Insolvenz scheint immer wahrscheinlicher KFC: „Eine Absichtsbekundung ist in der jetzigen Situation nicht ausreichend“

Interview | Krefeld. · Thomas Ellrich, vorläufiger Insolvenzverwalter des KFC, sieht derzeit keine positive Perspektive für den Verein, dem es an vielen Ecken und Enden an Geld fehlt, um offene Rechnungen begleichen zu können. Er rechnet damit, dass im April das Insolvenzverfahren eröffnet wird.

Laut Thomas Ellrich verfügt der KFC über zu wenig Liquidität, um die Insolvenz abwenden zu können.

Foto: Stefan Warter

Seit dem 28. Januar kümmert sich Thomas Ellrich aus der Anwaltskanzlei Voigt Salus als vorläufiger Insolvenzverwalter um die Finanzen des angeschlagenen Fußballvereins KFC Uerdingen. Mehr als anderthalb Monate hat er die Einnahmen und Ausgaben des Vereins eingehend geprüft und kommt jetzt zu dem Ergebnis, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wohl unumgänglich ist.

Herr Ellrich, verfügt der KFC über ausreichend Mittel oder muss ein Insolvenzverfahren eröffnet werden?

Thomas Ellrich: Ich gehe davon aus, dass das für uns zuständige Amtsgericht das Verfahren am 1. April eröffnet wird. Noch kenne ich die Gesamtpassivseite des Verfahrens nicht. Wir haben viele Rückmeldungen von Gläubigern erhalten, aber noch nicht von allen.

Offensichtlich gibt es aber nicht ausreichend Geldeingänge auf dem Konto?

Ellrich: Das ist richtig. Ich habe alle Beteiligten darauf hingewiesen, dass wir bis Mitte März die benötigte Liquidität zur Verfügung haben müssen, um das Insolvenzverfahren abwenden zu können.

Wie ließe sich die Insolvenz noch abwenden?

Ellrich: Nur dann, wenn die Insolvenzanträge zurückgenommen oder als erledigt erklärt werden. Dann ist der Antrag nicht mehr Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens. Alternativ ist so viel Geld vorhanden, dass ein Insolvenzgrund ausgeschlossen werden kann, so dass keine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit mehr vorliegt. Im Verein müsste dazu mehr Vermögen als Gesamtverbindlichkeiten vorhanden sein, um alle offenen Rechnungen bezahlen zu können. Derzeit gibt es zwei voneinander unabhängige Insolvenzanträge (von Finanzamt und AOK, Anm. d. Red). Ich kann nicht erkennen, dass die Überschuldung sowie die eingetretene Zahlungsunfähigkeit noch rechtzeitig beseitigt werden können.

Vom Verein hieß es, KFC-Berater Mehmet Eser habe Ihnen zugesichert, den Spielbetrieb bis Saisonende aufrechterhalten zu wollen und, falls nötig, die Gehälter der Angestellten des Vereins auch für die Monate April, Mai und Juni, für die es kein Insolvenzgeld gibt, zu übernehmen...

Ellrich: Hier geht es dann um die Finanzierung des Spielbetriebs nach einer Insolvenzeröffnung. Bislang habe ich dafür ausschließlich mündliche Zusicherungen bekommen, dass finanzielle Beiträge geleistet werden sollen. Eine Absichtsbekundung ist in der jetzigen Situation allerdings nicht ausreichend. Deshalb hatte ich darum gebeten, auch diese bis Mitte März mit Liquidität zu unterlegen. Das heißt aber nicht, dass wir nicht noch ein oder zwei Wochen Zeit haben, den Worten Taten folgen zu lassen.

Das heißt, Sie brauchen das Geld auf dem von Ihnen verwalteten Konto?

Ellrich: Wenn das Insolvenzverfahren am 1. April eröffnet werden sollte, kann der Spielbetrieb nur dann aufrechterhalten werden, wenn der Insolvenzverwalter die Finanzierung der Gelder sichergestellt hat. Von daher ist es wichtig, dass die benötigte Liquidität zur Aufrechterhaltung des Spielbetriebs so früh wie möglich zur Verfügung steht.

Seit längerem steht ein Engagement von Mercedes Herbrand im Raum. Inwieweit würde das Sponsorengeld helfen?

Ellrich: Wir benötigen Geld für die Aufrechterhaltung des Spielbetriebs bis Saisonende und gleichzeitig Mittel für eine Entschuldung im Rahmen einer Insolvenzplansanierung. Das geht nur mit Sponsorengeldern, auf die wir dringend angewiesen sind, insbesondere auch um die Gehälter der Mitarbeiter zu bezahlen. Denn ab dem 1. April 2025 steht uns kein Insolvenzgeld mehr zur Verfügung. Der letzte Spieltag ist zwar im Mai, die Saison geht aber bis zum 30. Juni 2025. Entsprechend haben wir allein je drei Monatsgehälter für Spieler und Mitarbeiter des Vereins, denen im Moment keine korrespondierenden Einnahmen gegenüberstehen. Daher brauchen wir starke Partner, um die Saison zu Ende spielen zu können und darüber hinaus jemanden, mit dem man den Verein entschuldet und im kommenden Jahr bestenfalls in die neue Saison startet.

