Fridays for Future und ADFC Krefeld fordern mehr und bessere Radwege für Krefeld Leere Ladenlokale als Fahrradgaragen nutzen

Krefeld · Fridays for Future und der ADFC wollen die Krefeld wieder zur fahrradfreundlichen Stadt machen. Dazu gehören unter anderem Radwege nach niederländischem Vorbild.

 Björna Althoff (Fridays for Future) und Andreas Domanski (ADFC Krefeld) fühlen sich als Radfahrer in Krefeld teilweise diskriminiert.

Björna Althoff (Fridays for Future) und Andreas Domanski (ADFC Krefeld) fühlen sich als Radfahrer in Krefeld teilweise diskriminiert.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld, die fahrradfreundliche Stadt. Seit Anfang der 1990er Jahre ist die Stadt Mitglied in diesem Arbeitskreis, der zum Ziel hat, Krefeld als Fahrradstadt besser zu gestalten. 30 Jahre nach dem Start der Initiative mehren sich die Stimmen derer, die von Politik und Verwaltung ein Besinnen auf die Ziele dieser Initiative fordern. Mehr und bessere Radwege zum Beispiel. Zwei von ihnen sind Björna Althoff (Fridays for Future) und Adreas Domanski (Allgemeiner Deutscher Fahrrad Club Krefeld). Im Interview mit unserer Redaktion sprechen sich beide für eine Mobilitätswende aus und hoffen auf den „Mut der Entscheider“ in dieser Stadt.

Herr Domanski, wenn Sie den Begriff „Krefeld, fahrradfreundliche Stadt am Niederrhein“ hören, wie reagieren Sie darauf?

Andreas Domanski: Wenn man als Radfahrer in Krefeld unterwegs ist, klingt diese Aussage teilweise wie Hohn. Vor allem in den Außenbezirken, wo die Schlaglöcher noch zahlreicher sind als in der Innenstadt und die Ampelschaltungen den Autoverkehr weiter bevorzugt. Als Beispiel nenne ich den Radweg von Krefeld nach Tönisvorst. Diese Strecke ist seit 20 Jahren in einem erbärmlichen Zustand.

Frau Althoff, wie kann man das ändern?

Björna Althoff: Man muss sich ja einfach fragen, welche Gegebenheiten die Straßen fahrradfreundlicher machen. Ein Aspekt dabei ist sicherlich, dass der Rad- vom Autoverkehr bestmöglich getrennt wird. In Krefeld gibt es leider kaum Straßen, in denen das der Fall ist. Man hat häufig Schutzstreifen, die einfach nur Pinselstriche auf dem Asphalt sind. Einen Schutz bieten sie aber nicht. Sie befinden sich meist in dem Bereich, in dem Autofahrer ihre Türen öffnen, der so genannten Dooring-Zone. Von Radfahrern werden diese Door ways also eher als nötige Abstandsmarkierung angesehen und wir fahren auf dem Pinselstrich.

Radfahren in Krefeld ist also gefährlich?

Domanski: Das kann man so pauschal sicherlich nicht sagen. Es gibt schlechte Strecken, es gibt unangenehme Ecken. Das schreckt vorrangig aber die Menschen ab, die nicht alltäglich mit dem Rad unterwegs sind oder die, die es noch lernen müssen.

Helfen sollen Investitionen in das Radwegenetz. Was muss sich verändern?

Althoff: Es muss ein Umdenken stattfinden, in der Politik und der Verwaltung. Es gibt erste Anzeichen, dass das Thema mehr durchkommt. Aber eigentlich muss schneller reagiert werden. Die sogenannten Co-Benefits des Radfahrens, also die positiven Nebeneffekte müssen deutlich herausgestellt werden.

Welchen wären das konkret?

Althoff: Zum Beispiel die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit, im Speziellen die deutlich verminderten kardiovaskulären Erkrankungen und das verminderte Krebsrisiko. Radfahren ist aber auch klimafreundlich. Wir verbessern die Luft, es ist weniger lärmend. Zudem würden gute Fahrradstraßen und ein aufeinander abgestimmtes Wegenetz den Lebensraum Innenstadt enorm aufwerten. Dazu kommt, dass man innerstädtisch oftmals mit dem Rad schneller unterwegs ist als mit dem Auto; Bus oder Bahn.

Die Zahl der Radfahrer hat in Zeiten von Corona enorm zugenommen. Trotzdem braucht es auch immer Gesichter in einer Stadt, die solche großen Umbrüche vorantreiben. Würden Sie sich beispielsweise einen radfahrenden Oberbürgermeister wünschen?

Domanski: Definitiv. Es gibt ja auch schon Dienstpedelecs für Mitarbeiter der Verwaltung. Prominente Vorbilder sind immer wichtig.

