Analyse Was die Corona-Krise mit dem Krefelder Einzelhandel macht

Krefeld · Die Corona-Pandemie hat auch den Handel in Krefeld hart getroffen. Doch wie werden die Folgen der Krise eingeschätzt? Ein Überblick.

Es sind wieder mehr Menschen in der Stadt unterwegs. Doch gekauft wird deutlich weniger als vor der Corona-Krise.

Foto: Andreas Bischof

Wer in diesen Tagen Christoph Borgmann und Markus Ottersbach trifft, würde eine gedrückte Stimmung erwarten. „Ja, wir haben mit der Corona-Pandemie einen ordentlichen Schlag vor den Bug bekommen“, sagt Borgmann, Vorsitzender der Werbegemeinschaft Krefeld und Geschäftsführer von Intersport Borgmann, auch gleich zu Beginn. Aber: „Die Krefelder Einzelhändler kämpfen und finden kreative Wege, mit der Krise umzugehen.“ Und Ottersbach, Geschäftsführer des Handelsverbands Krefeld, Kempen, Viersen, ergänzt: „Krefeld steht von der Struktur her im Vergleich zu ähnlich großen Städten recht gut da. Es gibt einen hohen Anteil an inhabergeführten Läden, deren Chefs sich extrem für diese Stadt einsetzen.“ Also: eher Aufbruch, Kampf und Kreativität statt Depression.

Was macht Corona mit dem Krefelder Einzelhandel?

Der Krefelder Einzelhandel mit seinen 600 Läden im erweiterten Innenstadtbereich wird die Corona-Pandemie schon deutlich zu spüren bekommen, darin sind sich beide Handels-Experten einig. „Niemand weiß, wie es in den kommenden Monaten weitergeht. Im schlimmsten Fall müssen die Geschäfte wieder schließen“, sagte Ottersbach unlängst. Die Ergebnisse aktueller Umfragen seien ernüchternd. „Beim Umsatz werden den Geschäften am Jahresende im Schnitt mindestens 20 bis 25 Prozent fehlen“, so der Geschäftsführer des Handelsverbandes. Das könnten nicht alle verkraften.

Was stimmt die Werbegemeinschaft und den Handelsverband optimistisch?

„Krefeld behauptet sich als Oberzentrum, auch neben Düsseldorf“, sagt Ottersbach. Zuletzt habe es zudem nicht nur Schließungen gegeben, „sondern auch Neuansiedlungen wie ,Olymp & Hades‘ und der Herrenausstatter Kigili, der an der Königstraße eröffnen wird“, ergänzt Borgmann. Die Krise zeige auch, dass eher die Großen straucheln und die, die schon vor der Krise schwach gewesen seien. Borgmann: „Die Kleinen kämpfen und finden kreative Wege.“ Natürlich hätten die schnellen Hilfen von Bund und Land sowie die Kurzarbeiterregelung geholfen und Mut gemacht. Aber vor allem hätten die Stammkunden den Einzelhändlern Auftrieb gegeben. „Corona hat uns allen gezeigt was passiert, wenn in einer Innenstadt nichts mehr los ist“, sagt Borgmann. „Das möchte keiner, und das hat zu einem Umdenken geführt“, hat er beobachtet. Die Kunden setzten verstärkt auf Qualität und Wertigkeit. Und: „Sie haben uns gezeigt: Ihr seid uns nicht egal.“ Das helfe zwar nicht unmittelbar in der Kasse, mache aber Mut, auch den Mitarbeitern. Ein weiterer Punkt: die Initiative heimatshoppen.kr, die die Stadt, die IHK, die Wirtschaftsförderung und das Stadtmarketing unterstützt haben. Sie verschaffe den Geschäftsleuten auch in der Krise über Social-Media-Kanäle Kundenkontakte. Damit habe man neue Kunden erreicht, so Borgmann. Der Liefer- und Abholservice habe gut geklappt. Ottersbach: „Corona ist der allerletzte Weckruf für jeden Einzelhändler, sich mit den Chancen des Internets zu beschäftigen.“

Warum ist das Image der Krefelder Innenstadt nicht so gut?

