„Viele Kunden hinters Licht geführt“ Unseriöser Vertrieb? Neue Vorwürfe gegen die Stadtwerke Krefeld

Krefeld · Erneut gibt es scharfe Kritik an den Stadtwerken Krefeld. Kunden anderer Energieversorger würden hinters Licht.

Die Stadtwerke in Krefeld werben auch andernorts um Kunden. Das kommt offenbar nicht überall gut an.

Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn/Andrea Warnecke

Die Beschwerden sind nicht neu, aber sie kommen von neuer Seite. Vor zwei Jahren hatten sich mehrere Stadtwerke-Kunden aus München über vermeintlich unseriöse Vertriebswege der Stadtwerke Krefeld in der bayerischen Landeshauptstadt beklagt. Etwa 80 Kunden gingen den Bayern dadurch wöchentlich verloren. Jetzt kommen neue Beschwerden aus Wunstorf bei Hannover über den städtischen Energieversorger aus dem 280 Kilometer entfernten Krefeld. In der dort auch in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ groß aufgegriffenen Thematik beschwert sich Stadtwerke-Geschäftsführer Henning Radant: „Wir erleben zurzeit einen sehr unseriösen und unfairen Vertriebsauftritt der Stadtwerke Krefeld in Wunstorf.“

Demnach würden sich Vertriebsmitarbeiter in Wunstorf als Mitarbeiter der Stadtwerke ausgeben und die Kunden glauben lassen, es handele sich um „Mitarbeiter von den hiesigen Stadtwerken Wunstorf mit einem Routinebesuch“. Erst nach einer gewissen Zeit stelle sich heraus, dass sie aus Krefeld kämen. „Allein Name, Adresse und Zählernummer reichen für einen ungewollten Wechselprozess aus. Es melden sich zurzeit viele Kunden, die hinters Licht geführt wurden. Bei denen wurde ohne ihr Wissen ein Vertragswechsel nach Krefeld eingeleitet“, beklagt der Energiemanager aus Wunstorf in einem Schreiben gegenüber unserer Zeitung. Das Konzept: Die Stadtwerke Krefeld böten „günstigere Preise an als in Krefeld, da sie frisch Energie an der Börse“ gekauft hätten. Und, so folgert der Ankläger aus Niedersachsen: „Die Kunden in Krefeld müssen dafür die Zeche mit weitaus höheren Preisen zahlen.“ Aus Wunstorf heißt es, man gehe solche „unseriösen Vertriebswege nicht“, behandele alle Kunden „gleich und fair“. Und weiter: „Wir finden es schade, dass auf diese Art und Weise Vertrauen missbraucht wird und auf Kosten der Kunden in Krefeld Neukunden gewonnen werden.“ Die Kollegen aus Krefeld bezeichnet Radant als Drückerkolonne.

Stadtwerke Krefeld weisen die Vorwürfe als nicht haltbar zurück

Auf Nachfrage weisen die Stadtwerke Krefeld (SWK AG) die Vorwürfe zurück. „Die Unterstellungen über getätigte Falschaussagen, also Aussagen über eine Verbindung zu den örtlich ansässigen Energieversorgern weisen wir ausdrücklich zurück“, sagt Michael Paßon, Leiter Konzernkommunikation SWK AG. Die Vertriebspartner seien geschult und könnten sich „stets ausweisen und damit die Vermarktung unserer Produkte legitimieren“, so Paßon. „Hier wird auch eindeutig auf die SWK Energie GmbH als Produktgeber verwiesen, um Missverständnissen möglichst vorzubeugen.“ Es gebe eine Qualitätskontrolle und eine „separate Checkliste“, in der ein Anbieterwechsel mehrfach betont würde. Diese Qualitätskontrolle werde auch unterschrieben. Denn versehentlich abgeschlossene Verträge, so Paßon, „machen uns nur Arbeit, keine Freude“.

Die SWK beliefern tatsächlich bundesweit viele Kunden mit Energieprodukten. Paßon nennt es ein „langjähriges überregionales Engagement“ und eine „erfolgreiche Expansionsstrategie“. So würden rund 80 Prozent aller Kunden der SWK, die gerade erst für das vergangene Geschäftsjahr enorme Gewinne vermelden konnten, außerhalb von Krefeld mit Energie beliefert. Vertriebspartner seien dabei „wirtschaftlich und rechtlich selbstständige Unternehmen“. Wettbewerbswidrige Aussagen seien trotzdem kein Thema.

Lokale Grundversorger und Stadtwerke im Wettbewerb

Verständnis für die Beschwerden aus Wunstorf haben sie in Krefeld nicht. Entscheidungen des Managements würden in der Energiewirtschaft „schnell sicht- und spürbar“, sagt Paßon und wird leicht zynisch. „Insofern verstehen wir natürlich, wenn Druck ein Ventil sucht. Die Forderung nach der Aussetzung wettbewerblicher Prinzipien verwundert uns dann aber doch.“ Stadtwerke und lokale Grundversorger stünden im Wettbewerb, seit 1998 der Energiemarkt liberalisiert worden sei. Seither ist Konkurrenz gewollt. Auch die SWK, argumentiert Paßon, stünden in Krefeld im Wettbewerb mit rund 200 hier tätigen Energieversorgern oder Stadtwerken. „Dem stellen wir uns, das ist die Realität“, sagt Paßon. Auch den Wunstorfer Vorwurf, Kunden aus Krefeld müssten unter Neukunden aus Wunstorf leiden, will Paßon entkräften: „Tatsächlich ist dies eine haltlose Unterstellung ohne jegliche Sachbasis.“ Die Preise und Sondervertragsangebote für Neukundenverträge seien in Krefeld und überregional auf „vergleichbarem Niveau“. Trotzdem könnten sich die Preise etwa durch „ortsspezifische Kostenbestandteile wie die Netznutzungsentgelte erheblich unterscheiden“. Diese Kostenbestandteile seien für alle Versorger im entsprechenden Gebiet gleich.

Die SWK betont ihre langfristige Beschaffungsstrategie, dadurch würden kurzfristige Markt- oder Preisausschläge geglättet und „nicht unmittelbar an die Endkundenpreise weitergegeben“, erklärt der Konzernsprecher. „Dies gilt für unsere Kunden in Krefeld gleichermaßen wie für unsere überregionalen Kunden.“ Kunden in Krefeld würden nicht benachteiligt. „Im Gegenteil engagieren wir für uns in und für Krefeld im besonderen Maße.“

Die Verbraucherzentrale NRW hatte das Haustürgeschäft im Telefon- oder Energiegeschäft hingegen bereits vor zwei Jahren deutlich kritisiert. Verträge seine besser nie am Telefon oder an der Haustür abzuschließen. Auch folgte seinerzeit der Hinweis, dass man bei Haustür-Verträgen ein Widerrufsrecht habe.