Wie ist der weitere Ablauf – auch in Verbindung mit dem Amtsgericht?

Ellrich: Ich bin derzeit nicht nur als vorläufiger Insolvenzverwalter mit der Sicherung des Vermögens beauftragt, sondern gleichzeitig zum Gutachter bestellt worden, um ein Insolvenzgutachten zu erstellen. Dieses Gutachten werde ich voraussichtlich bis Anfang kommender Woche fertiggestellt haben und beim Amtsgericht einreichen. Das trifft dann auf Grundlage meines Gutachtens eine Entscheidung.

Wie lange dauert das Ihrer Erfahrung nach?

Ellrich: Das dauert in der Regel ein paar Tage. Ich gehe davon aus, dass wir noch in diesem Monat eine Entscheidung des Amtsgerichts Krefeld haben.

Was passiert, wenn das Insolvenzverfahren formell eröffnet wird?

Ellrich: Mit dem Eröffnungsbeschluss würde das Insolvenzgericht gleichzeitig einen Termin für die Gläubiger-Versammlung bestimmen. Diese muss in der Regel innerhalb von drei Monaten nach Verfahrenseröffnung stattfinden. Und darin entscheiden die Gläubiger über den Fortgang des Insolvenzverfahrens. Bis dahin können die Gläubiger des Vereins aber auch schon ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anmelden. Operativ hat der Insolvenzverwalter zu entscheiden, ob er den Spielbetrieb aufrechterhalten kann oder aber einstellen muss. Das sind die beiden richtungsweisenden Entscheidungen, die relativ schnell nach Insolvenzeröffnung folgen.

Welchen Einfluss hat das Verfahren auf die Ämter und Funktionen im Verein?

Ellrich: Keine. Das Insolvenzverfahren ist ein Gläubigerverfahren und insofern unterliegt alles, das einen Vermögensbezug im Verein hat, dem Insolvenzrecht und der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters. Auf alles, was demgegenüber keinen unmittelbaren Vermögensbezug hat, hat der Insolvenzverwalter keinen Einfluss. Es können also auch Mitgliederversammlungen einberufen und durchgeführt werden, neue Vorstände und Verwaltungsräte bestellt werden.

Für Dienstagabend ist genau eine solche Versammlung geplant, sie muss also nicht abgesagt werden?

Ellrich: Ich bin ein Freund davon, Mitgliederversammlungen stattfinden zu lassen, wenn Entscheidungen getroffen werden können über Konzepte, die final ausgereift sind. Aus meiner Erfahrung würde ich empfehlen, die Mitglieder erst über Personalien abstimmen zu lassen, wenn man weiß, in welche Richtung sich der Prozess entwickelt. Ich habe die Beteiligten deshalb darum gebeten, die Mitgliederversammlung erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden zu lassen. Denn dann wissen wir genau, was Sache ist und welche Möglichkeiten es gibt, über die die Mitglieder dann entscheiden können. Die gegenwärtige Situation ist mit zu vielen Unsicherheiten verbunden.

Ihr Wunsch stieß offenbar nicht auf offene Ohren...

Ellrich: Natürlich kann ich die handelnden Personen verstehen, weil der Wunsch nach einer Mitgliederversammlung schon länger formuliert wurde und es relativ lange keine gegeben hat. Es gibt sicher viele Themen, die bei dieser Gelegenheit besprochen werden können. Aber jeder, der sich finanziell im Verein engagieren will, hat verständlicherweise Vorstellungen, was die handelnden Personen im Verein angeht. Er wird seine Investitionsentscheidungen auch davon abhängig machen, wer sich im Verein in einer Führungsrolle befindet. Es sollte im Moment daher nicht um Organbestellungen oder Auswechslungen eines Verwaltungsrates gehen, wenn wir nicht wissen, wohin die Reise geht. Es bringt wenig, die Mitglieder am Dienstag über Personalien abstimmen zu lassen und dann im Zweifel in vier bis sechs Wochen diese Positionen wieder neu zu besetzen.

Mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens werden dem Verein neun Punkte in der Regionalliga-Tabelle abgezogen. Informieren Sie den Verband?

Ellrich: Der Verband ist selbst sehr aktiv, hatte am ersten Tag meiner Bestellung bereits den Kontakt gesucht. Im Falle der Insolvenzeröffnung wird es unmittelbar eine Bekanntmachung durch das Amtsgericht geben, über die ich den Verband selbstverständlich informieren werde.

Wie können die Fans dem Verein in der aktuellen Situation helfen?

Ellrich: Wir würden uns über mehr Fans und Gäste freuen, die zu den Heimspielen kommen. Jeder zusätzliche Zuschauer ist wichtig für den KFC. Denn jeder hilft ein Stück weit, die Situation zu verbessern, insbesondere wenn es Spiele sind, die einen Hochsicherheitsaspekt haben. Denn dann fallen, um das Sicherheitskonzept zu erfüllen, so viele Kosten an, dass es nicht reicht, wenn nur 1500 Zuschauer im Stadion sind.