Ausstellung Krefeld ist jetzt ein Zentrum der Street Art
Krefeld · Im Bunker an der Hansastraße sind in den vergangenen Tagen 20 bemerkenswerte Arbeiten entstanden. Sie beschäftigen sich mit den Fragen von Schutz, Raum und Menschlichkeit. Die „Down Town Gallery“ gibt es bis zum 15. September, wie es danach weitergeht, liegt in der Hand eines Unternehmens.
Fredda Wouters, die künstlerische Leiterin der „Down Town Gallery“, hat für die Ausstellung im Bunker an der Hansastraße an die letzte Wand ein Schlusswort gemalt. Liest man ihren Text von oben nach unten, so lauten die letzten drei Verse: „Man kann Dinge nicht verändern/Es wäre eine Lüge, würde ich sagen/Es gibt Hoffnung.“ Darunter kann der Betrachter ein kleines Dreieck entdecken, das ihm signalisiert, den Text nun von unten nach oben lesen. Dann lauten die Verse: „Es gibt Hoffnung/Es wäre eine Lüge, würde ich sagen/Man kann Dinge nicht verändern.“
Dieser Wechsel von Optimismus und Hoffnungslosigkeit, von Standpunkt und Perspektive prägt die „Down Town Gallery“, die in der vergangenen Woche im Bunker entstanden ist und am Samstag eröffnet wurde. Die hiesigen und die internationalen Künstler haben mit ihren 20 Arbeiten ein Gesamtstraßenkunstwerk geschaffen, das ebenso bemerkenswert wie in der Region einzigartig ist.
Die „Down Town Gallery“ ist das dritte Projekt mit urbaner Kunst in Krefeld. Die Reihe begann 2015 am Hülser Bruch mit der „Wood Art Gallery“ und wurde 2017 in Uerdingen mit der „Rhine Side Gallery“ fortgesetzt. Waren die ersten beiden Projekte noch weitläufig und von der Natur geprägt, bilden diesmal Wände, niedrige Decken sowie die spür- und sichtbare Geschichte des Gebäudes den Rahmen.
Vor einer Woche waren die Wände am der Hansastraße noch kahl. Fredda Wouters traf die Künstler im Bunker und diskutierte mit ihnen, welche Ideen und Skizzen sie zum gemeinsamen Thema „Schutzraum für die Menschlichkeit“ mitgebracht haben. Aus den Gedanken und Entwürfen entwickelte sie in der nächsten Nacht eine Erzählung und gab den Künstlern dann passend dazu ihre Flächen im Bunker. So entstanden Dialoge zwischen den Arbeiten und den Arbeitenden. Die Besucher folgen dieser Erzählung, wenn sie sich am Eingang rechts halten und im Erdgeschoss gegen den Uhrzeiger laufen, bevor sie in die untere Etage wechseln.
Die Ausstellung beginnt pessimistisch und wegweisend. Edgar Müller hat eine große Welle geschaffen, die auf den Betrachter zurollt. Sie gibt einen ersten Eindruck eines wesentlichen Stilmittels in der „Down Town Gallery“, da das Bild nicht auf die Wand beschränkt ist, sondern sich auf den Boden ausdehnt und dadurch dreidimensional wird. Die russische Künstlerin Marya Kudasheva etwa will mit ihrem Arbeit zeigen, dass sie sich nicht für das Informationszeitalter gewappnet fühlt. Deshalb laufen Zahlen überall durch ihren Raum und klettern dort auch die Säulen wieder hoch. Andere Künstler haben Linsen vor ihre Arbeiten gestellt und zeigen mit Fußmarkierungen, wo die Betrachter stehen müssen, um den 3D-Effekt zu erleben.
Der Künstler Bener1 erreicht diese Wirkung in der tollsten Arbeit der Schau auf anderem Wege. An der Wand sind Wellblechhütten eines Townships in Südafrika zu sehen. Ein Stück davor hat Bener1 die Figur eines Kindes platziert, das auf Wellblech und Steinen steht. Das Bild erzählt in Schwarz-Weiß von der Armut, aber auch von der Hoffnung, die in gezielt gesetzten Farben und der Krone über dem Kopf des Kindes zum Ausdruck kommen.
Ein schönes Beispiel für die Dialoge zwischen den Künstlern und zwischen Künstler und Ort ist die Arbeit von Case Maclaim. Er brauchte für sein Bild ein Model und fragte den Künstler neben sich. Als Figur im Bild hält er sich eine Bombe mit brennender Lunte ans Ohr. Alles stehe so unter Druck, als würden wir alle nur auf den Knall warten, sagt Maclaim zu seiner Intention. Es herrscht wieder ein Bunkergefühl.
Die „Down Town Gallery“ wird es bis zum 15. September geben. Was danach mit den Arbeiten geschieht, ist offen, da der Bunker nicht der Stadt, sondern einem Unternehmen gehört. Wer die sieben Wochen bis dahin nutzen will, um die Schau zu sehen, dem wird es zumindest ein bisschen leicht gemacht, sie zu finden. Vom Hauptbahnhof führt eine Aufkleber-Spur zur Ausstellung. Sie besteht aus Farbrollen, Spraydosen und Pinseln.