Fünf-Zentner-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg So lief die Evakuierung der Senioren-Residenz

Krefeld · Trotz der angespannten Lage zeigen Personal und Bewohner Sinn für Humor. Und auch die Rettungskräfte sorgen mit ihrer charmanten Art dafür, dass die Sorgen bei den Bewohnern nicht zu groß werden.

 Mit Bussen und Rettungswagen wurden die Bewohner von der Bellini-Senioren-Residenz abtransportiert.

Mit Bussen und Rettungswagen wurden die Bewohner von der Bellini-Senioren-Residenz abtransportiert.

Foto: WZ

In der Senioren-Residenz Bellini an der Straße Am Schirkeshof 6 ist die Lage auch gegen 18.20 Uhr noch ruhig. Kräfte von Feuerwehr und Malteser organisieren die Evakuierung der Einrichtung, stehen über Funk in ständigem Austausch mit den anderen Kräften, die unter anderem am Schulzentrum Horkesgath im Einsatz sind. „Seid ihr aufnahmebereit“, lautet die Frage ins Funkgerät. „Ok, dann schicken wir die ersten beiden Busse zu euch rüber.“

Wer in diesen Bussen sitzt, hat Sandra Trispel mitorganisiert. Die Leiterin der Senioren-Residenz hat am Dienstag bereits gegen 14.30 Uhr durch die Feuerwehr vom Bombenfund bei Baggerarbeiten auf dem Gelände der SWK erfahren, erhielt seither immer wieder neue Informationen. Aus ihrem Haus sind 78 Bewohner betroffen, zwei davon wurden bereits frühzeitig von Angehörigen abgeholt und zur offiziellen Anlaufstelle, dem Schulzentrum Horkesgath, gebracht. Darunter auch ein 91-jähriger Bewohner, der an Demenz erkrankt und nicht mehr sehr gut auf den Beinen ist. Seine Angehörigen wünschten sich gegen 17.45 Uhr auf dem Parkplatz des Schulzentrums weiterführende Informationen, die von den anwesenden Kräften von Polizei, KOD und Rettungsdiensten auf Nachfrage aber nur spärlich gegeben werden konnten.

Mitarbeiter behalten die Ruhe, um keinen zu verunsichern

Die Polizei sperrte den betroffenen Bereich – hier an der Kreuzung St. Töniser- und Gatherhofstraße – weiträumig ab.

Die Polizei sperrte den betroffenen Bereich – hier an der Kreuzung St. Töniser- und Gatherhofstraße – weiträumig ab.

Foto: WZ

Auf dem Gelände der Senioren-Residenz gibt es gegen 18.30 Uhr noch Zeit für Späße. „Wir warten auf den Bus“, heißt es im Eingangsbereich, wo sich einige Bewohner und Teile der Belegschaft aufhalten. Lautes Lachen ist die Folge. Tatsächlich stehen an der Straße bereits zwei SWK-Busse bereit. „Evakuierungsbusse“ ist auf ihnen zu lesen. In ihnen sollen große Teile der Bewohner zum Schulzentrum an der Horkesgath gefahren werden. Sandra Trispel hat den Einsatzkräften die Details genannt: Welche Bewohner sind bettlägerig, welche auf einen Rollstuhl angewiesen. Aus einem weißen Kastenwagen, der mobilen Einsatzzentrale, wird vor Ort organisiert, wer wie wohin transportiert wird.

„Manche Bewohner aus unserem Haus werden für die Zeit des Einsatzes im Comunita Seniorenhaus an der Moerser Straße untergebracht“, erklärt Trispel im Gespräch. Sie werden von ihren gewohnten Bellini-Fachkräften begleitet und betreut. Trispel lobt ihr Team: „Ich habe das Personal aus der Frühschicht zurückgeholt, sogar aus dem Urlaub sind Mitarbeiter gekommen, um zu helfen.“ Sie weiß, dass das keine Selbstverständlichkeit ist, entsprechend stolz ist sie auf ihr Team.

Auch für das Personal der Senioren-Residenz ist der Einsatz ein organisatorischer Kraftakt. Welche Medikamente müssen den Bewohner mitgegeben werden, welche Verpflegung ist notwendig? Bei all dem Blaulicht und Martinshörnern Ruhe auszustrahlen, um die Bewohner nicht zusätzlich zu verunsichern, gehört in diesem Augenblick mit zu ihren wichtigsten Aufgaben. Denn bei dem Wort Bombe kämen bei vielen Bewohnern Erinnerungen an den Krieg wieder hoch. Doch auch die ehrenamtlichen Helfer von Johannitern, Deutschem Roten Kreuz und Maltesern sorgen mit ihrer freundlichen Art dafür, dass die Sorgen der älteren Menschen nicht zu groß werden. Die Helfer sind gegen 19 Uhr für den Transport der bettlägerigen Bewohner zuständig, die mit Blaulicht in das Comunita Seniorenhaus gebracht werden sollen.

Währenddessen meldet Feuerwehr-Sprecher Christoph Manten, dass die Evakuierung der anderen Häuser im Umkreis von rund 300 Metern zur Fundstelle im vollen Gange sei, 980 Personen sind betroffen. Ziel sei es, gegen 20.30 Uhr dem Kampfmittelräumdienst grünes Licht geben zu können, damit dieser seine Arbeit aufnehmen kann.

Sandra Trispel stellt sich mit ihren Bewohnern auf eine lange Nacht ein: „Wir rechnen damit, dass es weit nach Mitternacht werden wird, bis die Bewohner wieder zurückkehren können.“