„Viele, vor allem ältere Krefelder, vergleichen die Innenstadt mit der, wie sie vor 30 Jahren war. Natürlich war da vieles besser. Es gab mehr Geschäfte“, erklärt der Handelsverbands-Geschäftsführer. Man müsse aber vielmehr einen Vergleich zwischen ähnlichen Städten heute führen. Und da müsse sich Krefeld nicht verstecken.

Was braucht die Krefelder Innenstadt?

„Wir brauchen eine Konzentration in der Innenstadtentwicklung. Es geht im Kern um den Bereich St. Anton-Straße, Ostwall, Marktstraße und Breitestraße sowie zu diesem Kernbereich hin- und wegführende Straßen“, sagt Ottersbach. Das sei eine vernünftige Größe, um einen guten Mix aus Handel, Gastronomie und Kultur zusammenzustellen. „Dort, jenseits der Breitestraße, wo weniger Handel stattfindet, brauchen wir einen anderen Bebauungsplan.“ Dieser soll es ermöglichen, Ladengeschäfte im Erdgeschoss in Wohnungen umzuwandeln. Einen weiteren Punkt führt Ottersbach an: „Wir müssen uns fragen, was wir tun müssen, um bestimmte Player in Krefeld anzusiedeln wie etwa Peek & Cloppenburg.“ Borgmann denkt auch an die Textilkette „Zara“, da sie als Magnet mehr Kunden in die Innenstadt ziehen würde.

Welche Initiativen sind bereits auf den Weg gebracht?

Große Hoffnungen setzen Ottersbach und Borgmann auf den „Aktionsplan Wirtschaft für Krefeld“. Wenn dieser Stück für Stück umgesetzt werde, dann könne man zufrieden sein. Als wichtigstes Projekt für den Krefelder Einzelhandel bezeichnet Borgmann die Revitalisierung der vier Wälle. Mit diesen Wällen habe Krefeld ein Alleinstellungsmerkmal, das „man viel stärker herausarbeiten“ müsse. Dazu seien „stilbildende bauliche Maßnahmen erforderlich“.

Was kann die Stadt für den Handel tun?

„Wir brauchen eine Vereinfachung der Baugenehmigungsplanung“, fordert Ottersbach. Man müsse einfacher umwidmen können, wenn Ladenlokale nicht mehr vermietbar seien. Bevor es einen langen Leerstand gebe, sollten alternativ Wohnungen geschaffen werden können, um die Urbanität der Innenstadt zu erhöhen. Das sei mit der derzeitigen rechtlichen Lage nicht möglich. Er wünscht sich auch eine „Ansiedlungspolitik für Krefeld“. Damit könne man Unternehmen die Möglichkeit geben, Neues auszuprobieren. Das könne durch direkte Subventionen geschehen, aber auch durch vorübergehend niedrigere Kostenbelastungen.

Wo hakt es noch?

Da hat Borgmann eine klare Haltung: Die Sauberkeit der Stadt muss weiter verbessert werden. Es sei zwar ein Schritt getan mit den zusätzlichen 300 000 Euro, die nun pro Jahr im städtischen Haushalt zur Verfügung stünden. Das könne aber nur ein Anfang sein. Ein anderes Beispiel: „Wir sind uns mit allen Akteuren einig, dass Glas- und Altpapiercontainer innerhalb der vier Wälle nichts zu suchen haben“, so Borgmann. Die Umsetzung jedoch lasse weiter auf sich warten. Zudem müsse das seit Jahren bestehende Problem der Drogen- und Alkoholikerszene um den Theaterplatz herum unbedingt gelöst werden. Eine Verdrängung durch den Kommunalen Ordnungsdienst oder die Polizei von einem Ort zum nächsten könne nicht die Lösung sein.