Mehr Platz für Radfahrer würde auch bedeuten, dass andere Verkehrsteilnehmer weichen müssten.

Domanski: Ja, vor allem die parkenden Autos müssten gerade in der Innenstadt teilweise von den Straßen verschwinden. In Krefeld haben wir aber das Problem, dass die Parkhäuser eigentlich an den falschen Orten stehen. Statt am Rand der Innenstadt sind sie mittendrin. Das heißt, der Autoverkehr muss definitiv durch die Innenstadt fließen.

Auch Fahrräder müssen abgestellt werden. Wie ist Krefeld da aufgestellt?

Domanski: Das ist ein Problem. Teilweise dauert es Monate oder sogar Jahre, bis neue Abstellmöglichkeiten geschaffen werden. Das beste Beispiel ist der Nordbereich des Hauptbahnhofes. Dort gab es im vergangenen Jahr einen entsprechenden politischen Beschluss. Bislang konnte man sich vonseiten der Stadt aber mit der Bahn noch nicht auf eine Abstellvorrichtung einigen. Gerade in der Innenstadt haben wir enormen Bedarf.

Warum genau dort?

Domanski: Die Menschen, die in der Innenstadt arbeiten und nicht mit dem Auto zum Arbeitsplatz fahren, haben nicht viele Möglichkeiten, ihre Fahrräder vernünftig abzustellen. Hinzu kommt, dass die Räder immer wertiger werden und lohnende Beute sind.

Was ist Ihre Idee?

Althoff: In der Krefelder Innenstadt gibt es viel Leerstand. Warum sollte man diese Möglichkeiten nicht nutzen? Als Fahrradgaragen.

Jetzt hat der Oberbürgermeister 16 neue Fahrradstraßenbereiche für Krefeld angekündigt. Wie bewerten Sie die Pläne?

Althoff: Alle Maßnahmen, die das Radfahren in Krefeld verbessern, sind lobenswert. Wir würden uns natürlich noch mehr Fahrradstraßen wünschen, die auch entsprechende Vorteile für die Radfahrer mit sich bringen. Sprich: Klar definierter Beginn und Ende der Radstraße und gute Sichtbarkeit, vor allem durch Piktogramme auf dem Boden. Zudem sollten solche Straßen auch nicht durch Ampeln oder Stoppschilder immer wieder den Fluss auf der Strecke unterbinden.

Viel Aufmerksamkeit bekam zuletzt der Pop-up-Radweg auf der St.-Anton-Straße. Was steckt dahinter?

Althoff: Mit Pop-Up-Radwegen kann praktisch geprüft werden, wie sich ein neuer Radweg auf den Verkehr und die Zufriedenheit der Bürger auswirkt. Die St.-Anton-Straße bietet sich hier an, weil sie mit einem hohen Aufkommen an Durchflussverkehr, viel Lärm wenig öffentlichem Raum für fast jeden Krefelder eine Abwertung der Innenstadt bedeuten dürfte.

Die Aktion dauerte zwei Stunden. Können Sie sich vorstellen, Straßen auch für einen längeren Zeitraum neu aufzuteilen? Oder die Stadt anzuregen, solche Probestrecken anzulegen?

Domanski: Ja, das ist bereits in Planung. Es gibt einen entsprechenden Antrag der Grünen, dass die St.-Anton-Straße für den Rest der Sommerferien einen temporären Radweg erhält, wie wir ihn vor zwei Wochen aufgebaut haben.

Braucht es mehr solcher Aktionen, um die Krefelder für das Thema Radfahren zu sensibilisieren?

Domanski: Vielleicht ist der Leidensdruck noch nicht groß genug. In Berlin stirbt wöchentlich ein Radfahrer im Straßenverkehr. Davon sind wir in Krefeld zum Glück weit entfernt. In den Großstädten gibt es dafür mehr Anklang bei Initiativen und Protesten.

Wenn Sie mit drei Wünschen die Situation für Radfahrer in Krefeld schlagartig verändern könnten, welche wären das?

Althoff: Wichtig wären auf jeden Fall geschützte Radwege, sogenannte Protected Bike Lanes, auf denen Radfahrern genügend Raum gegeben wird.

Domanski: Da ist ganz klar der Wunsch nach einer besseren Orientierung für die Radfahrer. Eine einheitliche Farbe für jeden Radweg – rot, wie es beispielsweise die Niederländer machen. Und dann wünschen wir uns mutige Entscheidungen.

In welcher Art?

Domanski: Zum Beispiel die Friedrich-Ebert-Straße zu einer Fahrradstraße zu machen. Das wäre ein starkes Signal und auch ein richtig großer Wurf, um ein Umdenken für die Zukunft in dem gesamten Prozess anzustoßen.