebauung sei nicht maßvoll. Hinzu kämen die schon von den Niepkuhlen bekannten Entwässerungsprobleme des Geländes und ein drohendes Verkehrschaos.

Politiker im Dialog mit Anliegern: CDU-Chef Marc Blondin (Mitte) daneben Initiatorin Barbara Schweikart, vorne die Grünen-Politiker Günter Föller und Heidi Matthias.

Foto: Mocnik/MARK MOCNIK

Kretschmer berichtet von einem gefährdeten Biotop hinter ihrem Haus, in dem Amphibien, Insekten und seltene Vogelarten wie Waldkauz und Sperber zu Hause sind. Allerdings sind die Initiatorinnen offen für eine kleinere Wohnansiedlung entlang der Wiesenhofstraße und hinter der Gärtnerei Blumenarten an der Nieper Straße.

Unterstützung finden die Damen nicht nur bei 3800 Mitstreitern, sondern in vollem Umfang auch bei den Vertretern der Grünen, bei OB-Kandidat Thorsten Hansen und der planungspolitischen Sprecherin Heidi Matthias. „Wir wollen das Projekt auf der grünen Wiese auf jeden Fall aufhalten“, sagte Hansen. Seit der ersten Planung habe sich bei Umwelt- und Klimaschutz so viel geändert, dass das Vorhaben nicht mehr zeitgemäß sei. Der selbstbewusste OB-Kandidat setzt auf einen wachsenden Einfluss seiner Partei: „Nach der Kommunalwahl werden wir andere Mehrheiten in der Stadt haben und diese auch geltend machen.“ Dabei gehe es nicht ums Verweigern, sondern um sachliche Gründe. Um nicht als Neinsager-Partei dazustehen, übergibt Matthias unserer Zeitung eine Liste mit 16 geplanten und von ihrer Partei unterstützten Bauvorhaben in Krefeld mit bis zu 2000 Wohneinheiten. Die größten davon sind Fischeln Plankerheide, Tackheide und Bockum an der Emil-Schäfer-Straße. Ablehnung bekundet auch die UWG, vertreten durch OB-Kandidat Andreas Drabben und Hans-Günther Schmitz. Die Straßen in Verberg seien nach dem deutlichen Zuwachs der letzten Jahre auf 4000 Anwohner „verkehrsmäßig dicht“. Alternativ schlagen sie vor, Fischeln Südwest und Hüls Südwest auszubauen.

Nachfrage nach Wohnraum
sei eindeutig vorhanden

Die SPD war – wie auch die FDP – beim Ortstermin nicht vertreten. Sie hat bisher, wie auch die Stadtverwaltung, die Ansiedlung befürwortet. Die Nachfrage nach Wohnraum speziell junger Familien sei eindeutig vorhanden. Für die CDU waren Landtagsabgeordneter und Kreisvorsitzender Marc Blondin und sein Stellvertreter im Vorsitz des Bürgervereins Traar erschienen. Sie tun sich schwer mit ihrer Doppelrolle in Partei und Bürgerverein, der sich gemeinsam mit den Verbergern gegen das geplante Neubaugebiet ausgesprochen hat. Blondin: „Die CDU hat von Anfang an deutlich gemacht, dass eine massive Bebauung wie im Architektenentwurf vorgesehen nicht in Frage kommt.“

Unter folgenden Voraussetzungen würde sie einer behutsamen Bebauung aber zustimmen: nur Zweite-Reihen- und Straßenrandbebauung an der Straße am Wiesenhof sowie eine aufgelockerte Bebauung auf den bereits versiegelten Flächen mit Abstand zum benachbarten Gestüt. Die Entscheidung sei „ergebnisoffen“ und könne auch zu einer Einstellung des Verfahrens führen.

Direkt betroffen ist das renommierte Gestüt Wiesenhof mit 45 Pferden. „Ohne die gepachteten Pferdekoppeln müssen wir den Betrieb möglicherweise einstellen“, befürchtet Betreiber Jürgen Flaskamp. „Hier wird ein Landschafts- und Wasserschutzgebiet einfach umgewidmet.“ Sein Versuch, die seit mehr als 30 Jahren gepachteten Flächen von der Eigentümerin Landschaftsverband Köln zu erwerben, sei mit einem Verweis auf den innerstädtischen Deal mit Krefeld abgelehnt worden – „ohne Ausschreibung“. Sein Vorwurf an die Stadtverwaltung: Sie sei „raffgierig“ und wolle durch Grundstückserwerb und Wiederverkauf Gewinne in Millionenhöhe erzielen.