Denkmal Klärwerk-Sanierung hat begonnen
Krefeld · Besitzer und Verein wollen das Denkmal für weitere 100 Jahre konservieren
Es ist einer dieser verlassenen Orte, an denen man die Vergangenheit immer noch sehen, riechen und fühlen kann. Das alte Klärwerk in Uerdingen, mehr als 111 Jahre alt und schon seit 1962 außer Betrieb, ist so eine Stätte, die ihre Anziehungskraft auf so manchen Krefelder noch längst nicht verloren hat. Und diese Attraktion soll bleiben. Das Betriebsleiterwohnheim wird derzeit gepflegt und saniert, um es für ein Büro zu nutzen. Landesgelder aus der Denkmalförderung sind dafür schon geflossen. Das Dach, die Decken, die Fußböden und die Fenster werden aufwendig repariert, das Holz der Fenster soll mit Leinöl bestrichen werden, was eine lange Lebensdauer versprechen soll. In den nächsten vier Jahren soll mindestens eine Million Euro in die Sanierung und Reparatur der ehemaligen Reinigungsanlage gesteckt werden, auch in die Klärhalle, sagt Christoph Becker, einer von vier Mitgliedern einer Besitzer-Gruppe, die das Haus 2018 an sich genommen hat. „Wir wollen die Struktur erhalten, so dass sie weitere 100 Jahre besteht.“ Die Arbeiten haben nun also begonnen.
Erinnerung an die letzten
Jahres des Kaiserreichs
Das Klärwerk, das ist ein historisches Bauwerk aus reinem Eisenbeton. Eine Erinnerung an eine andere Zeit. Die letzten Jahre des Kaiserreiches, bevor der Erste Weltkrieg eine Zeitenwende einläutete. Ein Beispiel der Ingenieurskunst mit seiner geschwungenen Architektur des späten Jugendstils. Ohne Stütze im Innern kommt das Gebäude bis heute aus. In den nächsten Jahren soll auch das Klärhaus in großem Umfang saniert werden, die „Struktur bewahrt werden“, wie es Becker sagt. „Es war in seiner Entstehung eines der modernsten Gebäude damals“, sagt er. Der Krefelder spricht von einem „national wertvollen Denkmal“, das da bis vor wenigen Jahren ein Schattendasein führte und heute eher einer Ruine gleicht.
Damals jedoch, in den Nullerjahren des anbrechenden 20. Jahrhunderts, habe man dort einen „Palast der Hygiene“ errichtet, steht auf der Internetseite des Bauwerks geschrieben. Funktional und doch ästhetisch – so war es konzipiert worden beim allmählichen Übergang in die Moderne. Das Betontragwerk soll dabei am Anfang der Arbeiten stehen. Irgendwann, in ein paar Jahren, soll das alte Haus dann für Kulturveranstaltungen, eine breite Öffentlichkeit geöffnet und Einnahmen sollen generiert werden. Seit dem 13. September ist es digital beim „Tag des offenen Denkmals“ zu sehen sein. Auch soll hier ein Abwasser-Museum der Unesco entstehen, wie es bereits im Mai hieß.
Kritik am Umgang mit der Krefelder Industriekultur
Die vier Eigentümer Christoph Becker, Klaus Korbmacher, Till Preis und Andreas Stöneberg, aber auch der „Verein zum Erhalt des historischen Klärwerks in Krefeld Uerdingen“, setzen sich für die Konservierung ein. „Das ist eine ziemliche Aufgabe nach den langen Jahren des Leerstands“, sagt Christoph Becker. Im Mai war außerdem bekannt geworden, dass allein bis zu 450 000 Euro aus Bundesmitteln zur Verfügung gestellt worden sind. Becker und seinen Mitstreitern liegt aber noch mehr an Krefelds ehemaligen Industrieanlagen. Er kritisiert die neuerrichteten Gebäude auf den freigeräumten Flächen: „Lieblose Neubauten treten dann Fremdkörpern gleich an diese Stellen und in den Vordergrund“, schreibt er in einer Stellungnahme. Doch gerade die Baukultur sei der „Zement dieser Stadt.“ Ikonen, Industrieruinen, würden in Krefeld „vernichtet oder entkernt“, so Becker weiter. „Sie werden nicht als Landmarken konserviert, sie verfallen oder werden gleich abgerissen.“ Das sei „fatal für das industriekulturelle Erbe der Stadt.“ Als Beispiele für vom Abriss bedrohte Gebäude nannte er die alte Mühle an der Drehbrücke im Rheinhafen, die Müncker-Gebäude an der Werft. Industriekultur müsse dringend in das städtebauliche Konzept einfließen, fordert Christoph Becker.
Das Klärwerk Uerdingen soll ein Gegenbeispiel werden, wie man es besser macht. Auch in 100 Jahren soll man die Geschichte Krefelds noch in der Architektur wiedererkennen.