Deutsche Bauzeitung „Farce“ ums Stadthaus: Fachzeitschrift erhebt Vorwürfe
Krefeld · Die Deutsche Bauzeitung schwärmt vom Glanz des Gebäudes, das die Stadt dem Verfall preisgegeben habe.
Die Stadt Krefeld hat das Stadthaus Krefeld herunterkommen lassen, indem sie jahrelang am Unterhalt gespart hat. Und nun kehrt die Verwaltung dem Gebäude von Egon Eiermann den Rücken, statt es denkmalgerecht instandzusetzen. Das wirft jetzt die Deutsche Bauzeitung, Deutschlands älteste Fachzeitschrift für Architekten und Bauingenieure, in ihrer Septemberausgabe der Stadt vor und spricht von einer „kultur- und finanzpolitischen Farce“.
Bereits Ende des vergangenen Jahres hatte der Rat sich gegen eine 80 Millionen teure Sanierung des als Stadthaus genutzten Verwaltungsgebäudes ausgesprochen – nach einem früheren Beschluss für die Sanierung. Dem endgültigen Verfall wollte man das unter Denkmalschutz stehende Gebäude Ende 2018 mit dem Hinweis auf potenzielle Interessenten als Investoren dennoch nicht preisgeben.
Einstiger Glanz des Gebäudes sei immer noch zu spüren
So weit hätte es nicht kommen müssen, meint Claudia Hildner, Autorin des Artikels. Denn mit dem beispielhaften 50er-Jahre-Bau und seiner öffentlichen Nutzung sei „eigentlich zusammengekommen, was zusammengehört“: Die Stadt habe sich nach dem Ende der Textil-Ära des Gebäudes angenommen und es Anfang der 80er-Jahre zum technischen Rathaus umgebaut. „Die weitere Nutzung und denkmalgerechte Instandsetzung hätten also von Geschichtsbewusstsein und einem tief verwurzelten baukulturellen Verständnis zeugen können. Hätten.“
In den weiteren Ausführungen schwärmt die Verfasserin vom einstigen Glanz der Architektur des Gebäudes, der immer noch zu spüren sei: Mit einem spielerischen Kontrast zwischen pompösem Entree und zurückhaltendem Ensemble mit großer Detailverliebtheit dahinter – besonders deutlich gemacht an den Fenstern von Fenestra-Crittall: „Nur etwa 400-mal produziert wurde das Bauteil, bei dem Rahmen, Beschläge, Schließmechanismen, ausstellbarer Sonnenschutz, Farbgebung und der Einbau mit flächenbündigem seitlichem Anschluss penibel durchdacht und auf die Gesamtwirkung kalkuliert wurden.“ Doch nun sei ein ÖPP-Verfahren durchgeführt worden, allerdings ohne abschließende denkmalrechtliche Erlaubnis, also mit einem Risikofaktor für die potenziellen Investoren.
Nicht beziffern lasse sich der Verlust, den sich die Stadt in Bezug auf ihr baukulturelles Selbstverständnis zuschreiben lassen muss. „Denn wer, wenn nicht die öffentliche Hand, ist als Vorbild dafür verantwortlich, wertvolles Kulturgut zu erhalten?“, heißt es. Für den Eiermann-Bau müsse man nun hoffen, dass sich ein privater Investor mit mehr Weitsicht findet – „möglichst, bevor das Stadthaus Krefeld zu marode ist, um noch gerettet werden zu können“.
„Beschämend und zugleich unendlich traurig“
Auch der Krefelder Architekt Alexander Littgen kritisiert den Umgang mit dem Gebäude: „Für uns Krefelder Architekten ist es beschämend und zugleich unendlich traurig. Leider befindet sich das Gebäude in einer langen Reihe von bedeutenden und stadtprägenden Bauwerken, die von Verwaltung und Politik aufgegeben wurden und offensichtlich nur außerhalb unserer Stadt gewürdigt, um die wir beneidet werden. Gerade im Bauhausjahr wird an anderen Orten wie zum Beispiel Weimar oder Dessau vorbildlich gezeigt, das nutzungsorientierte Sanierung und Denkmalschutz sich nicht ausschließen müssen.“ Die Architektur von Egon Eiermann sei ein großer Gewinn und ein Prestige für die Stadt. hmn